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Das Liederbuch des Berliner
Handwerker Vereins von 1848
und seine beiden Nachfolger
1848 - 1859 (3)
Eine Besprechung
Die 14 weggelassenen Lieder
Das Lied Nr. 104
„Heil Euch im Siegerkranz“
nach der Melodie „Heil Dir im
Siegerkranz“ stammt von einem nicht genanten
Autor. In vier Strophen wird den „Söhnen
des Vaterlands“, also dem einfachen Mann
gehuldigt. Die Waffe ist nicht dazu da, gegen
andere Länder eingesetzt zu werden, sondern um
die Freiheit herbeizuführen, „die uns
zum Glücke führt“. Der Fürst
hat nur durch den freien Mann und die Liebe zum
Vaterland seine Rechte. (Das Vaterland war für
die 48er natürlich auch und vor allen Dingen
ein geeintes Land gegen Fürstenwillkür)
In der vierten Strophe wird zu guter Letzt noch die
„Arbeit und Wissenschaft“ als
Krönung des Ganzen emporgehoben.
Warum das Lied Nr. 105
„Treue Liebe
bis zum Grabe“ von Hoffmann von
Fallersleben aussortiert wurde, kann nur vermutet
werden. Der Hinweis, das es nach einer eigenen
Melodie gesungen würde ist irrig. Franz Magnus
Böhme zufolge wird das Lied nach der Melodie
„Wie mir deine Freuden winken“
gesungen. Hoffmann schrieb es am 21. Oktober 1839
und veröffentlichte es - und darin
könnte der Grund liegen – in dem ersten
Band seiner „Unpolitischen Lieder“ aus
dem Jahr 1840.
Lied Nr. 106
„Das freie Wort
von Ort zu Ort“, nach der Melodie „Das
Volk steht auf“, stammt von einem nicht
genannten Verfasser. Die Kernaussagen des Liedes
finden sich in der zweiten bis vierten Strophe und
in den Bedingungen für die man laut der
fünften Strophe „in’s
Gefecht“ müsse „Für’s
Vaterland, für die Ehr’ und das Recht.
Und da ist es besser, die vier Zeilen der drei
Strophen direkt wieder zu geben, als sie
wohlmöglich unverständlich wiederzugeben.
2. Wenn des Freiseins reiche
edle That
Verdammt und verfolgt wird als
Hochverrath,
Wenn die Wahrheit in dunkeln
Kerkermauern
Verstummen muß und ihr
Leben vertrauern – Refrain
3. Wenn Buch und Schrift, in
Knechtsgestalt,
Nur dienen darf der frechen
Gewalt,
Wenn die Kunst und die
Wissenschaft schmeichelt und kriechet,
Wenn Kraft und Gesinnung
kränkelt und stechet, – Refrain
4. Wenn Lug und Trug die Welt
umschwärmt,
Wenn das Laster jauchzt, wenn
die Tugend sich härmt,
Wenn der Teufel im Bunde mit
Bösen und Schlechten
Uns machen möchte zu
feigen Knechten– Refrain
Lied Nr. 107 sind die vier Verse aus Herweghs Lied über den freien Mann, nach
einer Melodie von P. Beck. Seinen Beschreibungen
über den Deutschen und die Freiheit gipfelt in
der dritten Strophe mit den Worten: „Noch hat
der Deutsche eine Hand Und eine starke Wehr, Giebt
keinen Schritt vom Vaterland Selbst für die
Freiheit her“.
Lied Nr. 108 beinhalten einen Text von Hoffmann von
Fallersleben auf die Melodie „Nur
fröhliche Leute“ (Nicht betteln, nicht bitten), der
in vielen spätern Liederbücher der
organisierten Arbeiterbewegung als Motto
vorangestellt wurde und auch in unseren Tagen
wieder Freunde zu finden scheint.
Das aus dem Handwerker
Liederbuch von 1848 entnommene Lied Nr. 110
„Wir
fühlen uns zu jedem Thun entflammt“
haben zum Vergleich dem Text aus dem
„Allgemeinen Liederbuch von Silcher/Erk
von 1919 Nr. 144, S.129f. entgegengestellt. Der
Autor wird dort als „Pfeiffer“ benannt.
[siehe hier]
Der Text auf die Melodie von
H. G. Nägeli wurde an vier Stellen
verändert. In Strophe 2/1 heißt es
„Allweit, vom
Meer zum Eisesgurt der
Höhen“ und in Zeile 5:
„Brüder, im Leben und Streben
verwandt“. In der dritten Strophe sind es
„reine“ Sitten und der möglich
Stein des Anstoßes, in 3/5 heißt es
„Brüder, im Geiste der Freiheit verwandt“.
Die martialische vierte Strophe mit dem
„Herrn“ und „Kampf und Tod“
wurde gänzlich weggelassen.
Das Lied „Stimmt an mit hellem, hohem Klang“
(Nr. 111, S. 142) ist eine Parodie auf das Lied
gleichen Namens, das sich an die Struktur der
meistgesungenen fünf Strophen hält, aber
einige entscheidende Worte verändert. So
heißt es in dem „Liederbuch für
Handwerker-Verein“ aus Berlin von 1848 in der
Ersten Strophe statt „das Echo hall in
wieder“, „das Waldthal hall’ es
wieder“ und die zweite Strophe beginnt
mit „dem neuen deutschen Vaterland, dem
Vaterland der Freien“ anstatt der
„alten Barden Vaterland, dem Vaterland der
Treue“. Wie das neue Vaterland auszusehen
hat, folgt in der dritten Strophe. Dort heißt
es „Der Freiheit wollen wir uns weih’n
zum Schutze unsrer Hütten,“ und als
Krönung „Wir wollen freie Deutsche sein
mit freien deutschen Sitten“.
Mit dem Waldthal ist
möglicherweise Fürstenberg im Paderborner
Land gemeint. Dort kam es im März 1848 beim
Schloss zu heftigen revolutionären Unruhen
wegen eines Streits mit dem Grafen von Westphalen.
175 preußische Soldaten konnten die
Kämpfe beenden. Von 116 Fürstenbergern
wurden 37 wegen Diebstahl angeklagt, 46 wegen
anderer Verbrechen bestraft und 33 freigelassen.
(Nach: http:
//de.wikipedia.org/wiki/Fürstenberg_(Westfalen)#Geschichte
) - Wer es besser weiß, bitte um INFO.
Das Lied, besser
„Gedicht“ von Friedrich v. Sallet
(1812-1843), hier als Nr.
112 (Und wenn ich wär ein
Zimmermann), befindet sich nur gelegentlich in
Liederbüchern. Im Berliner „Liederbuch
für Handwerker-Vereine“ von 1848 fehlt
entgegen der Version bei Schanz / Parucker, Nr.
42a, S. 39f., zwei Verse (siehe hier).
Nichtsdestotrotz ist es in seinem zwar etwas
altertümlich geschriebenen Versen in der
Aussage eindeutig, indem es die für die
Dichter vermutlich eindeutig zu beantwortende Frage
stellt: „Für Fürstenmacht, für
Volkesrecht? Für Geisteslicht, für
Pfaffendunkel? Der Freiheit Kämpfer oder
Knecht!“
Das Lied Nr. 115
„Der Ruf ist schon
erklungen“ ruft in acht Strophen zum
Kampf auf. Es wird weniger auf Inhalte einer
politischen Aussage eingegangen, die scheint
grundsätzlich mit dem Satz „Das Volk ist
auferstanden, der eignen Kraft bewusst“ klar
zu sein, sondern nur auf den Weg des Kampfes. Da
werden Die Turner hervorgehoben, die sich in
Waffenspiel übten und es endet mit der
Aufforderung, „das Schwert nur aus der
Scheide! Die Büchse von der Wand! Wohl auf,
wohl auf zum Streite, es gilt für’s
Vaterland!“
Gesungen wird es auf die
Melodie „Wir hatten gebauet“ das 1819
August Daniel von Binzer aus Anlass der
Zwangsauflösung der Jenaer Urburschenschaft
geschrieben hatte. Es sei nach Erk eine
„thüringische Volksweise“, die
auch dem Lied „Ich hab’ mich
ergeben“ unterlegt worden war.
Das Vereinsmitglied S. Borin
besingt in seinem Lied „An der Pforte des Pallastes“
(Nr. 116) nach der Melodie „Fliege,
Schifflein, durch die Wellen“ einen
Ausschnitt aus dem Leben eines blinden
Bettelmannes. In der ersten Strophe bittet er um
Barmherzigkeit, in der zweiten und dritten um
Gerechtigkeit. Das Urteil des Dichters ist
eindeutig: „Gerechtigkeit erfleh’t kein
Ehrenmann, so lang’ er mit dem Schwerdt sie
fordern kann“.
W. Steinhäusers Lied
„Ihr lieben
Leute, gebet Acht“ nach der Melodie „Held
Friedrich zog mit seinem Heer“ (Lied Nr. 117),
erinnert an Lieder ähnlicher Art, in denen der
Stand mit Adel und Kirche verglichen wird. Am
Schluss ist natürlich der hier nicht explizit
erwähne Arbeiterstand, hier sogar in
göttliche Nähe gerückt, das einzig
Wahre. Hier berechtigt es gar dazu das
„Weltgericht“ zu halten.
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