Frontkämpferlied -
Soldaten-Kampflied
In seiner umfangreichen Arbeit
über die agitatorische Tätigkeit der KPD
bzw. des Roten Frontkämpferbundes hat Werner
Hinze, wie von Ernst Hermann Meyer angeregt und von
Wolfgang Steinitz weitergegeben, zwei neue
Kategorien zur Betrachtung der Lieder
eingeführt:
Das
„Frontkämpferlied“ und das
„Soldaten-Kampflied“.
Das Leuna-Lied beispielsweise
gehört in die Kategorie der Soldaten-Kampflieder, das heißt jener Gruppe von
Liedern, die Wolfgang Steinitz als
„folklorisierte Arbeiterlieder“. Die
neue Wortwahl war notwendig geworden, da sie eine
rein ideologische Kategorie durch eine
wissenschaftlich sinnvollere ersetzt. Die
sogenannten „folklorisierten Arbeiterlieder
wurden von Steinitz ausschließlich für
ehemalige Soldatenlieder genutzt, die einen neueren
kämpferischen Inhalt bekamen, der im Dienste
der KPD eingesetzt wurde. Da es aber in der Praxis
Lieder gab, die von linke wie von rechts genutzt
wurden, ja auch unabhängig von der politischen
Zuordnung entstanden sind und unterschiedliche
Themen mit unterschiedlicher Sichtweise
behandelten, ist die alte Bezeichnung, wie Steinitz
es selber einräumte nicht ausreichend.
Zusätzlich zur
Einbeziehung als Soldaten-Kampflied wurde der
Begriff „Frontkämpferlied" geschaffen, das heißt,
Lieder, die im Umfeld der Frontkämpferkultur,
die zweifellos unabhängig von der
Parteizugehörigkeit existierte, entstanden und
gesungen wurden.
Die alte Bezeichnung machte
für die Praxis der Weimarer Republik keinen
Sinn mehr. Es wurde bislang hauptsächlich aus
ideologischen Gründen davon ausgegangen, dass
die einzelnen Frontkämpferorganisationen
homogene Gebilde waren, doch die Realität war
eine wesentlich andere. In den einzelnen Gruppen
(egal ob links oder rechts) hat ein Fluktuation
gegeben, die bis 50% betragen konnte. Über die
Wanderbewegungen gibt es noch immer kein
ausreichendes Material, aber es lassen sich Belege
finden. So wollten beispielsweise ganze
Stahlhelmkapellen nach der Gründung des Roten
Frontkämpferbundes (RFB) dort beitreten, was
intensive Diskussionen in der Führungsspitze
der KPD nach sich zog. Ein weiteres Beispiel zeigt
den umgekehrten Wechsel nach dem Verbot des RFB. So
traten ehemalige Rote Frontkämpfer in die
nationalsozialistische SA ein. Zu
überprüfen ist das an dem Sturm 31 der
SA, der durch seine Beteiligung am "Altonaer
Blutsonntag" besonders bekannt, ja
berüchtigt geworden war. Er bestand fast
ausschließlich aus ehemaligen Roten
Frontkämpfern. Das Faktum des Wechsels
bestätigt auch der Zeitzeuge Günter Lucks
aus Hamburg ("Der rote Hitlerjunge",
Reinbek 2015). (Die Schalmei)
siehe hierzu: W. Hinze, die
Schalmei (Auszug), S. 145ff.