Deutsche Arbeiter-Dichtung

„Deutsche Arbeiter-Dichtung“ ist der Titel einer Reihe von fünf Bänden, mit dem Untertitel Eine Auswahl Lieder und Gedichte deutscher Proletarier“. Herausgegeben wurde sie 1893 von dem Verleger J. H. W. Dietz in Stuttgart.

Die fünf Bände der Reihe waren:

1. Gedichte von W. Hasenclever, K. E. Frohme, Adolph Lepp.
2. Gedichte von Jacob Audorf.
3. In Reih und Glied. Gedichte von einem Namenlosen [Rudolf Lavant]
4. Gedichte von Max Kegel.
5. Gedichte von Andreas Scheu.

Vorwort
Was will die nachstehende Liedersammlung? Mitbewegt und mitgetragen von der unsere Zeit bewegenden Idee, daß das Proletariat als neuer gewaltiger Faktor eingetreten ist in die Geschichte, will sie vor Allem zweierlei ihren Lesern darthun. Zeigen will sie zunächst, in wie überraschend großem Umfange und mit welcher kraftursprünglichen Energie der Trieb nach Bildung sich heute in der deutschen Arbeiterklasse fühlbar macht, und zwar trotz alle ihm von oben herab über den Weg gelegten Schlagbäume. Zeigen will sie sodann, welch bezeichnenden Ausdruck eben dieser Bildungstrieb in der poetischen Produktion des deutschen Proletariats heute findet und seit Jahrzehnten gefunden hat.

Der Vater der deutsche Arbeiterdichtung ist der Druck der Oberen auf die Untern. So kann folgerichtig ihr Charakter kein anderer sein als der des Gegendrucks - sie ist eine Lyrik der Opposition. Und wenn ihr künstlerischer Werth auch nicht immer ein hervorragender ist, so fällt sie inhaltlich um so schwerer ins Gewicht. Punkt für Punkt, klar und bestimmt, stellt sie die Forderungen derjenigen Klasse auf, aus der sie hervorgegangen, die sozialen und politischen Forderungen der deutschen Arbeiterklasse.

S. VIII
Eine Lyrik von so entschiedenem zeitgeschichtlichen Interesse durfte sich nicht verzetteln und verschleudern; ihr mußte eine publizistische Form, ein literarisches Band geschaffen werden, und zwar schnell; denn gar mancher Dichter des deutschen Proletariats ist bereits aus dem Leben geschieden, und andere sind hochbetagte Männer; so ist es denn hohe Zeit, aus der Zahl ihrer Lieder das Rettenswerth zu rette. Neben den Alten aber stehen die Jungen. Was dort im Todtentanze der Zeit zu verschwinden droht, das geräth hier - in der jüngeren Arbeiterlyrik - in die Gefahr, unbeachtet vorüber- und klanglos unterzugehen im Vorbeimarsch unserer Tagesblätter und Zeitungen. So hieß es sammeln hier wie do9rt - und wir sind rüstig ans Werk gegangen.

Möchte denn das hiermit eröffnete Sammelwerk in weitesten Kreisen freundlich Aufnahme finden als ein Denkmal der Eroberungen, welche Bildung und Freiheit täglich mehr und mehr im deutschen Volke zu verzeichnen haben!

Der Herausgeber.



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