S. 7
Zum Kampf
(1866)
1. Wir ziehen in den heil’gen Streit
Für Freiheit, Menschenrechte;
Wir woll’n nicht Einzelherrlichkeit,
Wir wollen keine Knechte.
Und unsre Waffe, unsre Kraft,
Es ist die echte Wissenschaft,
Sie ist mit unsrer Sache.
2. Und einig wir zusammenstehn,
Ein Wall, so fest wie Eisen,
Auf dem der Freiheit Banner wehn,
Der Menschheit Recht zu preisen.
Unzwingbar aller Feindeswuth,
So stehen wir mit festem Muth:
Es gilt der Menschheit Sache.
3. Fürwahr, in unsrer Einigkeit,
In ihr liegt das Gelingen;
So können wir in alle Zeit
Den stärksten Feind bezwingen.
Ja, Einigkeit, auf dich gestellt
Wird einst der Tempel dieser Welt:
Der Menschheit heil’ge Sache.
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4. Wohl giebt es Feinde überall,
Die möchten gern uns spalten
Durch List und Trug und Phrasenschwall,
Durch frömmelnd Händefalten.
Das alles hilft den Schlauen nicht,
Wir lachen ihnen ins Gesicht
Ob ihrer kleinen Sache.
5. Der Mensch sei Mensch! und alle gleich,
Das wollen wir erringen,
Und müssten wir ein ganzes Reich
Voll Teufel selbst bezwingen.
Der Mensch sei Mensch! Dies Menschenwort,
Es donn’re durch die Lande fort,
Und: Sieg der Menschheit Sache!
S. 9
Freiheitskämpfer.
(1864)
1. Frei sei mein deutsches Vaterland
Vom Wechselstrome bis zum Rheine,
Von Meeresstrand zu Meeresstrand,
Frei sei mein Vaterland, das eine!
So ruft er laut mit Donnerton,
Daß nicht sein Volk in Ruh’ sich bette
–
Was war des Freiheitsredners Lohn?
Der Kerker und die Eisenkette.
2. Dir deutsches Volk, die Vaterland,
Euch gelten alle meine Lieder;
Frei sollt ihr sein, und Hand in Hand
So will ich sehen meine Brüder;
Der Freiheit bau’ ich einen Thron,
Auch jedes Herz sei ihre Stätte –
Was war des Freiheitssängers Lohn?
Der Kerker und die Eisenkette.
3. „Die Freiheit hoch!“ Wie
Wetterschlag
Zermalmt sein Schwert die feilen Knechte;
Verwundet sank er in den Hag
Nach heißem, blutigem Gefechte:
„Freiheit! Ich lasse nicht davon,
Und wenn ich tausend Leben hätte“
–
Was war des Freiheitshelden Lohn?
Der Kerker und die Eisenkette.
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4. Nicht lockend ist der Lohn fürwahr,
Den jene Kämpfer sich gewonnen;
Die Freiheitsliebe birgt Gefahr,
Der selten Jemand noch entronnen.
Und dennoch der Gefahr zum Hohn,
Das Leben gilt’s in dieser Wette:
Die Freiheit wird uns doch zum Lohn,
Trotz Kerker und trotz Eisenkette!
S. 11
Das deutsche Banner aufgerollt!
(1863)
1. Aus Nacht – durch blut – zum
hellen, gold’nen Tag!
Zur Freiheit – aus den Ketten, aus der
Schmach;
Das deuten Deutschlands Farben: Schwarz-roth-gold
–
Frisch denn, das deutsche Banner aufgerollt!
2. Die Zeit ist da! Aus tiefer dunkler Nacht
Steig’ auf, du Banner, jetzt in lichter
Pracht;
Und sinken Städte hin in rother Gluth
Und fließt in Strömen auch das deutsche
Blut.
3. Es gilt die Freiheit, ja, es gilt das Recht;
Nicht zittern darf im blutigen Gefecht
Der deutsche Mann – er schwinget seine Wehr
Für`s Vaterland und für die eig’ne
Ehr’.
4. Freiheit und Völkerglück, innig
verwandt,
Ihr blühet dann im theuren Vaterland:
Der deutschen Farben glänzend lichtes Gold
–
Drum frisch! Das deutsche Banner aufgerollt!
S. 12
Jahn.
(1860.)
1. Als einst der deutschen Fürsten Trug
Das Vaterland in Ketten schlug,
Da bebte manches Mannesherz
Vor hellem Zorn, vor mildem Schmerz,
Doch allen andern schlug voran
Das Herz von Friedrich Ludwig Jahn.
2. Er wetterte in heil’ger Gluth
Gen’ Schmeckler- und gen’ Knechtesbrut:
Ihr seid’s, die unser Vaterland
Begraben tief in Schmach und Schand’;
Drum haßt euch jeder freie Mann!
So reif der deutsche Meister Jahn.
3. Doch dieser grimme Haß allein
Kann uns von Ketten nicht befrei’n;
Wir müssne stärken Herz und Hand,
Zu sprengen dieses Sklavenband.
Die deutsche Jugend muß heran!
Das war ein Wort, du treuer Jahn.
4. Und dieses frische Manneswort,
Es tönt’ von Herz zu Herzen fort;
Die deutsche Jugend frisch und frei
Zog schaarenweise nun herbei –
S. 13
Ein Jeder Kraft und Muth gewann,
Dess’ freute sich der Meister Jahn.
5. So turnten sie mit hoher Lust,
Es hob sich stolz die Jünglingsbrust;
Es wurd’ gestählet Herz und Hand,
Zu streiten für das Vaterland.
Er führte uns die rechte Bahn,
Der deutsche Held, der tapf’re Jahn.
6. Doch solcher freie Mannesmuth
Erregt’ bei Fürsten böses Blut,
Sie warfen ihn in Eisenband,
Gleichwie sein theures Vaterland;
Zwei volle Jahr’ in Kerkersbann
Lag unser theurer, muth’ger Jahn.
7. Doch beugt das nicht den festen Sinn,
Auch bracht’s den Fürsten nicht Gewinn;
Deutschland zu retten aus der Norh,
Kämpft frisch und frei er bis zum Tod,
Fand selbst im Grab nicht Ruh. – Voran
Schwebt uns der Geist vom alten Jahn.
8. Wenn einsam ihr in stiller Nacht
Uns arme Vaterland gedacht,
Habt ihr nicht Geisteswehn verspürt,
Hat euch nicht Geisterhand berührt?
Er führt euch noch die rechte Bahn,
Der Geist vom deutschen Meister Jahn
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9. Drum folget ihm, er meint es gut,
Er kämpfte ja mit heil’gem Muth
Für Vaterland, für Recht und Pflicht,
Er stritt für euch – vergesst das
nicht!
Drum folget ihm – ja Mann für Mann
Dem echten, deutschen Helden Jahn!
S. 15
Lerche und Rebhuhn.
(1874 im Kerker zu Zeitz.)
1. Die Lerche schwingt sich frisch empor
Und läßt ein Freiheitslied erschallen,
Da ört sie unter sich im Rohr
Das feiste Rebhuhm schlärig lallen:
2. „Du Thörin du, was soll dein drang
Nach Freiheit, den du hast verkündet,
Was soll dein schmetternder Gesang
Der doch nur deine Brust entzündet?
3. „Ich höre wohl dein stolzes Lied
Und all dein stürmisch Jubiliren –
Doch weil dies Jahr das Korn gerieth,
Wird’ ich den Gleichmuth nicht verlieren.
4. „Sieh’ dort den Falken in der
Höh’,
Ihm sind verhaßt die Freiheitslieder,
Du lockst ihn nur zu eig’nem Weh,
Und jählings stößt er auf dich
nieder.“
5. Es klingt der Lerche Antwort jetzt:
„Und sollt’ ich dulden, sollt’
ich leiden,
Und sollt’ ich sinken hin zerfetzt –
Die Freiheit will ich drum nicht meiden.
S. 16
6. Gern gönn’ ich dir die träge
Ruh’,
Gern gönn’ ich dir das öde
Fressen;
Ich jauchze auf, der Sonne zu,
Du scharrst im Kothe unterdessen.
7. „Und singe ich ein Freiheitslied –
Stößt dann der Falke auf mich nieder:
Ein schöner Tod, den mir beschied
Der Freiheitsdrang durch meine Lieder.
8. „Es sprüht mein frisches junges blut
Zur Erde hin als warmer Regen –
Und jedem Tropfen rother Gluth
Entsprießt ein neuer Liedersegen.“
S. 17
Der Weltgeist.
(1861.)
I.
1. Vor unsren Blicken liegen ausgebreitet
Die wunderbaren Werke der Natur,
Aus diesen Werken mög’ man lernen nur
Den Geist, der wechselvoll das Leben leitet.
2. Der Alpen Pracht, die unser Auge weitet,
Das weite Weltmeer ohne Pfad und Spur,
Die Riesenwälder, die durchstürmt der
Ur,
Sind Zeugen jener Kraft, die ihn begleitet.
3. Wer ist der Geist, wie dient man ihm, der
Leben,
Ein wunderbares Dasein uns gegeben?
Das ist der Menschen ewig alte Grage;
3. Unduldsam oft gelöst der Welt zur Plage:
„Gott will es!“, daß man Tod und
elend trage
Zu dem, dem er befohlen hat zu leben.
II.
Das ist der Menschen ewig alte Frage,
Wie man ihn nennet, der die Welt in Händen
Hält, sie nach Willkür hin und her zu
wenden.
Man zwingt ihn, daß er einen Namen trage,
Den Namenlosen, - ach ihm selbst die Klage –
Die Welt in seinem Namen dann zu schänden;
Man will durch frev’len falschen Schein ihn
blenden,
Daß man zu seiner Ehre Alles wage.
S. 18
Ob sie ihn Zeus, ob sie ihn Allah nannten
Jehova oder Gott, ob Feuer brannten,
Ob Kerzen ihm – sie passten ihm ein Wesen
Und Eigenschaften, wie sie’s auserlesen
Und liebten, an. – Doch welche sind’s
gewesen
Die ihn, den höchsten Geist, am Besten
kannten?
III.
Nicht Jene sind’s, die fromm die Hände
falten
Und bettelhaft auf ihren Knien liegen,
Sich augverdrehend an das Kreuz hinschmiegen;
Nicht die sind’s, die einst stolz zum Tempel
wallten,
Darin die Namen Zeus, Jehova hallten;
Nicht di sind’s, die in schlaffe
Träum’ sich wiegen
Und stracks zum Himmel glauben hinzufliegen,
Umarmend dort der Houri Lichtgestalten.
Das sind sie Alle nicht, die stolze Thoren.
–
Doch die mit warmen Herzen Gutes üben
Und alle Menschen gleich wie Brüder lieben,
Den Europäer und den armen Mohren –
Sie sind es, die den Geist der Welten kennen
Und die ihn deshalb nie bei Namen nennen.
S. 19
Erhebung.
(1863.)
Man sieht es wohl an meinem Wesen,
Daß mich die Trauer oft umschlingt;
In meinen Blicken kann man’s lesen,
Im Liede hören, das sie singt;
Sie hält mein armes Herz gefangen,
Es liegt in tiefem Schmerz und Bangen,
Doch rufe ich in lauten Tönen
Und sollt’ das Schicksal ich verhöhnen:
Ich will, eich will noch glücklich sein!
2. Die Trauer hielt mich fest umwunden,
Wen ich ans Vaterland gedacht;
In diesen bittervollen Stunden
Da hab’ ich bittervoll geklagt.
Doch ließ die Hoffnung mich nicht sinken,
Mich Wonnerausch die Zukunft trinken;
Ich jauchzte auf in lauten Tönen
Und sollt’ ich auch Tyrannen höhnen:
Du wirst,, du wirst noch glücklich sein!