Parodie 1
Der vergnügte Gastwirth
1. Ich habe den ganzen Vormittag
In Rheinwein ’rum gemanscht,
Drum sei nun auch am Nachmittag
Das liebe Bier verpanscht.
Ich weich’ nicht eh’r vom Brunnen
heut,
Bis dass er mir kein Wasser speit.
:,: Schmierallera, lallera, lallerala. :,:
2. Es sagte mir ein Chemicus,
Er habe ausgeheckt,
In jedem Menschenleib per muss
Drei Fünftel Wasser steckt,
Und setzt er dies in Spir’tus um,
So kriegt er das Delirium.
:,: Schmierallera, lallera, lallerala. :,:
3. Aus purer Menschenfreundlichkeit
Und ohne ein Counceur,
Verdünne ich nun allezeit
Bier, Wein und auch Liquer.
Das ist wie mit dem Häflichsein:
Es kostet nichts und bringt viel ein!
:,: Schmierallera, lallera, lallerala. :,:
4. Die Differenz an Alkohol
Die nehm’ ich selbst auf mich,
Vom Wasser nie ein Tropfen wohl
Die Kehle mir beschlich.
Trotzdem halt’ ich an Pindar fest:
Das Wasser ist das Allerbest’.
:,: Schmierallera, lallera, lallerala. :,:
Emil Jacobsen (Allgemeiner Verein zur
Verfälschung von Lebensmitteln), Liederbuch für
fröhliche Fälscher nebst etlichen weisen Sprüchen,
Regeln und Glossen, Waaren 1878; S. 1f
Parodie 2
Lied von der Berliner Stadtbahn
1. So Mancher spricht gewichtig schwer,
da nun das Werk vollbracht,
manch’ großes Wort von Weltverkehr
und von der Technik Macht:
Ein Bau, wie man ihn selten sah,
so urgewaltig steht er da!
Vivall. etc.
2. Doch lächelt drob der Weise nur,
der geisteskraftbeschwingt
bis in die Tiefen der Natur
und zu den Quellen dringt,
und lächelnd spricht er: „Glaubt es
mir,
vor Allem dient dies Werk dem Bier!
3. Fürwahr, wer diese Bögen schuf,
der wußte, was er that:
Das Bier hat einen Weltberuf,
dem Biere schuf er Rath!
Der Zug der Zeiten einzig drängt
nach Orten, wo man Bier verschänkt.
4. Uns kümmert nicht, was oben braust,
sich in die Ferne schwingt,
wir sitzen unten wohlbehauft,
allwo das Bier entspringt,
und segnen frohvergnügt die Stadt,
die soviel schöne Bögen hat.
5. Und lieblich aus der Zukunft Zeit
steigt mir ein Bild herauf,
wo Kneipe sich an Kneipe reiht –
der Segen hört nicht auf:
Von Ost nach Westen – überall –
ein ungeheures Bierlokal.
6. Es weht ein holder Beefsteaksduft
dann um die ganze Bahn,
und die geliebte Kneipenluft
umsäuselt lind den Plan,
und meilenweit fährt man demnach
entland auf einem Wirthshausdach.
7. Und ewig preiset man den Ruhm
der Männer, die’s gemacht,
die an des Bieres Heiligthum
geschaffen Tag und Nacht,
die mächtig uns dahingestellt
das größte Wirthshaus von der Welt!
rechts >
Carl Alexander Schmitt, Postliederbuch. Eine
Liedersammlung zum Gebrauche bei geselligen Vereinigungen und in
Familienkreisen der Deutschen Post- und Telegraphenbeamten, Frankfurt
a.M. 1886 (Druck und Verlag von Mahlau & Waldschmidt)
Geschichte / Kommentar:
Die erste Parodie haben wir dem „Liederbuch
für fröhliche Fälscher“ von Emil
Jacobsen übernommen.
Ein Liederbuch um auf die Verfälschung von Lebensmitteln
aufmerksam zu machen - bereits in den 1870er Jahren.
Die zweite Parodie stammt von Heinrich
Seidel aus
dem Postliederbuch von Carl Alexander Schmitt aus dem Jahr 1886
entnommen, der es wiederumg aus dem „Kommersbuch für
Studirende Deutsche Techniker Hochschulen“ genommen hatte.
Quellen:
Carl Alexander Schmitt, Postliederbuch. Eine
Liedersammlung zum Gebrauche bei geselligen Vereinigungen und in
Familienkreisen der Deutschen Post- und Telegraphenbeamten, Frankfurt
a.M. 1886 (Druck und Verlag von Mahlau & Waldschmidt), Nr.
291, S. 297.
Emil Jacobsen (Allgemeiner Verein zur
Verfälschung von Lebensmitteln), Liederbuch für
fröhliche Fälscher nebst etlichen weisen Sprüchen,
Regeln und Glossen, Waaren 1878; S. 1f
Weitere Parodien:
1. Aus: Carl Alexander Schmitt, Postliederbuch:
Durch Feld u. Flur zieht (Herzenstelegraphie),
Text: Seiler (Stettin), Nr. 72, S. 88
Wenn Kupfer sich mit Zink berührt (Das Lied
vom Strom), Text: Nr. Louis Wolff (Frankfurt a. d. Oder), 140, S. 180.
So Mancher spricht gewichtig schwer (Lied von der
Berliner Stadtbahn), Text: Heinrich Seidel, Nr. 291, S. 297.