Rote Matrosen
1. Verflossen (Verronnen) die Nacht
und der Morgen erwacht,
Rote Flotte, mit Volldampf voraus!
In Stürmen und Tosen
wir roten Matrosen,
wir fahren als Vorhut hinaus.
Vorwärts an Geschütz’ und Gewehre,
auf Schiff, in Fabriken und Schacht!
Tragt über den Erdball, trag über die
Meere
die Fahne der Arbeitermacht!
2. Wir Kinder der Fabriken,
wir Kinder des Meeres,
wie Erz unser Wille zum Sieg.
Dem Meere verschworen,
der Arbeit geboren,
wir fürchten nicht Kämpfe noch Krieg.
Vorwärts an Geschütz’ und Gewehre,
…
3. Noch tragen die Völker
des Westens die Ketten,
noch hüllen die Wolken das Recht.
Doch rote Fahnen wehen!
Auch dort wird erstehen
„Potemkin“, der Kreuzer, zum Gefecht.
Vorwärts an Geschütz’ und Gewehre,
…
4. Die Stürme, sie sausen,
die Wllen, sie brausen,
die rote Flut steiget an.
Vorwärts, Kommunisten,
zum Endkampf wir rüsten!
Die rote Marine voran!
Vorwärts an Geschütz’ und Gewehre,
…
Geschichte / Kommentar:
Das Lied haben wir nur in den Lammelschen Heften
gefunden. Dieser Quelle zufolge handelt es sich um eine polnische
Melodie, die bereits in der Revolution von 1905 Grundlage für ein
„russisches revolutionäres Lied“ war. 1922 schrieb
darauf Alexander Besymenski einen neuen Text mit dem Titel
„Komsomol-Flottenmarsch“. Ende der zwanziger Jahre kam das
Lied in der Übersetzung von Helmut Schinkel nach Deutschland.
Auslöser soll „eine Meuterei der Mannschaft des Kreuzers
‘Emden’ wegen unzumutbarer Behandlung und schlechter
Verpflegung“ gewesen sein. Woraufhin die „Rote Fahne“
das Lied am 29. Dezember 1929 abdruckte. Ob es aber jemals auch
gesungen wurde ist uns bislang nicht überliefert. Für INFOs
wären wir dankbar.
Schinkel, Helmut (1902-1946)
Der Sohn eines Eisenbahners (14. Oktober 1902 in
Kosten/Posen), wuchs in Brandenburg auf. Nach dem Besuch der
Mittelschule (bis 1918) Präparandenanstalt und
Volksschullehrerseminar in Kyritz (1919 bis 1922). Vertrat
reformpädagogische Ideen. Verlor im September 1923 seine Stelle
als Lehrer in Brandenburg. Seit 1920 Mitglied der KJD und seit 1922 der
KPD. Nach einem kurzen Aufenthalt in Berlin (August 1924) bis Dezember
1925 auf den Barkenhoff in Worpswege als Lehrer und Erzieher
Im April 1929 arbeitete Schinkel im
Internationalen Kinderbüro, einer Organisation der Kommunistischen
Jugendinternationale in Moskau. Im folgenden Jahr organisierte er zwar
noch das Internationale Kindertreffen in Berlin, um sich dann aber aus
dem Apparat der KJI zu verabschieden. Für kurze Zeit war er Lehrer
an einer deutschsprachigen Schule im Nordkaukasus und von 1932 bis 1934
Direktor der deutschen Karl-Liebknecht-Schule in Moskau. Nach seiner
Ablösung 1934 studierte er an der Kommunistischen Universität
der nationalen Minderheiten des Westens (KUNMS) und wurde daraufhin
Lehrer an der Autonomen sozialistischen Sowjetrepublik (ASSR) der
Wolgadeutschen
Am 5. Juli 1937 wurde Schinkel wegen
Mitgliedschaft in einer „konterrevolutionären faschistischen
Gruppe“ vom NKWD verhaftet und im folgenden Jahr zu acht Jahren
Lager verurteilt, wo er am 31. Mai 1946 starb.
Schinkel verfasste nicht nur Bücher, sondern
auch Kinder- und Jugendlieder und übersetzte zumindest mit
„Rote Matrosen“ auch ein Lied für die Rote Marine.
Quellen:
Spätere Zusammenfassungen:
Berger/Lammel, Lieder des RFB (Das Lied im Kampf
geboren, Heft 8), Leipzig 1961, S. 69f.
Lammel/Andert, Und weil der Mensch ein mensch ist,
Dortmund 1986, Nr. 102, S. 135
Sonstige Literatur:
Hermann Weber/Andreas Herbst, Deutsche
Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945, Berlin 2008 (2.
Aufl.), S. 783f.