Freie Kunst
Singe wem Gesang gegeben in dem deutschen
Dichterwald!
:,: Das ist Freude, das ist Leben, wenn’s
von allen Zweigen schallt. :,:
Nicht an wenig stolze Namen ist die Liederkunst
gebannt.
:,: ausgestreuet ist der Samen über alles
deutsche Land. :,:
2. Deines vollen Herzens Triebe gib sie keck im
Klange frei!
Säuselnd wandte deine Liebe, donnernd uns
dein Zorn vorbeit!
singst du nicht dein ganzes Leben, sing doch in
der Jugend Drang;
nur im Blütenmond erheben Nachtigallen ihren
Sang.
3. Heilig achten wir die Geister, aber Namen sind
uns Dunst;
würdig ehren wir die Meister, aber frei ist
uns die Kunst.
Nicht in kalten Marmorsteinen, nicht in Tempeln
dumpf und todt, -
in den frischen Eichenhainen webt und rauscht der
deutsche Gott.
Melodie: Christian
Schulz um 1820;
Auch nach der Mel.: „Auf, ihr Brüder,
laßt uns wallen“
Geschichte / Kommentar:
Den Text schrieb Ludwig Uhland zur Eröffnung
der Zeitschrift „Deutscher Dichterwald“. Herausgegeben von
J. Kerner, Fouque, Uhland u. A. Tübingen 1813.
Böhme zufolge gibt Uhland vor dem Schluss
noch folgende, für den Gesang nicht geeignete Strophe:
„Kann man’s nicht in Bücher
binden, was die Stunden dir verleihn:
Gieb ein fliegend Blatt den Winden! muntre Jugend
hascht es ein.
Fahret wohl, geheime Kunden, Nikromantik,
Alchimie!
Formel hält uns nicht gebunden, uns’re
Kunst heißt Poesie.“
Die Melodie schrieb Christian Schulz, seinerzeit
Musikdirektor in Leipzig, um 1825, ursprünglich für
Männergesang. Es gab aber auch noch andere Kompositionen zum
Beispiel von Reißiger und Adam. Man singt das Lied auch nach der
Weise: „Auf ihr Brüder laßt uns wallen“ von Jos.
Hartm. Stuntz, 1830. Allerdings gibt es auch zu dem Lied mehrere
Melodien.
Quellen:
Franz Magnus Böhme, Volksthümliche
Lieder der Deutschen im 18. und 19. Jahrhundert., Leipzig 1895, Nr.
316, S. 240f.
Erk/Silcher 1919, Nr. 212, S. 189