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Die Internationale (2)

Die Versionen
Franz Diederich (1901, „Nun Mut, Verfemdte dieser Erde“ und 1908, „Nun reckt empor des Elends Stirnen“)
Rudolf Lavant (1902), „Empor, ihr Enterbten der Erde“,
Emil Luckhardt (1910, „Wacht auf Verdammte dieser Erde“).
Ernst Toller (1920)
Erich Mühsam (1920 „Erwacht, im Erdenrund ihr Knechte!“)
Sigmar Mehring (1924) erstmalig von seinem Sohn Walter herausgegeben
Erich Weinert 1937, „Auf, ihr verdammte des Planeten“,

In dem Liederbuch des Roten Frontkämpferbundes von 1925 sind zwei Zusatzstrophen zur Internationale von dem kommunistischen Dichter Franz Carl Weiskopf (1900-1955) übernommen worden („Rot Front! Der Börsenjobber zittert“). In dieser radikalen Version „wackeln Geldschrank und Altar“  da bekanntlich „Rot Front  marschiert“. Beger/Lammel meinen dazu, dass dies die früheste Notenaufzeichnung der Internationale in deutschen Arbeiterliederbüchern, die jedoch als Chorpartitur schon vor 1914 erschienen sei.

Mossmann/Schleuning dokumentieren einige Zeitzeugenberichte zur „Internationale“. Darunter nach Information von Erhard Lucas, autor mehrerer Bücher über die Märzrevolution (Verlag Roter Stern) „sangen bewaffnete Arbeiter“ im März 1920 folgende Zusatzstrophe:

Laßt los die Hebel der Maschinen,
Zum Kampf heraus aus der Fabrik!
Dem Werk der Zukunft woll’n wir dienen,
der freien Räterepublik!
Nieder mit der Vaterländer Grenzen,
nieder mit dem Bruderkrieg!
Der Freiheit Morgenfarben glänzen,
die rote Fahne führt zum Sieg.
grausig tönen Fanfaren,
auf zum letzten Gericht!

Nach der Oktoberrevolution wurde die Internationale Nationalhymne der Sowjetunion. 1943 wurde sie aber wieder abgeschafft und durch die Hymne der Sowjetunion ersetzt. Zumindest in diesem Zeitraum bekam das Lied auch einen anderen Charakter. Wolfgang Hilbig (Die Zeit vom 31. März 1999) und Inna Klause (2014: Der Klang des Gulag) machten darauf aufmerksam, dass die Internationale in der Sowjetunion von vielen als Symbol der Unterdrückung wahrgenommen wurde, so dass es eine Reihe von  subversive Umdichtungen gab. Auch chinesische Studenten nutzten das Lied auf dem Tian’anmen-Platz 1989 als Protest gegen die chinesische Regierung.


Politische Gegner
Es hat einen eher kläglichen Versuch der Nationalsozialisten gegeben, die Internationale für ihre Zwecke nutzbar zu machen. Allerdings geschah das lediglich in der Frühphase der Machtergreifung (zwischen 1930 und 1933) als in dem „Sturm und Kampf-Lieder-Buch“ vom Propagandaleiter Hochmuth „Deutschlands Nationale“ abgedruckt wurde. 1930 hieß das gleiche Lied noch „Freiheitslied" und wurde nach der Melodie „Wachet auf" gesungen und dann hat wohl der Propagandaleiter gedacht es könnte gut auch zur Melodie der Internationale passen, die bei Demonstrationen auch bei vielen Nationalsozialisten einen besonderen Eindruck hinterlassen hatte. [siehe hier]


Bearbeitungen
Die Internationale wurde in mehreren Werken zitiert oder bearbeitet. Hanns Eisler zitiert die Melodie im „Präludium“ seiner Deutschen Symphonie (1935–39). Außerdem benutzen sie der Komponist Reinhold Glière (Werk für Blasorchester Heroischer Marsch für die Burjatisch-Mongolische A. S. S. R. C-Dur, op. 71 (1936), der italienische Komponist Luigi Nono (España en el corazón (1951/52), La victoire de Guernica (1954) und Ein Gespenst geht um in der Welt (1971), der britischen Komponisten John Ireland (Kantate These Things Shall Be (1936/37) für Bariton, Chor und Orchester), Karlheinz Stockhausen „Hymnen“ (1966).
1990 brachte außerdem der britische Singer-Songwriter Billy Bragg ein Studioalbum mit dem Titel The Internationale heraus, das mit einer Neufassung des Liedes beginnt.


Urheberrecht und Lizenzen
1972 hatte die Münchener Firma Edition Montana des Musikmanagers Hans R. Beierlein die Rechte an Musik und Text der Internationale von einem kleinen französischen Verlag für 5000 DM erworben. So mussten für den Text bis 1984 und bis 2003 Lizenzgebühren gezahlt werden.


Andere Lieder für die Internationale Arbeiterassoziation 
Es hatte aber bereits im 19. Jahrhundert August Geib ein „Lied der Internationalen“ (Zum Bund, den keine Macht kann sprengen) gegeben. Leider haben wir keine Melodienangabe.




Quelle:

Eine Analyse der Liederbücher von KPD (RFB) und SPD ergab in der Zeit der Weimarer Republik überwiegend eine gleichzeitige Nutzung der Versionen von Franz Diederich und Emil Luckhardt, die anderen Übersetzungen bzw. Übertragungen spielten in den Liederbüchern keine Rolle. Bei den uns vorliegenden Liederbüchern ergibt sich folgendes Bild.


Die politischen Lieder von KPD, KJVD und RFB
Kampfgesang. Proletarische Freiheitslieder, Berlin (KAPD), 1920, Nr. 17.
Kampfgesang. Proletarische Freiheitslieder, Berlin (KAPD), 1921. S. 4.
Kampflieder, KPD und KJ, VIVA, 1923, Nr. 17;
Kampflieder, VIVA, 1923, Nr. , S. 17;
Mit Gesang wird gekämpft’!, 1924, 21. bis 30. Tausend, Verlag „Junge Garde“ Berlin O 17, Nr. 20;
Rot Front. Neues Kampf-Liederbuch, Berlin 1925, Nr. 46;
Zum roten Sturm voran. Kampfliederbuch, Berlin 1926, Nr. 46;
Rot Front. Das neue Liederbuch mit Noten, 1927 (Verlag Junge Garde, Berlin), Nr. 41;
Mit Lenin. 50 Kampflieder, 21.-40. Tausend (ca. 1928/29), Nr. 25;
Mit Gesang wird gekämpft’!, 1928, Nr. 45;
Arbeiter-Lieder (ca. 1929), Eine Sammlung proletarischer Kampflieder, Wander-, Volks- und heiterer Lieder. – Wien: Grünberg, 94 S. [Lammel, Biblio. Nr. 4040, S. 67 [wie Nr. 359 ] S. 31;
Arbeiter-Kampfliederbuch. (Paul Schmidt), Berlin Ca. 1930, S. 7;
Arbeiter-Lieder (ca. 1930), KJVD, Verlag Junge Garde: Hermann Remmele, Berlin, S. 31.


SPD

Anfangszeile Titel A19 A24 R24 A25 R25 R26 A28 A29 A30 F31 V1
Nun reckt empor des Elends Stirnen Die Internationale 7 7  7   44 46    
Wacht auf, Verdammte dieser Erde Die Internationale 5 6  6   55 62 1 1  


Literatur
Hans R. Beierlein: „Ich habe die Kommunisten bezahlen lassen“, Die Welt, 18. April 2014.
Walter Mossmann, Peter Schleuning (Hrsg.): Alte und neue politische Lieder. Entstehung und Gebrauch, Texte und Noten Rowohlt, Reinbek bei Hamburg, Rowohlt 1978, S. 170-287, ISBN 3-499-17159-7.
Inge Lammel, Politisches Lied und Volkslied in der Gesangspraxis der Arbeiterklasse, in: Forum Musik in der DDR. Arbeiterklasse und Musik. Theoretische Positionen in der deutschen Arbeiterklasse zur Musikkultur vor 1945. Eine Dokumentation des Arbeiterliedarchivs, Arbeitsheft 15, Berlin 1974 (Akademie der Künste der DDR)