Die Internationale (2)
Die Versionen
Rudolf Lavant (1902),
„Empor, ihr Enterbten der Erde“,
Ernst Toller (1920)
Sigmar Mehring (1924)
erstmalig von seinem Sohn Walter herausgegeben
Erich Weinert 1937,
„Auf, ihr verdammte des Planeten“,
In dem Liederbuch des Roten
Frontkämpferbundes von 1925 sind zwei Zusatzstrophen zur
Internationale von dem kommunistischen Dichter Franz Carl Weiskopf
(1900-1955) übernommen worden („Rot Front! Der
Börsenjobber zittert“). In dieser radikalen Version
„wackeln Geldschrank und Altar“ da bekanntlich
„Rot Front marschiert“. Beger/Lammel meinen dazu,
dass dies die früheste Notenaufzeichnung der Internationale in
deutschen Arbeiterliederbüchern, die jedoch als Chorpartitur schon
vor 1914 erschienen sei.
Mossmann/Schleuning dokumentieren einige
Zeitzeugenberichte zur „Internationale“. Darunter nach
Information von Erhard Lucas, autor mehrerer Bücher über die
Märzrevolution (Verlag Roter Stern) „sangen bewaffnete
Arbeiter“ im März 1920 folgende Zusatzstrophe:
Laßt los die Hebel der Maschinen,
Zum Kampf heraus aus der Fabrik!
Dem Werk der Zukunft woll’n wir dienen,
der freien Räterepublik!
Nieder mit der Vaterländer Grenzen,
nieder mit dem Bruderkrieg!
Der Freiheit Morgenfarben glänzen,
die rote Fahne führt zum Sieg.
grausig tönen Fanfaren,
auf zum letzten Gericht!
Nach der Oktoberrevolution wurde die
Internationale Nationalhymne der Sowjetunion. 1943 wurde sie aber
wieder abgeschafft und durch die Hymne der Sowjetunion ersetzt.
Zumindest in diesem Zeitraum bekam das Lied auch einen anderen
Charakter. Wolfgang Hilbig (Die Zeit vom 31. März 1999) und Inna
Klause (2014: Der Klang des Gulag) machten darauf aufmerksam, dass die Internationale in der
Sowjetunion von vielen als Symbol der Unterdrückung wahrgenommen
wurde, so dass es eine Reihe von subversive Umdichtungen gab.
Auch chinesische Studenten nutzten das Lied auf dem
Tian’anmen-Platz 1989 als Protest gegen die chinesische
Regierung.
Politische Gegner
Es hat einen eher kläglichen Versuch der
Nationalsozialisten gegeben, die Internationale für ihre Zwecke
nutzbar zu machen. Allerdings geschah das lediglich in der
Frühphase der Machtergreifung (zwischen 1930 und 1933) als in dem
„Sturm und Kampf-Lieder-Buch“ vom Propagandaleiter Hochmuth
„Deutschlands Nationale“ abgedruckt wurde. 1930 hieß
das gleiche Lied noch „Freiheitslied" und wurde nach der
Melodie „Wachet auf" gesungen und dann hat wohl der
Propagandaleiter gedacht es könnte gut auch zur Melodie der
Internationale passen, die bei Demonstrationen auch bei vielen
Nationalsozialisten einen besonderen Eindruck hinterlassen hatte. [siehe
hier]
Bearbeitungen
Die Internationale wurde in mehreren Werken
zitiert oder bearbeitet. Hanns Eisler zitiert die Melodie im
„Präludium“ seiner Deutschen
Symphonie (1935–39). Außerdem
benutzen sie der Komponist Reinhold Glière (Werk für
Blasorchester Heroischer Marsch für
die Burjatisch-Mongolische A. S. S. R. C-Dur, op. 71 (1936), der italienische Komponist Luigi Nono (España en el corazón (1951/52), La victoire de
Guernica (1954) und Ein Gespenst geht um in der Welt
(1971), der britischen Komponisten John Ireland (Kantate These Things Shall Be (1936/37)
für Bariton, Chor und Orchester), Karlheinz Stockhausen
„Hymnen“ (1966).
1990 brachte außerdem der britische
Singer-Songwriter Billy Bragg ein Studioalbum mit dem Titel The Internationale heraus,
das mit einer Neufassung des Liedes beginnt.
Urheberrecht und Lizenzen
1972 hatte die Münchener Firma Edition
Montana des Musikmanagers Hans R. Beierlein die Rechte an Musik und
Text der Internationale von einem kleinen französischen Verlag
für 5000 DM erworben. So mussten für den Text bis 1984 und
bis 2003 Lizenzgebühren gezahlt werden.
Quelle:
Eine Analyse der Liederbücher von KPD (RFB)
und SPD ergab in der Zeit der Weimarer Republik überwiegend eine
gleichzeitige Nutzung der Versionen von Franz Diederich und Emil
Luckhardt, die anderen Übersetzungen bzw. Übertragungen
spielten in den Liederbüchern keine Rolle. Bei den uns
vorliegenden Liederbüchern ergibt sich folgendes Bild.
Die politischen Lieder von KPD, KJVD und RFB
Kampfgesang. Proletarische Freiheitslieder, Berlin
(KAPD), 1920, Nr. 17.
Kampfgesang. Proletarische Freiheitslieder, Berlin
(KAPD), 1921. S. 4.
Kampflieder, KPD und KJ, VIVA, 1923, Nr. 17;
Kampflieder, VIVA, 1923, Nr. , S. 17;
Mit Gesang wird gekämpft’!, 1924, 21.
bis 30. Tausend, Verlag „Junge Garde“ Berlin O 17, Nr. 20;
Rot Front. Neues Kampf-Liederbuch, Berlin 1925,
Nr. 46;
Zum roten Sturm voran. Kampfliederbuch, Berlin
1926, Nr. 46;
Rot Front. Das neue Liederbuch mit Noten, 1927
(Verlag Junge Garde, Berlin), Nr. 41;
Mit Lenin. 50 Kampflieder, 21.-40. Tausend (ca.
1928/29), Nr. 25;
Mit Gesang wird gekämpft’!, 1928, Nr.
45;
Arbeiter-Lieder (ca. 1929), Eine Sammlung
proletarischer Kampflieder, Wander-, Volks- und heiterer Lieder.
– Wien: Grünberg, 94 S. [Lammel, Biblio. Nr. 4040, S. 67
[wie Nr. 359 ] S. 31;
Arbeiter-Kampfliederbuch. (Paul Schmidt), Berlin
Ca. 1930, S. 7;
Arbeiter-Lieder (ca. 1930), KJVD, Verlag Junge
Garde: Hermann Remmele, Berlin, S. 31.
SPD
Anfangszeile Titel A19 A24 R24 A25 R25 R26 A28 A29
A30 F31 V1
Nun reckt empor des Elends Stirnen Die
Internationale 7 7 7 44 46
Wacht auf, Verdammte dieser Erde Die
Internationale 5 6 6 55 62 1 1
Literatur
Hans R. Beierlein: „Ich habe die Kommunisten
bezahlen lassen“, Die Welt, 18. April 2014.
Walter Mossmann, Peter Schleuning (Hrsg.): Alte und neue politische Lieder. Entstehung und
Gebrauch, Texte und Noten Rowohlt,
Reinbek bei Hamburg, Rowohlt 1978, S. 170-287, ISBN 3-499-17159-7.
Inge Lammel, Politisches Lied und Volkslied in der
Gesangspraxis der Arbeiterklasse, in: Forum Musik in der DDR.
Arbeiterklasse und Musik. Theoretische Positionen in der deutschen
Arbeiterklasse zur Musikkultur vor 1945. Eine Dokumentation des
Arbeiterliedarchivs, Arbeitsheft 15, Berlin 1974 (Akademie der
Künste der DDR)