Lied der Internationalen
1. Zum Bund, den keine Macht kann sprengen,
Sei sie auch noch so hoch gestellt,
laßt nun in feurigen Gesängen
aufrufen uns die ganze Welt.
Die ganze Welt, hurrah! erwache,
was selbstbewuß sich drängt und regt,
was stolz das Menschenantlitz trögt,
auf, auf, zur großen Völkersache!
2. Die Arbeit ist’s, die diesem Bunde
verleiht sonst nie geahnte Kraft,
Sie, die auf unserm Erdenrunde
Allein nur alle Werthe schafft;
mit ihren Söhnen, ihren Helden
tritt sie nun auf und ruft: „Ich bin
allein nur eure Königin,
geht, allen Völkern es zu melden!“
3. Ein neues Recht den Menschen bring ich,
Mein Recht, das Alle glücklich macht,
drum zürnend mit dem Vorrecht ring ich,
horcht, wie’s in seinen Fugen kracht!
Die Freiheit steht mit mir zusammen,
sie, die wir sonst von fern nur sah’n.
Und Liebe ebnet mir die Bahn,
entzündend der Begeist’rung
Flammen.“
4. „Die Welt zu wecken, komm’ ich
heute,
die taube Welt, ein schweres Müh’n,
die Glocken d’rum zum Sturmgeläute
muß ich auf allen Thürmen zieh’n;
und immer neue Jünger werden
will ich, mein Banner hoch entrollt,
ihr, Unterdrücker, hab’s gewollt,
so sei es: Siegen oder sterben!“
5. Wohlan, wir haben es vernommen,
sei unser Bund die Antwort jetzt! –
Den Feinden sein soll’s nimmer frommen,
daß sie verwehmt ihn und gehetzt;
ihn schlägt man nicht im Waffentanze,
nicht im Gericht, mit Standrecht nicht,
ein Höh’rer einst sein Urtheil spricht:
Der Arbeiter Volks im Siegeskranze!
Geschichte / Kommentar:
Das „Lied der Internationalen" von
August Geib wurde ohne Melodienangabe nur in den zwei
Migrantenliederbücher aus London und Chicago abgedruckt.
Außerdem befindet es sich noch in Konrad Beißwangers
Sammelband „Stimmen der Freiheit", Litterarisches Bureau
Nürnberg, 1901, S. 675f.
Quellen:
Liederbücher der Arbeiterbewegung im 19. Jh.
Sozialdemokratisches Liederbuch. Sammlung
revolutionärer Gesänge, 12. Auflage, German Printing and
Publishing Co., London 1889, Nr. 61, S. 86;
Hermann Schlüter, Sozialistisches
Arbeiter-Ldb, Chicago, o. J. (ca. 1906), Nr. 69;
Konrad Beißwanger „Stimmen der
Freiheit", Litterarisches Bureau Nürnberg, 1901, S. 675f.