Arbeiterliedarchiv
Lancken
Die Internationale
Übertragung von Franz Diederichs (1865-1921).
1. Nun reckt empor des Elends Stirnen.
Ihr Angeschmiedeten der Not!
Aus Tiefen grollt des Rechtes Zürnen.
Der Tag bricht an, der Glutball loht.
Vermorschtes sinkt in Gruft und Grauen,
Was sinkt, wir stoßen es hinein!
Wir wollen neu die Welt erbauen.
Sind nichts wir, laßt uns alles sein!
:,: Schon jubeln des Sieges Signale!
Empor! Der Tag dringt ein.
Die Internationale
Wird die Menschheit sein! :,:
2. Der ist ein Tor, wer seinen Ketten
Der Hoffnung Blick nach oben stellt!
Wir schaffen, um uns selbst zu retten,
Und unsre Rettung gilt der Welt!
Die Hände weg von unsrer Scheuer!
Dem Geist die Fesseln ab! So sei’s.
Wir heizen selber unsre Feuer.
Schlagt auf das Eisen! Es ist heiß.
:,: Schon jubeln usw.
3. In Trug und Druck sind wir geschlagen,
Das Blut der Adern preßt der Raub.
Den Reichen drückt kein
Pflichtentragen.
Des Armen Recht ist arm und taub.
Nun soll sich Zwang und Schmachten heben.
Gleich sei der Zukunft
Glücksgeschlecht!
Kein Recht, dem keine Pflicht gegeben,
Und keine Pflicht, die ohne Recht!
:,: Schon jubeln usw.
4. Die Macht, die ohne Maß und Ende
Uns niederzwingt in Not und Fron.
Sie nahm das Schaffen unsrer Hände
Und baute ihrer Herrschsucht Thron.
Wo Räder sausen. Öfen lodern.
Ragt, was wir darbend aufgeführt.
Nun kommen wir, es heimzufordern,
Und fordern nur, was uns gebührt.
:,: Schon jubeln usw.
5.
Du Volk verbrüderter Millionen,
Du Arbeitsbund der ganzen Welt!
Nur den, der schafft, soll Glück belohnen,
Der Müßiggang verliert das Feld.
Hinweg, die uns am Fleische hangen!
Schon scheucht die Angst sie weit und breit;
Sie flattern auf in Todesbangen - -
O, steig empor, du Sonnenzelt!
:,: Schon jubeln usw.
Aus: Rot Front 1925
deutsche Nachdichtung von Emil Luckhardt
(1880–1914).
1. Wacht auf, Verdammte dieser Erde
Die stets man noch zum Hungern zwingt!
Das Recht, wie Glut im Kraterherde
nun mit Macht zum Durchbruch dringt.
Reinen Tisch macht mit dem Bedränger!
Heer der Sklaven, wache auf!
Ein Nichts zu sein, tragt es nicht länger
Alles zu werden, strömt zuhauf.
:,: Völker, hört die Signale!
Auf, zum letzten Gefecht!
Die Internationale erkämpft das
Menschenrecht! :,:
2. Es rettet uns kein hö´hres Wesen,
Kein Gott, kein Kaiser, noch Tribun.
Uns aus dem Elend zu erlösen,
Können wir nur selber tun!
Leeres Wort: des Armen Rechte!
Leeres Wort: des Reichen Pflicht!
Unmündig nennt man uns und Knechte,
Duldet die Schmach nun länger nicht!
:,: Völker, hört usw.
3. Gewölbe, stark und fest bewehret,
Die bergen, was man dir entzog.
Dort liegt das Gut, das dir gehret,
Und um das man dich betrog.
Ausgebeutet bist du worden,
Ausgesogen bis aufs Mark!
Auf Erden rings, in Süd und Norden,
Das Recht ist schwach, die Willkür stark!
:,: Völker, hört usw.
4. In Stadt und Land, ihr Arbeitsleute,
wir sind die stärkste der Partei´n.
Die Müßiggänger schiebt beiseite!
Diese Welt wird unser sein;
unser Blut sei nicht mehr der Raben
und der nächt´gen Geier Fraß!
Erst wenn wir sie vertrieben haben,
dann scheint die Sonn‘ ohn‘
Unterlaß
:,: Völker, hört usw.
(Text nach „Rot Front. Neues
Kampf-Liederbuch“ 1925 Nr. 1, S. 5; mit Verweis auf „eine
andere Übersetzung auf S. 74“, die von Diederich „Nun
reckt empor…“)
Musik: Pierre Chrétien Degeyter –
1888
Text:
Franz Diederichs (1865-1921).
Emil Luckhardt (1880–1914).
Melodie:
Pierre Chrétien Degeyter – 1888,
Geschichte / Kommentar:
Den ursprünglichen, französischen
Text
schrieb nach der gewaltsamen Niederschlagung der Pariser Kommune im Mai 1871 Eugène Pottier, einer
ihrer Aktivisten. Er hatte dabei die Internationale Arbeiterassoziation (IAA), als ersten
übernationalen Zusammenschluss der organisierten Arbeiterbewegung
vor Augen, die 1864 von Karl Marx initiiert und von verschiedenen,
politisch divergierenden Gruppen in Angriff genommen wurde. Einer
dieser Anstatt zu versuchen in irgendeiner Form eine breite Diskussion
und ein irgendwie geartetes Miteinander zu schaffen, entzündete
sich ein Machtkampf von selbstherrlichen Egomanen auf allen Seiten.
Die marxistische orientierten Kommunisten gewannen
diese Auseinandersetzung im Sinne Karl Marx mit den Anarchisten um
Bakunin und sorgen 1872 für den Ausschluss aus der später
auch als "Erste Internatio-nale" bezeichneten Organisation.
1876 wurde die IAA aufgelöst. Es wird heute vielfach vergessen,
dass damit auch Länder, in denen die anarchistisch orientierten
Vertreter eine große Gefolgschaft hatten (z. B. Belgien, England,
Holland, Italien und Spanien) eine eigene Entwicklung nahmen. Die
Folgen dieser Ausei-nandersetzung kann man z. B. auch im spanischen
Bürgerkrieg sehen.
Die Melodie des Liedes komponierte 1888 der
Belgier Pierre Degeyter, Dirigent des Arbeitergesangsvereins von Lille
(ein Jahr vor der Gründung der zweiten, bzw. der Sozialistischen Internationale).
Die Internationale wurde zur Hymne der
organisierten Arbeiterbewegung und zu deren weltweit am weitesten
verbreitete Kampflied. Sie wurde in die meisten Sprachen der Welt
übersetzt. In einigen Staaten des autoritären Kommunismus
nahm sie einen nahezu gleichrangigen Platz neben der jeweiligen
Nationalhymne ein, unter anderem in der DDR.
Deutschsprachige Versionen
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kam die
Internationale in Form von Übertragungen auch nach Deutschland. Um
1901 schrieb Franz Diederich seine ersten Version „Nun Mut, Verfemdte dieser Erde“
ihm folgte ein Jahr später Rudolf
Lavant: „Empor,
ihr Enterbten der Erde“. Sie erschien
in der Zeitung der Arbeitersänger
„Lieder-Gemeinschaft“ Nr. 4 1902 (vgl. auch Inge Lammel
„Politisches Lied …“). Dort heißt es auch:
„Das Chanson Pottiers, das wir an der Spitze dieses Blattes
bringen, ‚Die Internationale’, von Degeyter komponiert,
wird von den französischen Sozialisten bei allen Festen gesungen;
es hat die Marseillaise vollständig verdrängt, da diese ja
die offizielle Hymne der Bourgeois-Republik wurde.“
1908 erschien ein zweite 5-strophige
Überetzung von Franz Diederich („Nun reckt empor des
Elends Stirnen“). Vor der
fünften französischen Strophe schreckte er wohl zurück
(„Kugeln für unsere eigenen Generäle“) so wie es
später auf Geheiß Moskaus auch die KPF tat (Mossmann/
Schleuning, S. 182).
1910 erschien die heute üblich Fassung von Emil Luckhardt („Wacht auf Verdammte dieser Erde“) im „Arbeiter-Liederbuch für
Massen-Gesang“ in Dormund. 1910 verfügte das Königliche
Landgericht Dortmund ein sofortiges Verbot mit Hinweis auf § 130
StGB. Die Herausgeber des kleinen Liederheftchens nahmen stattdessen
einfach die zweite Fassung von Diederichs Version. Als Titel nahmen sie
die erste Zeile des Liedes.
Es folgten die Versionen von Ernst Toller (1920),
Erich Mühsam (1920, „Erwacht, im
Erdenrund ihr Knechte!“) oder Erich
Weinert (1937, „Auf, ihr Verdammten
des Planeten“).
Die bekannteste und bis heute verbreitete
deutschsprachige Nachdichtung schuf Emil
Luckhardt (1880–1914) im Jahr
1910. Seine Version ist an den französischen Originaltext
lediglich angelehnt und beschränkt sich auf die
sinngemäße, dabei in der Radikalität etwas
abgeschwächte und romantisierte Übersetzung der ersten drei
Strophen des französischen Liedes.
Außer der Version Luckhardts gibt es noch
mindestens sieben weitere weniger bekannte deutsche Textvarianten
– im Einzelnen bezogen auf jeweils spezifische historische
Situationen oder ideologisch divergierende sozialistische,
kommunistische und anarchistische Ausrichtungen.
Publikationen
Historisches Lied
Berufständisches Lied
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Volkstanz
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Balladen
Sitte und Brauch