Räuberlied von Fr. Schiller 1781
Ein freies Leben führen wir,
ein Leben voller Wonne.
Der Wald ist unser Nachtquartier
bei Sturm und Wind hantieren wir,
:,: der Mond ist unsre Sonne. :,:
2. Heut kehren wir bei Pfaffen ein
Bei reichen Pächtern morgen;
Da giebts Dukaten, Bier und Wein.
Was drüber ist, da läßt man fein
Den lieben Herr Gott sorgen.
3. Und haben wir im Rebensaft
Die Gurfel aufgebadet,
So machen wir uns Muth und Kraft
Und mit dem Teufel Brüderschaft,
Der in der Hölle bratet.
Geschichte / Kommentar:
Text aus Schiller’s Schauspiel: „Die
Räuber“. (Die erste Auflag 1781 gedruckt) nach der leicht
angepassten Melodie „Gaudeamus igitur“.
„Mit manchen Varianten und Zusatzstrophen
auf Theatern gesungen und im Volksmunde, wie auch in
Taschenliederbüchern“ schreiben EB III Nr. 1688 dazu.
Während und nach dem Siebenjährigen
Krieg (1756-63) hatten Räuber in Bayern, Franken, Württemberg
und der Pfalz „Hochkonjunktur“. Namen wie z. B. der
bayrische Hiesel (Matthias Klostermayer, 1736-1771), der Baiersepp, der
Sonnenwirt (Johann Friedrich Schwan, 1729-1760), der Mannefriedrich
bzw. Mahnefriedrich (Philipp Friedrich Schütz, hingerichtet 1812),
der Zigeunerhauptmann Hannikel (Jakob Reinhard, hingerichtet 1787) und
der Schinderhannes (Johann Bückler, 1783-1803) hielten die
Gegenden teilweise bis in das 19. Jh. in Aufregung. Vor diesem
Hintergrund erklärt sich der Außergewöhnliche Erfolg
von Friedrich Schillers „die Räuber“.
Die Uraufführung vom 13. Januar 1782 in
Mannheim machte das Theater zu „einem Irrenhaus“, wie ein
Augenzeuge berichtete. „rollende Augen, geballte Fäuste,
stampfende Füße, heisere Aufschreie im Zuschauerraum! Fremde
Menschen fielen einander schluchzend in die Arme, Frauen wankten, einer
Ohnmacht nahe, zur Thüre. Es war eine allgemeine Auflösung
wie im Chaos, aus deßen Nebeln eine neue Schöpfung
hervorbricht“ (1).
In dieser langen Phase zwischen 1763 und
ungefähr 1850 herrschte einerseits eine Räuberromantik in
Bayern und Schwaben und andererseits eine revolutionäre Situation,
die entsprechende Ängste bei den Herrschenden und der Reaktion
hervorriefen. Die Obrigkeit war viel mit Verboten beschäftigt,
wovon auch Schillers Räuber betroffen waren. Aus Angst vor der
„demoralisierenden Wirkung“, wurde eine abgeschwächte
Fassung des Theaterstücks unter dem Titel „Karl Moor“
gespielt. Andere machten sich dran zu schaffen, um es
„volkstümlicher“ und weniger aufmüpfig zu machen.
So Manch schreckliches kam da auf die Bühne, wie z. B. jene von
dem Berliner Theaterdichter Plümicke.
Das im 4. Akt gesungene Räuberlied erlangte
aber eine enorme Popularität und beeinflusste nicht nur andere
Lieder mit einer Mischung aus romantischer Verklärung und
politischem Ansporn.
Parodistische Strophen wie folgendes aus dem
Freiburger Volksliedarchiv hatten konjunktur:
„Ein altes Weib das bucklich ist
Mit Federn überzogen
Die Nas bis auf die Knie gesenkt
Und so dann in die Luft gesprengt
Potzteufel was ist sie geflogen“.
(DVA A 171 791, hs. Liederheft, Elsaß 1871).
Bei den Aufständen in Baden 1848/49 (Johann
Schmitts Struvelied „Ein schönes neues Lied von dem
weltberühmten Struwwel-Putsch“(2) oder Sachsen
(„Leipziger Barrikadenlied“) hatte es eine
revolutionäre Bedeutung. Es wurde zu einem Ständelied genauso
umfunktioniert, wie als ‘Kettenschieberlied’ auf drei
Berliner Mordbrenner gesungen. Es fand klagend im Soldatenlied einen
Platz, Handwerksburschen passten es ihrer Liedkultur an und Bergleute
im Erzgebirge nahmen es für sich in Anspruch.
Die von Schiller vorgesehene Melodie seines
Jugendfreund Johann Rudolf Zumsteeg (1760-1802) konnte sich nicht
durchsetzen, besser aber hat das Studentenlied „Gaudeamus
igitur“ gepasst - Warum auch immer, war es mehr die Melodie oder
mehr das „freie Leben“?
Fußnoten:
1) Anton Pichler, Chronik des Hof- und
Nationaltheaters in Mannheim 1879, S. 67f. (zit. nach Richard Weltrich,
Friedrich Schiller Bd. 1, Stuttgart 1899, S. 410)
2) Führer der Aufstände in Baden waren
Friedrich Hecker (1811-1881) und Gustav von Struve (1805-1870).
Adaptionen, Parodien
Leipziger Barrikadenlied
1. Ein freies Leben führen wir
Mer leben stets im Drusel
Der Tag vergeht bei Schnaps und Bier
Und Abend’s dann erholen wir
Beim Bairisch und u. Fusel
2. Und geht uns mal der Spaß zu weit
Dann baun wir Barrikaden
Mer wollen keene Kleenigkeit
Mer wollen eutsche Eenigkeit
Und haben scharf geladen.
3. Mer wollen keenen Bergerkrieg
Mer sind ja alle eenig
Bei uns da heeßt’s Tod oder Sieg
Wir schwören nur de Republick
An unsern guten Kenig.
Aus: Liederbuch für deutsche Turner,
Braunschweig, Westermann, 1849. handschriftlicher Anhang (DVA V3 3566)
Im Liederbuch der freien Turner von 1905 und 1923
sowie Fichte von 1920, Nr. 109, S. 74 heißt es nach den
üblichen drei Strophen in einer vierten Strophe: