De brevitate
[Carmen amoebaeum].
A. Die heute übliche Fassung.
1. Gaudeamus igitur,
juvenes dum sumus;
post jocundam juventutem,
post molestam senectutem nos
habebit humus,
nos habebit humus.
2. Ubi sunt, qui ante nos
In mundo fuere?
Vadite ad superos,
Transite ad inferos,
ubi jam fuere. :,:
3. Vita nostra brevis est,
Brevi finietur,
venit mors velociter,
Rapit nos atrociter,
Nemini parcetur.
4. Vivat academia,
Vivant professores,
Vivat membrum quodlibet,
Vivant membra quaelibet,
semper sint in flore !
5. Vivant omnes vigines
Faciles, formosae,
Vivant et mulieres,
Vivant et mulieres
Bonae, laboriosae !
6. Vivat et respudlica
Et qui illam regit,
Vivat nostra civitas,
Maecenaturm caritas,
Quae nos hic protegit !
8. Pereat tristitia,
Pereant osores,
Pereat diabolus,
Quivis antiburschius,
Atque irrisores !
Quelle: EB III Nr. 1688
Lateinischer Text hier in der Fassung von dem
Magister C. W. Kindeleben: „Studentenlieder“, Halle 1781,
S. 56-58. Dort auch eine deutsche Uebersetzung.
Der Titel „De brevitate vitae“
heißt zu deutsch: „Über die Kürze des
Lebens“)
Deutsche Uebertragung des Gaudeamus
(1717).
1. Brüder, laßt uns lustig sein,
Weil der Frühling währet,
Und der Jugend Sonnenschein
Unser Laub verkläret:
Grab und Bahre warten nicht;
Wer die Rosen jetzo bricht,
Dem ist der Kranz bescheret.
2. Wo sind diese, sagt es mir,
Die vor wenig Jahren
Eben also gleich wie wir
Jung und fröhlich waren?
Ihre Leiber deckt der Sand,
Sie sind in ein ander Land
Aus dieser Welt gefahren.
3. Unsers Lebens schnelle Flucht
Leidet keinen Zügel,
Und des Schicksals Eifersucht
Macht ihr stetig Flügel:
Zeit und Jahre fliehn davon,
Und vielleichte schnitzt man schon
An unsers Grabes Riegel.
4. Wer nach unsern Vätern forscht,
Mag den Kirchhof fragen:
Ihr Gebein, so längst vermorscht,
Wird ihm Antwort sagen.
Kann uns doch der Himmel bald,
Eh die Morgenglocke schallt,
In unsre Gräber tragen.
[5. Unterdessen seid vergnügt,
Laßt den Himmel walten!
Trinkt, bis euch das Bier besiegt,
Nach Manier der Alten!
Fort mir wässert schon das Maul,
Und ihr Andern seid nicht faul,
Die Mode zu erhalten!
6. Dieses Gläschen bring ich dir,
Daß die Liebste lebe,
Und der Nachwelt bald von dir
Einen Abriß gebe!
Setzt ihr Andern gleichfalls an,
Und wenn dieses ist gethan,
So leb der edle Rebe!]
Geschichte / Kommentar:
Oben links haben wir den seit dem 19. Jh.
üblichen lateinischen Text des Liedes „Gaudeamus
igitur“ (zu Deutsch: „Lasst uns also fröhlich
sein!". Das ist der von dem Magister C. W. Kindeleben:
„Studentenlieder“, Halle 1781, S. 56-58.
In der Anmerkung S. 56 sagt Kindeleben:
„ich habe mich genöthigt gesehen,
dieses alte (lateinische) Burschenlied umzuschmelzen, weil die Poesie
in den meisten Liedern dieser Art sehr schlecht war; indeß hat es
doch ziemlich sein antikes Ansehen behalten, obgleich einige Worte ganz
weggelassen sind, wodurch der Wohlstand beleidigt wurde und welche nach
dem akademischen Gesetzen nicht abgesungen werden dürfen.“
Gaudeamus gilt als das älteste Studentenlied
und ist eine Verkörperung des burschikosen Studentenlebens. Es
soll aus dem 13. Jahrh., aus der Zeit der fahrenden Schüler
stammen, wofür es allerdings keine wirklichen Belege gibt. Dem
obigen Text aus dem Jahre 1781 ging lediglich eine ältere und
kürzere, auch etwas abweichende Fassung einer Berliner Handschrift
vor 1750 voraus.
Erk/Böhme zitieren als Nr. B die älteste
Fassung des Gaudeamus, die sie aus einem handschriftlichen
Studentenliederbuch entnommen haben, das in der „Königl.
Bibliothek zu Berlin“ aufbewahrt wurde (Meusebach’s Samml.
8028, S. 470.). Das Liederbuch dürfte vor 1750 (zwischen
1723-1750) entstanden sein. Diese Fassung „weicht von der heute
allgemein verbreiteten beträchtlich ab“. Sie lautet:
1. Gaudeamus igitur Juvenes dum sumus; :,:
Post molestam senectutem :,: Nos habebit tumulus.
2. Ubi sunt, qui ante nos In mundo vitere?
Abeas ad tumulos, :| Si vis hos videre.
3. Vita nostra brevis est, Brevi
finietur ; :, :
Venit mors velociter, :| Neminem veretur,
Böhme zitiert den Anfang der Übersetzung
des Liedes, das er „garstig“ nennt, folgendermaßen:
Sammlet in den grünen Jahren eurer Wollust
Blümelein;
Denn nach den verflossenen Jahren müssen wir
des Todes sein.“
Weiterhin bemerkt Böhme, dass die Fassung
lediglich über eine vierzeilige Strophenform verfügt,
„wie sie auch die französische Hdschr. von 1267 hat,
während doch die Mel. auf fünf Zeilen hinweist. Statt
Wiederholung der dritten Zeile wurde später eine neue Zeile
eingeschoben.“
Dr. Rob. und Rich. Keil in
„Studentenlieder“ S. 165 teilen das Lied nach einem
Jenenser Blatte vom Jahre 1776 mit. Anfang so:
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Deutsche Uebertragung:
Sammlet in den jungen Jahren
Guter Wollust Güter ein,
Denn da sie verflossen waren
Mußten wir des Todes sein. etc.
(6 Str.)
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Lalteinischer Text:
Gaudeamus igitur,
Juvenes dum sumus,
Post exactam juventutem
Post molestam senectutem
Nos habebit humus. ets. (6 Str.)
Die älteste deutsche Uebertragung des
Gaudeamus ist durch Hon. Christian Günther um 1717 in Leipzig
überliefert (siehe oben links) in: „Sammlung von Johann
Christian Günther’s, aus Schlesien, bis anhero
herausgegebenen Gedichten.“ 5. Aufl. Breslau und Leipzig 1751, S.
323, unter der Rubrik: „Verschiedene Jugendproben“.
Erk-Böhme zufolge teilte Edelstand du
Méril „in seinen „Poesies populaires latines du
moyen âge“ Paris 1847, auf S. 125 aus einer aus dem Jahre
1267 datirten Hdschr. ein Lied mit, das nahezu wörtlich einige
Verse des Gaudeamus enthällt“.