Bier-Königreich
1. Sind wir nicht zur Herrlichkeit geboren?
Sind wir nicht gar schnell emporgediehn?
Malz und Hopfen sei an uns verloren,
haben unsre Alten oft geschriebn.
:,: Sähn sie uns doch hier, valleralle!
bei dem lieben Bier, valleralla!
das uns Amt und Würde hat verliehn! :,:
2. Ganz Europa wundert sich nicht wenig,
welch ein neues Reich entstanden ist.
Wer am meisten trinken kann, ist König,
Kanzler, wer die meisten Mädchen küsst.
:,: Wer da kneipt recht brav, valleralla!
heißt bei uns Herr Graf, valleralla!
wer da randaliert, wird Polizist :,:
3. Unser Arzt studiert den Katzenjammer,
Trinkgesänge schreibt der Hofpoet;
der Hofmundschenk inspiziert die Kammer,
wo am schwarzen Brett die Rechnung steht.
:,: Und der Herr Finanz, valleralla!
liquidiert mit Glanz, valleralle!
wenn man contra usum sich vergeht. :,:
4. Um den Gerstensaft, ihr edlen Seelen,
dreht sich unser ganzer Staat herum;
Brüder zieht, verdoppelt eure Kehlen,
bis die Wände kreisen um und um
:,: Bringet Faß auf Faß!
Aus dem Faß ist Glas!
Aus dem Glas in Refekorium! :,:
5. Im Olymp bei festlichen Gelagen,
Brüder, sind wir uns einander nah’.
Wenn dann Hebe kommt, um uns zu fragen:
„Wünschen Sie vielleicht
Ambrosia?“
:,: „Wie kommst du mir für? valleralla!
Brng mir bayrisch Bier, valleralla!
ewig bayrisch Bier, halleluja!“
Geschichte / Kommentar:
Die Verse schrieb 1835 Herm. Wollheim (1817-1855)
auf die Melodie des Liedes „Brüder zu den festlichen
Gelagen“. Die Betitelungen sind unterschiedlich. Der obige Titel
entstammt dem Deutschen Kommersbuch von Karl Reisert (1896), in
„Der Sänger“ (ca. 1850) wurde es
„Flandern-Lied“ benannt.
Die Melodie wurde dem Trinklied „Brüder
zu den festlichen Gelagen“ entnommen.
Auf die Melodie (häufig mit der Quellenangabe
„Sind wir nicht zur Herrlichkeit“ versehen) wurden
geschrieben:
Freundlich schmunzelnd lugt die Morgensonne
(Autlerfreuden) geschrieben von: Otto Wilhelm, Leipzig-Reudnitz
Quelle: Lieder-Buch der Deutschen
Motorradfahrer-Vereinigung, München Selbstverlag der D-M-V- 1906
Nr. 18, S. 35.
Quelle:
Der Sänger. Neuestes und vollständigstes
Liederbuch für das deutsche Volk, Verlag und Druck von F. W.
Rietak, Neue Friedrichs-Str. 34, Berlin o.J. (ca. 1850), Nr. 111, S.
78f.
Dr. Karl Reisert, Deutsches Kommersbuch, Freiburg
1896, S. 121.
Friedrich Silcher u. Friedrich Erk, Allgemeines
Deutsches Commersbuch, Lahr 1919 Nr. e8e, A. 443f.
Silcher-Erk und Der Sänger haben beide Lieder
(„Brüder zu den festl.“ u. Sind wir nicht zur
Herrlich,“) in ihrem Liederbuch.