Josef Scheu war 1890 auch Mitbegründer und
Chorleiter des „Freien Typographia“, der erste Chor, bei
dem mit machten.Seine gewerkschaftlichen und politischen
Aktivitäten brachten ihm auch mehrere Verhaftungen ein. 1881 wurde
er deswegen am Burgtheater zwangspensioniert. Seit 1895 war Josef Scheu
auch als Musikkritiker der Arbeiter-Zeitung tätig.
Literatur: Richard
Fränkel, 80 Jahre Lied der Arbeit, 1948.
siehe auch: www.dasrotewien.at
Bild aus:
oesterreichisches Proletarier Liederbuch, 6.
umgearbeitete Auflage (100.-115. Tsd.), bearbeitet von Heirnich Schoof,
Wiener Volksbuchhandlung, Ignaz Brand & Co.,
Wien VI, Gumpendorferstraße 18
Vorwort zur Jubiläumsauflage
„Das Gute empfiehlt sich selbst und bricht
sich unaufhaltsam Bahn.“ Wenn irgendwo richtig angewendet, so ist
dieses alte Sprichwort bei unserm Proletarier-Liederbuch zum Wahrwort
geworden. In einem verhältnismäßig kurzen Zeitraum hat
dieses Büchlein in fünf Auflagen die stattliche Zahl von
100.000 Exemplaren erreicht und wir mußten darangehen, eine
sechste Auflage herauszugeben. Wenn wir nun das zweite Hunderttausend
beginnen, so wird es uns gewiß niemand übelnehmen, wenn wir
diese Auflage eine Jubiläumsausgabe nennen, denn wir wollen damit
unserer Freude Ausdruck geben, daß unser Liederbuch so viel
Anklang gefunden hat.
Wie die früheren Auflagen, so ist auch diese
Jubiläumsausgabe des Proletarier-Liederbuches dem Andenken unseres
unvergeßlichen Altmeisters des Freiheitsliedes Josef Scheu
gewidmet. Dieser Herrliche Mann, dieser geniale Künstler, der mit
jeer Faser seines Herzens dem Proletariat gelebt, hat sich durch sein
Wirken in den Herzen der sozialdemokratisch denkenden Arbeiterschaft
ein Denkmal gesetzt, dauerner als Stein und Erz. Er hat sich mit seinen
unvergleichlichen Liedern in die Herzen der Proletarier gesungen und er
wird in seinen Liedern fortleben immerdar. Wer kennt sie nicht, diese
feurigen, begeisternden Weisen, die uns emporreißen aus dem
dumpfen, eintönigen Alltagsleben, die uns Herz und Gemüt
erbeben machen und die uns hinauftragen in jene Sphäre, in der wir
die allbeglückende Zukunft der Menschheit zu ahnen vermögen.
Scheu hat dem Proletariat aus dem Herzen und aus
der Seele gesprochen mit seinen Liedern, er hat für Freud und Leid
der Unterdrückten den richtigen Ton gefunden und er hat dem Ruf
nach Freiheit und Recht den mächtigsten, den feurigsten Klang
gegeben. Schon in der Auswahl der Gedichte, die Scheu zu seinen
Kompositionen verwendete, zeigte sich der Meister, und wir finden unter
seinen Liedern keines, das wir nicht empfinden könnten.
Es gibt heute wohl kaum noch Arbeitersänger
in den deutschen Gauen Oesterreichs, die Scheusche Lieder noch nicht
gesungen hätten. Ueberall, wo seine Weisen erklingen, erwecken sie
stürmischen Jubel und helle Begeisterung, entflammen sie mit ihren
prächtigen Melodien die Herzen zu neuer Tatkraft, erfüllen
sie mit Mut und Stärke, um den schweren Befreiungskampf siegreich
zu Ende zu führen.
Mit dem mächtigen Aufstreben unserer Partei
haben sich auch die Reihen unserer Arbeitersänger verdichtet und
sie alle hegen und pflegen die Scheusche Muse mit Liebe und Verehrung.
Es ist daher nur selbstverständlich, daß wir den herrlichen
Liedern dieses Meistersängers des Proletariats den weitesten Platz
in unserem Liederbuch einräumen, um so auch den nichtsingenden
Genossen Gelegenheit zu geben, die prächtigen Worte dieser Lieder
näher kennen zu lernen.
Neben den Meisters des Freiheitsliedes kommen in
unserem Liederbuch aber auch noch viele andere zum Wort, die sich auf
dem Gebiet des proletarischen Arbeitergesanges in Wort und Ton mit viel
Erfolg betätigten. Wir haben dieser Auflage auch eine kleine
Abteilung passender Lieder für unsere Genossinnen beigegeben und
hoffen, mit dieser Neuerung auch deren Beifall zu finden. Daß wir
auch das Volkslied und neben dem Volkslied Turn- und Wanderlieder zu
Ehren kommen lassen, zeigt eine ganze Reihe Lieder, deen wir Raum
gegeben.
Somit glauben wir, daß wir trot des knappen
Raumes auch mit derser Auflage ziemlich allen Wünschen entsprochen
haben und hoffen, daß unser Proletareir-Liederbuch sich auch als
Jubilar ebenso viele Freunde erwerben wird wie in den früheren
Auflagen.
Wien, im Juni 1914
Worte von Josef Scheu
Ein Leben ohne kunst, ohne Kunstverständnis
und Kunstgenuß ist ein ödes, prosaisches und trauriges Leben
und ich halte von den vielen Entbehrungen, die der Arme erdulden
muß, den Mangel an Kunstgenuß für eine der schwersten.
Freilich läßt die viel
näherliegende und drückendere Sorge um die ersten und
notwendigsten Lebensbedürfnisse, um Nahrung, Kleidung und Wohnung,
die Entbehrung von Kunstgenüssen als geringfügig erscheinen,
aber der Mensch lebt nicht allein vom Brot, und wenn der Leib
befriedigt ist, stellt sich beim höher organisierten Menschen der
Wunsch, das lebhafte Verlangen nach geistiger Erhebung, nach idealen,
künstlerischen Genüssen ein.
Um künstlerisch genießen zu
können, muß man aber nicht nur von der Natur mit
empfänglichen Sinnen ausgestattet sein, sondern die Sinne
müssen auch geübt, geschörft, gebildet und erzogen
werden.
Auch abgesehen von den großen und ergebenden
Momenten, welche uns das Lied bereitet, müßte man jedem, der
Sinn und Gehör für Musik in sich fühlt, dringend
empfehlen, sein Talent zu pflegen, die in ihm schlummernde
Fähigkeit auszubilden und einen Abend in der Woche dem Gesang zu
widmen. Es wird dies sein übriges Tun als Parteimann nicht nur
nicht schädigen, sondern er wird sich im Gegenteil, auf ein paar
Stunden dem Alltagsleben entrückt, gestärkt und erfrischt
fühlen, sein ganzes Denk- und Empfindungsleben wird sich heben und
veredeln, er wird ein höherer, ein besserer Mensch werden und
seine Erfrischung und Veredelung kann auf seine Tätigkeit als
Parteimann nur eine günstige Wirkung ausüben.
a) Kampf- und Freiheitslieder
Satz von Josef Scheu geschrieben für
Männerchor:
Wohin, o Mensch, dein Auge sieht (Die Arbeit
(Hymne)
In Reih und Glied geschlossen (Arbeiterlied)
Wie Wogendonner vom fernen Meer (Gesang der Jungen
bei der Amnestierung der Alten (1841))
Wir sind nicht reif! (Herbstlied eines Chinesen)
Der Tag hat sich hinab geneigt (Abendgedanken
eines Arbeiters)
Vor’m Feinde stand in Reih und Glied (Der
Freiheit eine Gasse)
Wiedererwacht sind das Licht und die Wärme
(Frühlingsruf) - Aus dem Maifestspiel
„Frühlingsboten“
Ihr lieben Leut’ seid doch zufrieden (An die
Geduld)
Achtzehnhundert vierzig und acht (Achtzehnter
März)
Des neuen Lenzes Odem weht (Der Arbeitsvölker
Maienbund)
Bet’ und arbeit’! ruft die Welt
(Bet’ und arbeit’!) - Aus dem Maifestspiel
„Frühlingsboten“
Die Lerche war’s, nicht Nachtigall
(Morgenzuruf)
Wir pflügen und säen! Wir sind so gemein
(Wir sind so gemein)
Sonntag, Sonntag, herrlicher Tag (Sonntagslied)
Wir haben ein Bett, wir haben ein Kind, Mein Weib!
(Der Arbeitsmann) - Dieses Lied wurde vom Komponisten unter dem Titel
„Nur Zeit“ herausgegeben, da Scheu schon viele Jahre
früher das A. Strodtmannsche Gedicht „Der Arbeitsmann“
komponiert und veröffentlicht hatte.
Endlich sind des Winters Plagen (Mailied) - Aus
dem Maifestspiel „Frühlingsboten“
Es tönt ein Lied aus Sängers Mund (Der
Freiheit Lobgesang)
Wo sind die Lerchen hingeflogen (Vor dem Sturm)
Und dräut der Winter noch so sehr (Hoffnung)
Ein kleines Harfenmädchen sang (Ein neues
Lied) - in Walzerform mit Orchesterbegleitung.
Stoßt an, Kameraden al’, und trinkt
(Tief in Staub und Moder) - (Kommerslied)
Es steht ein gold_nes Garbenfeld (Erntelied)
Josef Scheu, Arbeiter-Liederbuch für
vierstimmigen Männerchor, Dresden o.J.
Die Lerche war’s nicht die Nachtigall
(Morgenzuruf)
In Reih und Glied geschlossen (Arbeiterlied)
Wer müht sich um geringen Sold (Der
Arbeitsmann)
Wie Wogendonner vom fernen Meer (Gesang der Junge
bei der Amnestirung der Alten (1841))