Die deutsche Marseillaise
„Wohlan, wer Recht und Wahrheit achtet
Zu unsrer Fahne steht zu Hauf.“
Jakob Audorf.
1. In vielen tausend freien Herzen
Fand eine stätte Audorf’s Lied;
Der Muth ist nimmer auszumerzen,
Der frische Muth, den es beschied.
Kein Staatsanwalt, kein andrer Dränge,r
Auch nicht die hohe Polizei,
Sie fangen weder Lied noch Sänger –
Zum Fang gehören immer Zwei.
2. Es tönt die Weise von Marseille
Durch alle Gau’n von Ort zu Ort,
Sie schmettert fort und fort Reveille,
Bis daß erwacht der Freiheit Hort.
Sagt, wollt ihr dieses Lied vernichten?
Nicht mögölich, daß es Ernst euch
sei,
Denn solches Trachten, solches Dichten
Wär’ mehr als Donquixoterei.
3. Denn, wenn ihr stürmt mit stolzer Lanze
In donnerndem Galopp daher,
Das Lied entflieht im Ringeltanze
Und lockt euch in die Kreuz und Quer;
Glaub ihr den Flüchtling zu erhaschen,
Dann schießt er rasch an euch vorbei,
An euren Lanzen und Pallaschen
Und spottet eurem Kampfgeschrei.
4. Drum klüger war ja auch der Richter,
Er trat nicht ein in eure Reihn,
Er hat das Lied und hat den Dichter
Befreit von solchen Plackerein. –
Nun steigt das Lied in mächt’gen
Klängen
Empor und lockt das Volk herbei,
Und aus den brausenden Gesängen
Ertönt’s: „Die Menschheit werde
frei!“
5. Ja, frei und gleich und glücklich Alle
–
Der Reiche und der Proletar,
Sie soll’n von dieem Erdenballe
Verschwinden einst für immerdar;
Das ist ein frisches, schönes Ringen
Gen’ Sklaverei und Tyrannei. –
Und endlich wird ein Lied uns singen,
Daß nun die Welt erlöset sei.