Büxensteinlied
1. Im Januar um Mitternacht
Ein Kommunist stand auf der Wacht.
Er stand mit Stolz, er stand mit Recht,
Stand kämpfend gegen ein Tyranngeschlecht.
2. Und donnernd brüllt die Artillerie,
Spartakus hat nur Infantrie.
Granaten schlagen bei uns ein:
Regierungstruppen stürmen Büxenstein.
3. Und mit der Knarre in der Hand
Er hinterm Zeitungsballen stand.
Die Kugeln pfeifen um ihn rum;
Der Kommunist, er kümmert sich nicht drum.
4. O Büxenstein, o Büxenstein,
Spartakus sein heißt Kämpfer sein!
Wir haben gekämpft bei Büxenstein,
Und dafür sperrt man uns im Kerker ein!
5. Gefangen, ach, in Weh und Schmerz,
Und dennoch hoffet unser Herz!
Spartakus lebt! Spartakus siegt!
Frisch auf zum Kampf, Genoss’, verzage
nicht!
6. Warum er kämpft, der Kommunist?
Damit ihr’s alle, alle wisst:
Er kämpft für Freiheit und für
Recht,
Nicht länger sei der Arbeitsmann ein Knecht!
7. Und alle Menschen, arm und reich,
Sie wollen werden alle gleich;
Daß niemand leidet ferner Not,
Und jeder hat genügend täglich Brot.
8. Darum nur kämpft der Kommunist,
Damit ihr’s alle, alle wisst!
Er schwur die Treu’ bis in den Tod
Dem schönen Freiheitsbanner purpurrot.
9. O Spree-Athen, o Spree-Athen,
Viel Blut, viel Blut hast du gesehn!
In deinem Friedrichsfelde ruht
So manches tapfere Spartakusblut.
„Kampfgesang. Proletarische
Freiheitslieder“,
Verlag der KAPD, Berlin 1920, S. 14.
Überschrift: Büxensteinlied. Unter dem
Text: 1919, Berlin, Besatzung von Büxenstein.
Geschichte / Kommentar:
Das Büxensteinlied („Im Januar um
Mitternacht") bezog sich auf die Kämpfe im Januar 1919 um das
Berliner Zeitungsviertel, insbesondere der Besetzung und Verteidigung
der Zeitungsdruckerei Büxenstein. Es gehört zu den
Liedern, die bereits 1920 im Liederbuch der KAPD enthalten waren, das
gleichzeitig der früheste Beleg einer kommunistischen Variante des
Soldatenliedes Argonnerwald um Mitternacht darstellte. Steinitz sieht
in der Umgestaltung dieses Soldatenliedes einen Unterschied zu den
anderen, da ihm „eine einmalige tiefgreifende Umformung"
vorausging, während "es sich bei den anderen Liedern um einen
schrittweisen langsamen Umformungsprozeß" handelte.
Diese Umformung geschah vermutlich durch den Schlossergesellen
Richard Schulz (*1899), der später Redakteur der Roten Fahne war,
1929/30 in der Festungshaftanstalt Gollnow in Pommern einsaß und
während der Zeit der NS-Herrschaft starb.
Das Büxensteinlied gehört mit zu den
ersten Liedern in der schriftlichen Fixierung der folklorisierten Soldaten-Kampflieder, der gleichzeitig den
beginnenden Übergang vom folklorisierten Soldatenlied zum
Soldaten-Kampflied bedeutete. Den Anfang machte 1920 der Verlag der
KAPD mit dem Liederbuch Kampfgesang. Proletarische Freiheitslieder und
den darin enthaltenen Liedern Auf, auf, zum Kampf und dem
Büxensteinlied („Im Januar um Mitternacht"). Die
musikalische Auswirkung dieser kommunistischen Splittergruppe war
ebenso wie ihre politische gering. Es brauchte vier weitere Jahre, bis
sechs Lieder dieses Typs in einer "Gedicht"-Sammlung mit dem
Titel Rote Gedichte und Lieder erschienen. Dort war den
Kategorien 'Jugend', 'Fabrik', 'Krieg dem Kriege', 'Hinter Gittern',
'Ruhe und Ordnung' und 'Genosse' die Rubrik 'Trotz alledem'
angehängt, in der die Herausgeber "noch einige der bekannten
und überall nach alten Melodien gesungenen roten Kampf- und
Spottlieder, Hitlerlied u.a. hinzugefügt" hatten.
Zu dem historischen Hintergrund siehe Heinrich
August Winkler, Weimar 1918-1933 (S. 54ff.), der die Ereignisse aus
unterschiedlicher SIcht betrachtet. Wolfgang Steinitz gibt die
einseitige Sicht der KPD/SED wieder, doch andere Quellen (z.B. Arthur
Rosenberg, Richard Müller usw.) sind sicherlich interessant dazu
zu Rate zu ziehen, so klärt sich der kommunistische Mythos schnell
als eben ein Mythos auf. Die Unfähigkeit der SPD, ein
demokratisches Heer aufzubauen ist dabei ebenso zu betrachten, wie die
rechten Freikorps und der Aufbau von Spartakus bzw. KPD des
„Roten Soldatenbundes“, der gern außer Acht gelassen
wird. Siehe auch Werner HInze, „Schalmeienklänge im
Fackelschein“ und „Die Schalmei“.
Den Anfang in der schriftlichen Fixierung der
folklorisierten Soldaten-Kampflieder, der gleichzeitig den beginnenden
Übergang vom folklorisierten Soldatenlied zum Soldaten-Kampflied
bedeutete, machte 1920 der Verlag der KAPD mit dem Liederbuch Kampfgesang.
Proletarische Freiheitslieder und den darin
enthaltenen Liedern Auf, auf, zum Kampf und dem Büxensteinlied („Im Januar um Mitternacht“).1 Die
musikalische Auswirkung dieser kommunistischen Splittergruppe war
ebenso wie ihre politische gering. Es brauchte vier weitere Jahre, bis
sechs Lieder dieses Typs in einer „Gedicht“-Sammlung mit
dem Titel Rote Gedichte und Lieder erschienen.2 Dort war den Kategorien ‘Jugend’,
‘Fabrik’, ‘Krieg dem Kriege’, ‘Hinter
Gittern’, ‘Ruhe und Ordnung’ und
‘Genosse’ die Rubrik ‘Trotz alledem’
angehängt, in der die Herausgeber „noch einige der bekannten
und überall nach alten Melodien gesungenen roten Kampf- und
Spottlieder, Hitlerlied u.a. hinzugefügt“ hatten.3
Interessant ist die Übernahme des
Büxensteinliedes aus dem Liederbuch der kleinen KAPD in das
Liederbuch „Rot Front“ des Roten Frontkämpferbundes
(RFB) von 1925 und späterer auch der KPD.
Der Liedübernahme des Büxensteinliedes
und fünf weitere Frontkämpferlieder ging eine heftige Diskussion in der Führung
der KPD voraus.
In dem Liederbuch „Rot Front“
heißt es dazu:
„In den Anhang haben wir einige Lieder
verwiesen, die künstlerisch nicht gerade wertvoll sind, sich aber
durch den Mund des revolutionären Proletariats ihr Lebensrecht
ertrotzt haben.“