Argonnerwald, um Mitternacht
1. Argonnerwald, um Mitternacht
Ein Pionier stand auf der Wacht
|: Ein Sternlein hoch am Himmel stand
Bringt ihm ´nen Gruß aus fernem
Heimatland. :|
2. Und mit dem Spaten in der Hand
Er vorne in der Sappe stand.
|: Mit Sehnsucht denkt er an sein Lieb:
Ob er sie wohl noch einmal wiedersieht? :|
3. Und donnernd dröhnt die Artillerie.
Wir stehen vor der Infanterie.
|: Granaten schlagen bei uns ein,
Der Franzmann will in unsere Stellung 'rein. :|
4. Bedroht der Feind uns noch so sehr,
Wir Deutsche fürchten ihn nicht mehr.
|: Und ob er auch so stark mag sein,
In unsere Stellung kommt er doch nicht 'rein.:
5. Der Sturm bricht los, die Mine kracht,
Der Pionier gleich vorwärts macht.
|: Bis an den Feind dringt er heran
Und zündet ihm die Handgranate an. :|
6. Die Infanterie steht auf der Wacht,
Bis daß die Handgranate kracht,
|: Geht dann im Sturm bis an den Feind,
Im Hurra nimmt sie die Stellung ein. :|
7. Der Franzmann ruft: Pardon Musieu*
Hebt beide Hände in die Höh,
|: Er fleht uns dann um Gnade an,
Die wir, als Deutsche, ihm gewähren dann. :|
8. Bei diesem Sturm viel Blut auch floß,
Manch junges Leben auch gekost´.
|: Wir Deutsche aber halten stand,
Für das geliebte, teure Vaterland. :|
9. Argonnerwald, Argonnerwald,
Ein stiller Friedhof wirst du bald!
|: In deiner kühlen Erde ruht
So manches tapfere Soldatenblut. :|
Geschichte / Kommentar:
„Argonnerwald“ war eines der
beliebtesten Soldatenliedern während des ersten Weltkrieges.
Über den Autoren des Liedes gab es einige
Verwirrung.
Das Urheberrecht beanspruchte Dr. H. v. Gordon an dem Lied.
Mitte der 1930er Jahre kam es zum Streit und 1936 zu einem Prozess.
Es wurde eine Kommission eingesetzt, der u. a. auch der
Volksliedforscher J. Koepp angehörte. Wolfgang Steinitz zufolge ergabe die
Recherchen ergaben, „dass das Lied im November-Dezember 1914 in
der 2. Kompanie des Pionierbataillons 30 entstanden war, das in den
Argonnen lag“. Beim Verfassen des Liedes war vier
„namentlich genannte Pioniere“ an dem Liedtext beteiligt
gewesen. Sie seien von der Melodie des Kiautschou-Liedes als
musikalische Basis ausgegangen, das Lied hätte „ein Pionier
namens Niessen mitgebracht“.
Dieser wiederum hätte es Anfang 1914 im Militärgefängnis
von Köln von einem dort inhaftierten Matrosen gelernt.
Während nun in der Frühphase des Ersten Weltkrieges die vier
Pioniere zusammen auf Posten gewesen seien, hätte einer der
Pioniere begonnen, das Kiautschou-Lied zu summen und die erste Strophe
auf die neue Situation umgeformt. Der Rest ergab sich in der Gruppe.
Das Argonnerwald-Lied wurde noch während der
Weimarer Zeit viel gesungen und existierte parallel zu seinen Parodien,
die im politischen Kampf der Weimarer Republik z. B. als
„Büxensteinlied“ (Im Januar um Mitternacht) entstanden
(siehe unten).
Die ursprüngliche Fassung zählt 9-10
Strophen; vgl. z. B. J. Meier, Das deutsche Soldatenlied im Felde,
1916, S. 37; Hess. Blätter für Volksk. 16, 1917, S. 88.
Dank seiner Beliebtheit und Verbreitung zeigte das
Lied schon während des Krieges zahlreiche weitere Varianten; so z.
B. 21 Wohl mit der Flinte in der Hand (DVA A 136 765), vgl. Das Büxensteinlied A Und mit der Knarre in der Hand.
Eine zweite Geschichte zum Autoren beschreibt Lili
Vietig in dem Aufsatz „Das Argonnerwald-Lied und seine Geschichte
(„Die Musik“, 32. Jg., 1939/40, S. 328-340). Danach sei das
Argonnerwald-Lied schon im Oktober 1914 von zwei Infanteristen
gedichtet worden und zwar auf die Melodie des ebenfalls sehr beliebten
Soldatenliedes „Mein Regiment, mein
Heimatland“
(„Regimentsmarie“). Diese Möglichkeit schließt
Steinitz aus, da die Melodie überwiegend nicht auf den Text passe.
Abweichende Texte
Olt hat aus den Materialien des Deutschen
Volksliedarchivs in Freiburg mehrere Abweichungen notiert. Die meisten
Änderungen bewegen sich im normalen Rahmen.
Auf Posten in Russland (DVA 353)
1,1: In Rußland wohl um Mitternacht;
1,2: steht ein Soldat …;
2: Ein Mägdelein am Fenster steht,
Die Hände faltet zum Gebet.
|: Sie denkt an den Geliebten heiß,
Den sie im fernen fernen Rußland weiß :
|;
3: Und mit der Büchse in der Hand,
So kämpft er für sein Vaterland.
|: Er denkt nicht mehr an Tod und Sieg.
Ein jeder denkt auch an sein fernes Lieb. :|,
4: So leb’ denn wohl, Soldatenbraut.
Wer auf Gott vertraut hat wohl gebaut.
|: Sei ruhig, still, vergiᎠden
Schmerz.
Es liebt dich treu ein Infanteristenherz. :|;
5: In Rußland wohl um Mitternacht
Zwei Herzen sagen sich Gute Nacht.
|: Wenn Menschen auseinander gehen,
So sagen sie: Leb wohl! Auf Wiedersehn! :|
In einem anderen Beispiel wurde eine neue neunte
Strophe eingeführt:
DVA 115,
9: Und haben wir einstmals das Glück,
Nachhause kehren wir zurück.
|: Und werden wir auch noch so alt,
Vergessen wir nie den Argonnerwald. :|