Die Regimentstochter
1. O Regiment mein Vaterland,
mein Mutter hab ich nie gekannt;
mein Vater starb schon früh als Held,
ich steh allein auf dieser Welt.
2. Marie Marie, so heißt mein Nam,
Den ich vom Regiment bekam.
Mein ganzes Leben lasse ich
Fürs Regiment, da sterbe ich.
3. Wenns Regiment früh ausmarschiert,
Der Tambour seine Trommel führt
Tausch ich mit keiner Fürstin nicht,
Sie lebt nicht glücklicher als ich.
4. Ein Offizier den mag ich nicht,
Weil er den Mädchen viel verspricht,
Ein Musketier der soll es sein,
Für den schlägt nur mein Herz allein.
5. So kommt denn alle her zu mir
Sei’s Musketier, sei’s Füselier;
Ich reich ei’m Jeden meine Hand
Und sterb allein fürs Vaterland.
Geschichte / Kommentar:
Das Lied beginnt auch mit „Mein Regiment,
mein Vaterland“ oder „Mein Sachsenland, mein
Vaterland“
Die Titel lauten: „Die
Regimentstochter“ (EB3), „Die Marketenderin“
(Weltkr.), „Mein Regiment“ (Weltkr.), Die
Regimentsmarie“ (Künzig) oder einfach die Anfangszeile.
Das Lied der „Regimentstochter“ bzw.
„Marketenderin“ wurde seit den 1880er Jahre mehrfach
aufgezeichnet, seinen Höhepunk aber hatte das Lied in der Zeit des
Ersten Weltkriegs.
Den Ursprung vermuten Erk/Böhme in der
textlichen Nachbildung von Donizetti's (1797-1848) Opernarie in dessen
„Regimentstochter“: „Heil dir, mein Vaterland“.
(Uraufführung der französischen Fassung 11. Februar 1840 und
der italienischen am 3. Oktober 1840)
Das Lied „Mein Regiment“ wurde aber
„vermuthlich schon vor den Kriegsjahren 1870-1871
gesungen“. Künzig bestätigt diese Vermutung und
ergänzt nach Marriage S. 226, dass das Lied „auf
Dorbühnen sogar in die Oper eingelegt“ würde.
Die frühesten uns vorliegenden Belege sind
von Lewalter (1890) und Erk/Böhme (1894). EB verweisen auf die
Regionen „Hessen-Nassau, Straßburg, Dresden, Kassel“,
das Elsaß und die „Lahngegend“ oder das sächs.
Erzgebirge. Schon da sind die Strophenfolge nicht überall gleich.
1917 macht Kutscher bereits deutlich, dass gerade
die Kriegssituation den männlichen Teilnehmern Raum für
Phantasien gab. So dokumentiert er eine weitere Strophe zwischen der
dritten und der vierten:
Marrie, Marie nimm dich in acht,
daß man dich nicht zum Trommler macht
und hängt dir eine Trommel an,
und du Marie kriegst keinen Mann.
Die verschiedenen Versionen haben vielfach
geringfügige Änderungen. Erwähnenswert sind
beispielsweise die erste Strophe und der Vater, der „im
Feld“ (Lewalter) oder als „Held“ (EB) starb.
In der vierten oder fünften Strophe (je nach
Aufbau) wird der Mann, den die Marketenderin nicht will. Das ist am
häufigsten der Offizier. Die Person, die der gewünschten
Gruppe zugehörig ist, sind: Musketier und Füsilier,
„Ein stolzer zweier“ (DVA 119), „ein stolzer
Einser“ aber kein Artillerist (DVA 162), „Ein
M.-G.-Schütze“ (Weltkriegsliedersmlg), „ein
Kanonier“ (DVA 259) oder „Grenadier“ (DVA 400) sollte
es sein.
Einmal allerdings heißt es gar:
4: So kommet alle her zu mir,
Gemeiner und auch Unteroffizier,
Ich reiche jedem meine Hand
Und sterbe für mein Vaterland;
Etwas Besonderes enthält noch die Inschrift
auf ihrem Grabstein.
4,2: Dann setzt mir einen Grabstein hin;
4,3: Auf diesem soll geschrieben sein:;
4,4: Hier liegt Marie, so ganz allein. (DVA 101)
oder
5. Und wenn ich einst gestorben bin,
So schreibt auf meinen Grabstein hin;
Hier ruht in Frieden die Marie,
So war der Stolz der Kompagnie! (DVA 446)
Am drastischsten wurde die Männerphantasie in
der Quelle DVA 259:
5: Und wenn ich einst gestorben bin,
Dann schreibt auf meinen Grabstein hin:
Sie war das Mädchen von der Artillerie,
Die ließ sich ficken von der Infanterie.
(1953 drehte Georg C. Klaren nach Donizettis
Motiven eine Oper Die Regimentstochter" als Heimatfilm.
Uraufführung am 25. September 1953 in Innsbruck;
Erstaufführung in der DDR am 31. Dezember 1953 in Ost-Berlin und
in der BRD am 18. März 1954)