Des Knaben Berglied
Ich bin vom Berg der Hirtenknab,
seh auf die Schlösser all herab.
Die Sonne strahlt am ersten hier,
am längsten weilet sie bei mir.
Ich bin der Knab vom Berge!
2. Hier ist des Stromes Mutterhaus:
Ich trink ihn frisch vom Stein heraus,
Er braust vom Fels in wildem Lauf,
Ich fang ihn mit den Armen auf:
Ich bin der Knab vom Berge!
3. Der Berg der ist mein Eigenthum,
Da ziehn die Stürme rings herum,
Und helen sie von Nord und Süd,
So überschallt sie doch mein Lied:
Ich bin der Knab vom Berge!
4. Sind Blitz und Donner unter mir,
So steh ich hoch im Blauen hier;
Ich kenne sie und rufe zu:
Laßt meines Vaterhaus in Ruh!
Ich bin der Knab vom Berge!
5. Und wann die Sturmglock einst erschallt
Manch Feuer auf den Bergen wallt;
Dann steig ich nieder, tret in’s Glied
Und schwing mein Schwert und sing mein Lied:
Ich bin der Knab vom Berge!
Geschichte / Kommentar:
Das Gedicht von Ludwig Uhland ist aus dem Jahr
1806. Zuerst publiziert wurde es in L. v. Seckendorfs
„Musenanmanach für 1808“. Regensburg. S. 134 Mel. v.
K. Groos in „Lieder für Jung und Alt“. Berlin, 1818
Nr. 35.
Franz Magnus Böhme vermerkt dazu:
„Der Vortrag sei frei, nicht streng im
Takte, sondern nach Art der Kuhrreihen bald eilend, bald zögernd.
–
Die Lied war ein Lieblingslied der alten Turner
1817-19.“
Wir haben zwei
unterschiedliche Melodien dokumentiert.
Böhme und Reisert übernehmen die Melodie
von Karl Aug. Groos, 1817 (1789-1861) [Boehme-Vt-155-185A],
Quellen:
Berliner Turnlieder – Buch. Mit einstimmigen
Singweisen, Berlin, bei Wilhelm Besser, ca. 1850 (?) Nr. 7, S. 9.
Franz Magnus Böhme, Volksthümliche
Lieder der Deutschen im 18. und 19. Jahrhundert, Leipzig 1895, Nr. 565,
S. 424f. Keine Noten, nur Hinweis: Mel.: Es ritten drei Reiter zum Tore
hinaus. Nr. 185, S. 155f.
Dr. Karl Reisert, Deutsches Kommersbuch, Freiburg
1896, S. 352f.