Der Lumpenmann
1. Ich bin der Lumpenmann,
das seht ihr mir wohl an.
Ich kaufe Lumpen nach der Dicke,
nach der Dünn und nach der Länge;
drum geh ich von Haus zu Haus
und ruf aus vollem Halse raus:
Lumpen! Lumpen!
2. Die Leute sagten mir:
In diesem Hause hier
Da gäb es Lumpen nach der Dicke,
Nach der Dünn und nach der Länge,
Lumpen ganze Centner schwer,
Darum komm ich zu euch her.
Lumpen! Lumpen!
3. Ich sehe nun gar wohl,
An Lumpen ists hier voll.
Doch weiß ich nicht bei meiner Seele,
Was ich allhier für Lumpen wähle,
Ihr paßt all in meinen Sack,
Doch zu schwer wird mir der Pack.
Lumpen! Lumpen!
4. Jetzt geb ich meinen Kauf,
Den Lumpenhandel auf.
Es möchten sonst die Leute sagen:
„Will der Lump nach Lumpen fragen?“
Am Ende komm ich ins Geschrei:
Daß ich selbst ein Lümpchen sei.
Lumpen! Lumpen!
Geschichte / Kommentar:
Dieses im 19. Jahrhundert beliebte Lied zeigt
Aspekte aus dem Alltag eines Lumpensammlers auf und sieht noch eine
andere Deutung des Begriff „Lumpen“ - keine politische wie bei
„Hat mich Gott verdammt auf Erden“. Steinitz nennt als
Beispiel für die Zeit um 1850:
Aus Lumpen macht man Schreibpapier,
Das legt man feinen Herren für.
Drum muß ich auch auf meinen Wagen
Lumpen, Haderlumpen fahren.
Vorläufer des Liedtextes lassen sich bis in
das 16. Jahrhundert zurückverfolgen. Sie beziehen sich aber
ausschließlich auf den Papiersektor und betreffen Lieder von
Schreibern.
Quellen:
Ludwig Erk u. Franz Magnus Böhme, Deutscher
Liederhort, Bd. 3, Leipzig 1925, (EB III), Nr. 1792, S. 567.
Wolfgang Steinitz, Dt. Volkslieder demokratischen
Charakters aus sechs Jahrhunderten, Berlin (Ost) Bd. 2, 1962, Nr. 234
unter C, S. 265f.