Friesen
1. Es thront am Elbestrande die stolze Magdeburg,
Ihr Ruhm drang durch die Lande, ihr Unglück
auch hindurch,
Als Tilly einst dem Feuer zu tilgen sie gebot,
Trug sie den Witwenschleier; war ihre Schöne
tot!
2. Sie mag ihn wieder nehmen, ihr starb ihr bester
Sohn.
Er ging, ein großer Schemen, hinauf vor
Gottes Thron.
Da hießen gleich den Frommen, der kam aus
heil’gem Streit,
Die Engel all willkommen zur ew’gen
Himmelsfreud’.
3. Wohl viele sind gepriesen, im hohen deutschen
Land,
doch dich, mein frommer Friesen, hat Gott allein
gekannt,
Was blühend im reichen Herzen die Jugend hold
umschloß,
Ist jedem Laut der Schmerzen ist jedem Lob zu
groß.
4. War je ein Ritter edel, du warst es tausendmal,
Vom Fuße bis zum Schädel ein lichter
Schönheitsstrahl.
Du hast mit kühnem Sinne nach Freiheit wohl
geschaut,
Das Vaterland war Minne, war Liebste dir und
Braut.
5. Du hast die Braut gewonnen im ritterlichen
Streit,
Dein Herzblut ist geronnen für die viel edle
Maid;
Von welchen grimmen Bauern empfingst du
Todesstreich,
Drob wohl Jungfrauen trauern, der Schönheit
Blum’ ist bleich.
6. Schlaf still und fromm in Treue bis an den
jüngsten Tag,
Wo sich ein Morgen neue dir wieder röten mag.
Es blüht um deinen Frieden Gedächtnis
golden schön,
Im Sieg war dir beschieden fürs Vaterland
heimzugehn.
Ernst Moritz Arndt
Geschichte / Kommentar:
Das Lied schrieb Ernst Moritz Arndt zum Gedenken
an Friedrich Friesen auf die Melodie „Erhebt euch von der
Erde“ bzw. „Auf, auf, zum fröhlichen Jagen“, die
wiederum dem französischen Jägerlied „Pour aller
à la chasse Faut etre matineux“ nachempfunden worden war.
Der durch das Lied zum Mythos hochgehobene Friesen
war zu Beginn des 19. Jh. aktiv an der Burschenschaftsbewegung
beteiligt und ein heftiger Verfechter der Befreiung von die
napoleonischen Herrschaft.
In dem Berliner Turnliederbuch von ungefähr
1850 wurde Arndts Lied mit der folgender nationalistischen Lobeshymne
Jahns aus dessen Vorrede zur deutschen Turnkunst S. VII übernommen
(S. 29).
„Friesen war ein aufblühender
Mann in Jugendfülle und Jugenschöne an Leib und Seele ohne
Fehl, voll Unschuld und Weisheit, beredt wie ein Seher; eine
Siegfriedsgestalt von großen Gaben und Gnaden, den Jung und Alt
gleich lieb hatte, ein Meister des Schwertes auf Hieb und Stoß,
kurz, rasch, fest, fein, gewaltig, und nicht zu ermüden, wenn
seine Hand erst das Eisen fasste; ein kühner Schwimmer, dem kein
deutscher Strom zu braut und zu reißend; ein reisiger Reiter in
allen Sätteln gerecht; ein Sinner in der Turnkunst, die ihm viel
verdankt. Ihm ward nicht beschieden, in’s freie Vaterland
heimzukehren, an dem seine Seele hielt. Von welcher Tücke fiel er
bei Düstrer Winternacht durch Meuchelschuß in den Ardennen.
Ihn hätte auch im Kampfe keines Sterblichen Kling geällt.
Keinem zu Liebe und keinem zu Leide – aber wie Scharhorst unter
den Alten, ist Friesen von der Jugend der Größeste aller
Geblieben.“ So Jahn in der Vorrede zur deutschen Turnkunst. S.
VII. -
Zusammen (Lied und Lobeshymne) wurde um 1900 vom
Herausgeber des Feuerwehr-Liederbuches übernommen. Dazu war die
folgende „Erklärung des Herausgebers“ gesetzt:
„Friedrich Friesen, geb. d. 27. Sept. 1785
in Magdeburg, fiel meuchlings den 16. März 1814 im Walde von
Hilleur bei Vassiny. Jahns bekanntes Wort über ihn“:
…
Quelle:
Feuerwehr-Liederbuch. Universal-Bibliothek 2995
Verlag von Philipp Reclam jun. Leipzig o. J. (um 1900) Nr. 43, S. 44
Berliner Turnlieder-Buch. Mit einstimmigen
Singweisen, Berlin, bei Wilhelm Besser, o. J. (ca. 1850) Nr. 22, S. 29.