Jägerlied
1. Auf, auf zum fröhlichen Jagen! auf, in die
grüne Heid!
Es fängt schon an zu tagen, es ist die
höchste Zeit!
Auf, bei den frohen Stunden, mein Herz ermuntre
dich!
Die Nacht ist schon verschwunden, und Phöbus
zeiget sich.
2. Seht, wie das Heer der Sterne Den schönen
Glanz verliert,
Und wie sie sich entfernen, Wenn sich Aurora
rührt!
Die Vöglein in den Wäldern Sind schon
vom Schlaf erwacht
Und haben auf den Feldern Ihr Morgenlied gebracht.
3. Wir rüsten uns zum Streite Und jagen Paar
an Paar;
Die Hoffnung reicher Beute Versüßet die
Gefahr.
Wir weichen nicht zurücke, Ob gleich ein
wilder Bär,
Und noch ein großes Stücke Nicht ferne
von uns wär.
4. Will gleich ein wilder Hauer Mit seinen Waffen
dräun,
Fängt man an ohne Schauer Hussa! Hussa! zu
schrein;
Damit das Ungeheuer, Wenn es die Kugel brennt,
Schon nach empfangnem Feuer In sein Verderben
rennt.
5. Das edle Jägerleben Vergnüget meine
Brust;
Den kühnen Fang zu geben, Ist meine
grüßte Lust.
Wo Reh und Hirsche springen, Wo Rohr und
Büchse knallt,
Wo Jägerhörner klingen, Da ist mein
Aufenthalt.
6. Frischauf, zum fröhlichen Hetzen, Fort in
das grüne Feld!
Wo man mit Garn und Netzen Das Wild gefangen
hält.
Auf, ladet eure Röhren Mit Pulver und mit
Blei
Und macht der Jagd zu Ehren Ein fröhlich
Jagdgeschrei!
7. Sing unsre matten Glieder Vom Sonnenglanz
erhitzt,
So legen wir uns nieder, Wo frisches Wasser
spritzt,
Wo Zephyrs sanftes Blasen Der Sonne Glanz besiegt,
Da schläft man auf dem Rasen, Mit Anmuth
eingewiegt.
8. Das Gras ist unser Bette, Der Wald ist unser
Haus;
Wir trinken um die Wette Das klare Wasser aus.
Kann man dem Schlaf nicht weichen, So ruht man in
dem Klee,
Das Laub der hohen Eichen Ist unser Kanapee.
9. Ein weibliches Gemüthe Hüllt sich in
Federn ein,
Ein tapfres Jagdbeblüte Muß nicht so
träge sein.
Drum laßt die Faulen liegen, Gönnt
ihnen ihre Ruh:
Wir jagen mit Vergnügen Dem dicken Walde zu.
10. Frisch auf, ihr lieben Brüder, Ergreifet
das Geschoß!
Auf, legt die Winde nieder, Und geht aufs Wildpret
los!
Erfrischt die matten Hunde Durch frohen Zuruf an,
Und ruft aus vollem Munde, So viel ein jeder kann!
11. Will gleich zu manchen Zeitne Blitz, Wetter,
Sturm und Wind
Einander widerstreiten, Die uns zuwieder sind,
So sind wir ohne Schrecken Bei allen Ungemach,
Und jagen durch die Hecken Den schnellen Hirschen
nach.
Geschichte / Kommentar:
Das Lied schrieb Ludwig Erk zufolge 1724 Gottfried
Benjamin Hancke (es steht auch in dessen Weltlichen Gedichten, Leipzig
und Dresden 1727, S. 144. Der aus Schlesien kommende Hancke, lebte
gegen die Mitte des 18. Jh. in Dresden als Accis-Sekretär. Das
Lied existiert In vielen Varianten.
Die Melodie ist Blöhme zufolge einem
französischen Jägerlied entsprossen („Pour aller
à la chasse
Faut etre matineux“)
Quelle:
Ludwig Erk, Franz M. Böhme Deutscher
Liederhort, Leipzig 1925, Bd. III, Nr. 1449, S. 310f.
Ernst Klusen, Deutsche Lieder, Frankfurt am Main
1980, Nr. 99
Auf die Melodie wurde getextet:
„Nach Süden nun sich lenken“
von J. v. Eichendorff 1825.
Die Melodie hat J. S. Bach in dem Lied „Es
nehme 10000 Dukaten der Kammerherr alle Tag’ ein“ aus
seiner Bauernkantate verwendet.
Dem Jägerlied wurden laut Böhme zwei
Kriegslieder gleichen Anfang nachgebildet: „das eine von
„Fr. de la Motte Vouqué“ Frisch auf, zum fröhl.
Jagen, es ist nun an der Zeit (1813)“; das andere von G.
Förster 1818.“