Das Lied vom Rhein
Es klingt ein heller Klang, ein schönes
deutsches Wort
in jedem Hochgesang der deutschen Männer fort:
Ein alter König hochgeboren,
dem jedes deutsche Herz geschworen –
wie oft sein Name wiederkehrt, man hat ihn nie
genug gehört.
2. Das ist der heilige Rhein, ein Herrscher reich
begabt
Des Name schon, wie Wein, die treue Seele labt.
Es regen sich in allen Herzen
Viel vaterländ’sche Lust und Schmerzen,
Wenn man das deutsche Lied beginnt
Vom Rhein, dem hohen Felsenkind.
3. Sie hatten ihm geraubt der alten Würden
Glanz,
Von seinem Königshaupt den grünen
Rebenkranz;
In Fesseln lag der Held geschlagen:
Sein Zürnen und sein stolzes Klagen,
Wir habens manche Nacht belauscht,
Von Geisterschauern hehr umrauscht.
4. Was sang der alte Held? Ein furchtbar
dräunend Lied:
„O weh dir, schnöde Welt. wo
keine Freiheit blüht,
Von Treuen los und bar von Ehren!
Und willst du nimmer wiederkehren,
Mein, ach! verstorbenes Geschlecht
Und mein gebrochnes deutsches Recht? –
5. „O meine hohe Zeit, mein goldner
Lenzestag!
Als noch in Herrlichkeit mein Deutschland vor mir
lag,
Und auf und ab am Ufer wallten
Die stolzen adligen Gestalten,
Die Helden, Weit und breit geehrt
Durch ihre Tugend und ihr Schwert!
6. Es war ein frommes Blut* in ferner Riesenzeit,
Von kühnem Leuenmut, und mild als eine Maid.
Man singt es noch in späten Tagen,
Wie den erschlug der arge Hagen;
Was ihn zu solcher Tat gelenkt,
In meinm Bette liegts versenkt. **
7. Du Sünder, wüthe fort! Bald ist dein
Becher voll;
Der Nibelungen Hort ersteht wohl, wann er soll.
Es wird in dir die Seele grausen,
Wenn meine Schrecken dich umbrausen:
Ich habe wohl und treu bewahrt
Den Schatz der alten Kraft und Art.“ –
8. Erfüllt ist jenes Wort: Der
König ist nun frei,
Der Nibelungen Hort ersteht und glänzet neu.
Es sind die alten deutschen Ehren,
Die wieder ihren Schein bewähren:
Der Väter Zucht und Mut und Ruhm,
Das heilige deutsche Kaisertum!
9. Wir huld’gen unserm Herrn, wir trinken
seinen Wein.
Die Freiheit sei der Stern, die Losung sei der
Rhein!
Wir wollen ihm aufs neue schwören;
Wir müssen ihm, er uns gehören.
Vom Felsen kommt er frei und hehr:
Er fließe frei in Gottes Meer!
Geschichte / Kommentar:
Das Gedicht schrieb Max v. Schenkendorf 1814. Es
erschien zuerst 1815 in dessen „Gedichten“.
Die Melodie komponierte R. G. Nägeli 1816.
Sie ist zuerst 1818 in „Lieder für Jung und Alt“, Nr.
47 publiziert. Inhaltlich erinnert das Lied an „Die Wacht am
Rhein“ und ähnliche aus der nationalistischen Zeit dieser
Epoche.
In manchen Liederbüchern, wie u. a. dem
„Berliner Turnlieder-Buch“ beginnt das Lied auch „Es
klingt ein hoher Klang“
Quelle:
Berliner Turnlieder - Buch. Mit einstimmigen
Singweisen, Berlin, bei Wilhelm Besser, ca. 1850 (?) Nr. 10, S. 12f.
Franz Magnus Böhme, Volksthümliche
Lieder der Deutschen im 18. und 19. Jahrhundert, Leipzig 1895. Nr. 24,
S. 19f.
Liederbuch für die ehemaligen Mitglieder des
Feuerwerks-Personals, Berlin 1901. Nr. 18, S. 25f.