Die Teutoburger
Als die Römer frech geworden.
Zogen sie nach Deutschlands Norden:
Vorne beim Trompetenschall
Ritt der Gen’ralfeldmarschall,
Herr Quintilius Varus.
2. In dem Teutoburger Walde,
Hui! wie pfiff der Wind so kalte!
Raben flogen durch die Luft
Und es war ein Moderduft,
Wie von Blut und Leichen.
3. Plötzlich aus des Waldes Duster
Brachen krampfhart die Cherusker:
Mit Gott für Fürst und Vaterland
Stürzten sie, von Wuth entbrannt.
auf die Legionen.
4. Weh! das war ein großes Morden.
Sie durchbrachen die Cohorten.
Nur die röm’sche Reiterei
Reittete sich in das Frei’,
Denn sie war zu Pferde.
5. O Quintili! armer Feldherr,
Wußtet du, daß so die Welt wär!
Er gerieth in einen Sumpf,
Verlor zwei Stiefel und einen Strumpf
Und blieb elend stecken.
6. Da sprach er voll ‚rgernussen
Zu Herrn Centurio Titussen:
„Kamerad, zeuch dein Schwert hervor
Und von hinten mich durchbohr,
Weil doch Alles pfutsch ist.“
7. In dem armen römschen Heere
Diente auch als Volontaire
Scaevola, ein rechtscandidat.
Den man schnöd gefangen hat,
Wie die Andern alle.
Schlacht
8. Diesem ist es schlecht gegangen:
Eh’ daß man ihn aufgehangen
Stach man ihn durch Zung und Herz.
Nagelte ihn hinterwärts
Auf sein Corpus Juris.
9. Als das Morden war zu Ende,
Rieb Fürst Hermann sich die Hände,
Und um sich noch mehr zu freund
lud er die Cherusker ein
Zu ’nem großen Frühstück.
10. Nur in Rom war man nicht heiter,
Sondern kaufte Trauerkleider.
Grade, als beim Mittagsmahl
Augustus saß im Kaisersaal,
Kam die Trauerbotschaft.
11. Erst blieb ihm vor jähem Schrecken
Ein Stück Pfau im Halse stecken.
Dann gerith er außer sich
Und schrie: „Vater, schäme dich,
Redde Legiones!“
12. Sein deutscher Sklave, Schmidt geheißen,
Dacht’, euch soll das Mäusle
beißen,
Wenn er je sie wieder kriegt!
Denn wer einmal todt daliegt,
Wird nicht mehr lebendig.
[ 13. Und u Ehren der Geschichten
That ein Denkmal man errichten.
Deutschlands Kraft und Einigkeit
Verkündet es jetzt weit und breit:
Mögen sie nur kommen!
14. Endlich nach so vielen Mühen
Ist von Brendels Werk gediehen:
Hermann ist jetzt aufgestellt,
Zusammen kommt die ganze Welt
In dem Lippschen Reichen.]
Geschichte / Kommentar:
Ein Lied, das viele noch aus der Schule kennen.
Zur Herkunft haben sich u.a. Franz Magnus Böhme und Wolfgang
Steinitz Gedanken gemacht. Folgen wir zuerst denen von Böhme, der
als Melodie „Die Hussiten zog’n vor Naumburg etc“
angibt:
Gedicht v. Victor v.
Scheffel (1847). Die 2 letzten
Strophen sind nicht von ihm, aber von ihm 1876 gutgeheißen, als
endlich das Denkmal fertig und eingeweiht worden war. Scheffel’s
Spott, daß das Hermannsdenkmal nicht fertig werden und zwei
seiner „feuchten Strophen“ sind hier getilgt. – In
neuesten Studentenliederbüchern giebts eine andere Melodie mit
mehrfachem ulkigen Refrain:
Als die Römer frech geworden, simmserimm simm
simm etc.
Wolfgang Steinitz diskutiert im Zusammenhand mit
dem Tschech-Lied folgendes
:
Böhme, Volkstüml. Lieder, führt Als die Römer frech geworden unter Nr. 79 an: ‚Die Teutoburger Schlacht. Mel.: Die
Hussiten zog’n vor Naumburg.’ bei Nr. 707 ‚Die
Hussiten vor Naumburg’ wird auch die Melodie angeführt, die
aber keinerlei Refrains wie Simserim usw. zeigt. Auf diese Melodie kann
das Tschech-Lied K nicht gesungen worden sein. Böhme fügt
aber unter Nr. 79 noch hinzu: ‚In neuesten
Studentenliederbüchern gibt’s eine andere Melodie mit
mehrfachem ulkigem Refrain: Als die
Römer frech geworden, simmserim simm simm usw.’ – also genau den Typ des Tschech-Liedes K. Ich
führe diese Melodie nach Max Friedländer, Kommersbuch, mit
krit.-hist. Anmerkungen (1. Aufl., Leipzig 1892, S. 4) an. […]
Max Friedländer sagt zu der Melodie:
‚Komponist unbekannt’. Richter, Parodieverfahren, S. 60,
nimmt an, daß die Melodie von Als die
Römer frech geworden auf das
Tschech-Lied übertragen worden sei.
In Wirklichkeit verhält es sich umgekehrt.
Für diese Übertragungsrichtung sprechen eindeutig zeitliche
und inhaltliche Argumente. Für Böhme, dessen
Volkstümlich Lieder 1895 erschienen, war diese Melodie, deren
Herkunft er nicht kannte, damals noch neu. Hoffmann-Prahl, Nr. 45 sagt
ähnlich: „Mel. gewöhnlich: Die Hussiten. Eine heuere
Mel., vor 1880 augekommen, von unbekannten Komponisten, ist drastischer
und wird jetzt mehr gesungen.“
Ernst Klusen gibt 1980 ohne weitere
Erklärungen zur Melodie an „L. Teichgräber 1875“.
Zu der Ergänzung um die letzten beiden
Strophe können wir im Kommersbuch von Silcher und Erk lesen:
‚Ich bin sehr erfreut über die jetzt
korrekte Herstellung des Liedes von Varusschlacht, die ich längst
als eine Ehrenschuld an Herrn v. Bandel betratet und selbst so
hergestellt haben würde, wäre die unbekannte Redaktion mir
nicht zuvorgekommen. Möge die jetzige Fassung der rezipierte Text
werden und bleiben.
Dr. Scheffel.’
Auf die Melodie wurden folgende andere Lieder
gesungen:
Als 1908 der Zweigverein Berlin des
Internationalen Verbandes der Köche ein Preisausschreiben
veranstaltete, nahmen sich zwei Teilnehmer das Lied „Als die
Römer...“ vor. Ein „Vereinslied“ widmete sich
der Gründung eines „Zweigvereins“ (Als die Köche
stark geworden, Nr. 28) und ein anderer, der sogar den 1. Preis gewann
(Als die Köche klug geworden) nahm sich eine ähnliche
Problematik vor. Aus rechtlichen Gründen verzichten wir auf den
Abdruck, doch so interessant sind die Verse auch wieder nicht.
Quelle:
Franz Magnus Böhme, Volksthümliche
Lieder der Deutschen im 18. und 19. Jahrhundert, Leipzig 1895, Nr. 79,
S. 65f.
Gaudeamus. 200 ausgewählte Volks- und
Commerslieder für Klavier mit begefügtem Text,
Leipzig-Hamburg-Milano o.J., Nr. 7, S. 4 u. 9f. (Textheft)
Heinrich Scherrer, Studentenlieder zur Gitarre,
Leipzig 1914, S. 234.
Allgemeines Deutsches Kommersbuch.
Ursprünglich herausgegeben unter musikalischer Redaktion von
Friedrich Silcher und Friedrich Erk, Lahr 1919, S. 557f.
Wolfgang Steinitz, Dt. Volkslieder demokratischen
Charakters aus sechs Jahrhunderten, Berlin (Ost) Bd. 2 1962 (zu Nr.
199, Tschech-Lied), S. 142.
Ernst Klusen, Deutsche Lieder. Texte und Melodien,
Frankfurt a. M. 1980, S. 666f.
Sonstige Liederbücher:
Reichsbanner-Liederbuch, Herausgegeben vom
Gauvorstand des Reichsbanners „Schwarz-Rot-Gold“
Berlin-Brandenburg – 1925, 2. Auflage (Verlag: Reichsbanner -
Warenvertrieb Berlin S 14) S. 41.