Ach Gott, wie geht’s im Kriege zu
1. Ach Gott, wie geht's im Kriege zu' was wird
für Blut vergossen!
Eh' noch im Reich wird Fried' und Ruh, wird man
erfahren müssen.
Wie mancher reiche Untertan / wird jetzt gemacht
zum armen Mann:
Wie manches Land verheeret, / Wie manche Stadt
zerstöret!
2. Stellt euch im Geist aufs Schlachtfel hin, /
Ihr hart verstockten Sünder!
Bedenkt das Elend immerhin, / Ihr stolzen
Menschenkinder!
Legt euren Stolz und Bosheit ab, / Und denkt,
daß auch der Tod ung Grab,
Bei so viel tausen Leuten / Euch könnte
schnell erreichen.
3. Dort liegt verwund’t an Arm und Bein /
Ein Krieger auf der Erde,
Er möchte gern verbunden sein / Und kann es
nicht gleich werden.
Mit tausend Schmerzen und Unruh / Hält er die
blut’gen Wunden zu;
Wird oft nach etlich’ Stunden / Erst ladn
nachher verbunden.
4. Man führt ihn zwar ins Lazaret / Auf Wagen
und mit Pferden,
Wo Gott ein sanftes Ruhebett / ihm jetzt zu Teil
läßt werden.
Hier werden viele zwar gesund, / Doch mancher, der
sehr hart verwund’t,
Find’t in dem Lazarete / Auch oft sein
Sterbebette.
5. Ein Andrer, der zum Tod verwund’t, /
Schreit: ach, um Gottes willen!
Ach, Brüder, helft! ich bin verwund’t,
/ Ich kann das Blut nicht stillen.
Ach, tötet mich! mein Schmerz ist groß:
/ So wird’ ich meinen Jammer los,
Und darf auf dieser Erden / Nicht erst zum
Krüppel werden.
6. Ach! wie so manch Soldatenweib /
Möchte’ sich u Tode grämen,
Die viele Kinder hat am Leib, / Und nicht viel
einzunehmen.
„Mein mann spricht sie – der viele
Jahr’ / Mein Stütze und Versorger war, -
Soll ich mich nicht betrüben? – Ist in
der Schlacht geblieben.“
7. Ach, wie so manches Mutterherz / Wird jetzt
für Angst gebrochen!
Der Sohn, den sie gebar mit Schmerz, / Den sie hat
groß gezogen,
Ihr’ einz’ge Lust , ihr Herzenstrost,
/ Zog fort in Krieg; bald kam die Post:
Dein Sohn, den du tät’st lieben, / Ist
in der Schlacht geblieben.
8. Ach, lieber Sohn, wie reust du mich! - /
Hör man den Vater klagen –
Der ein Schutz sollte sein für mich / In
meinen alten Tagen,
Liegt jetzo auf dem Schlachtfeld draus, / Kommst
nimmermehr zu uns nach Haus;
Ich wird’ mit grauen Haaren / Dir
müssen bald nachfahren.
9. Wie manche Wittwe hört man jetzt / Mit
bangem Herzen klagen:
Mein einz’gen Sohn, der mich ergötzt, /
Der meine Last half tragen,
Nahm man mir zum Soldaten weg. Ach Gott, wer gibt
mir Wart’ und Pfleg’!
Ach Gott, sei jetzt im Alter / Mein Schützer
und Erhalter!
10. Wie seufzet manche junge Braut, / Weil ihr man
hat geschrieben:
Dein Liebster, der dir stets vertraut, / Ist in
der Schlacht geblieben.
Ein Jüngling, schön wie Milch und Blut,
/ Der dir so hold war und so gut,
Liegt jetzt verscharrt im Sande / In einem fremden
Lande.
11. Wie viele unsrer Landesleut / Und Söhne,
die wir lieben,
Sind kürzlich in dem Krieg und Streit / Bei
Regensburg geblieben!
So wohl bekannt, als unbekannt, / Aus
Würzburg und aus Bayerland,
Und liegen an den Wunden / Im Lazaret verbunden.
12. Dort schoß das Blut ganz strömeweis
/ Auf mancher Gass in Graben;
Dort sah man Menschen haufenweis / Im
Donaufluß begraben,
Worunter manches Mutterkind / Vermißt noch
wird, das man nicht find’t,
Und muß sein junges Leben / Im Wasser erst
aufgeben.
13. Dort gab es Stiche, Hieb und Schuß, /
Daß Viel’ rurücke prallten;
Dem fehlt ein Arm, dem fehlt ein Fuß, / Dem
ist der Kopf zerspalten;
Der liegt zerstümmelt auf der Erd’ Und
wir zertreten durch die Pferd’,
Möchte’ von der Welt gern scheiden, /
Muß oft erst lang noch leiden.
14. Heil’ ihre Wunden, großer Gott, /
Und lindre ihre Schmerzen,
Und tröste alle durch die Not / Betrübte
Elternherzen!
Führ’, die noch leben mit viel
Glück, / Als tapfre Krieger einst zurück,
Daß sie und wir von Neuen / Uns mit den
Eltern freuen!
15. Ach, wie viel hunderttrausend Leut / Sind
jetzt an vielen Orten
Durch Kriegesnot und harte Zeit, Zu armen Leuten
worden!
Erbarm’, erbarm’ dich ihrer, Gott, /
Und rette sie aus aller Not!
Laß, auf ihr Flehn und Weinen, / Den Frieden
bald erscheinen!
16. erbarme dich, die Not ist groß / Bei
Vielen jetzt auf Erden!
Mach’ von dem bangen Krieg uns los, /
Laß es bald Friede werden!
Gebiet’ dem Kriegsheer, daß es ruht, /
Daß nicht mehr länger Menschenblut
Darf, zu der Welt Verderben, / Das dunkle Erdreich
färben.
17. Gott, groß von Gnad und Gütigkeit,
/ Laß unsre arme Brüder,
Die jetzt sind da und dort im Streit, / Sich bald
erholen wieder!
Schütz’ unsern König und zugleich
/ Das Vaterland und deutsche Reicht!
Laß alle Potentaten / Zum Frieden treulich
raten!
18. Steh’ gnädig allen Kriegern bei, /
Die in der Näh und Weiten,
Durch viel Gefahren mancherlei, / Fürs
Vaterland jetzt streiten!
Gib ihnen Mut und Tapferkeit, / Und laß sie
bald mit Lust und Freud’,
Berühmt, mit Sieg und Ehren, / Zurück
nach Hause kehren!
19. Erbarm’ dich aller insgemein / Die
voller Schmerz und Wunden,
Die auch im Lazarete sein, / Und vieles schon
empfunden!
Nimm der veracht’ten Untertan, / Der
Abgebrannten, Herr, dich an,
Und schenke allen Leuten / Bald wieder
bess’re Zeiten!
21. Gib Fried’ dem Reich und Vaterland, /
Das über zwanzig Jahren,
Durch viel Verwüstung, Krieg und Brand / Hat
müssen schon erfahren.
Du Gott des Friedens, steh’ uns bei, /
Mach’ von dem schwarzen Krieg uns frei!
Laß Friede bald auf Erden / In allen
Ländern werden!
Ditfurth, Fränk. II Nr. 230.
Dieses Bänkelsängerlied aus der Zeit der
napoleonischen Kriege ist vielfach durch fliegende Blätter
verbreitet worden. Wolfgang Steinitz vermerkt dazu u. a.
„In der sehr guten Fassung von Ditfurth
bezieht sich das Lied auf die Schlacht bei Regensburg (Regensburg und
Donau werden genannt) im Krieg zwischen Österreich und Napoleon im
April 1809; in dem fliegenden Blatt bei Schlssar und in der Fassung aus
Böhmen, Hollejschen, wird die Schlacht von Leipzig (1813) genannt;
in den