Links, links, links, links
(Der Rote Wedding)
Den Originaltext von Weinert können wir aus
rechtlichen Gründen noch nicht dokumentieren, aber wir können
eine Beschreibung des Textes und die Veränderungen in der Praxis
der 1920er Jahre diskutieren.
Kurze Besprechung zur Radikalität (siehe auch
Kommentar zu „Agitprop“ / „Sturmtrupp Alarm“. Sehen wir uns
die Sprache an:
„Die Trommeln werden gerührt!“
und man „marschiert!“ war in der Weimarer Republik bei der
Vielzahl der Paramilitärischen Gruppierungen noch keine
Besonderheit. „Denn unsere Parole ist
Klassenkampf“, bekommt erst durch die
folgenden Wort seine gewalttätige Bedeutung: „nach blutiger
Melodie!“ und wir stehen bereits „zum entscheidenden Angriff bereit, zur Vernichtung der
Bourgeoisie!“
„Vernichtung“ beinhaltet selbstverständlich nichts
anderes als das, was das Wort aussagt. „Haltet die Fäuste
bereit! Proletarier, ihr müßt rüsten!“ –
womit wohl rüsten, mit Worten? Natürlich nicht. Und die erste
Strophe schließt mit eine zweimaligen „Rot Front!“,
dem Gruß des inzwischen verbotenen Roten Frontkämpferbundes
(RFB).
Die zweite Strophe beginnt mit der
unterschiedlichen Benennung des Feindes „Zörgiebels
Polizei“ (A) oder „Zörgiebel und Polizei“ (B)
mein noch ungefähr das Gleiche, „Faschisten und
Polizei“ ist dagegen etwas schwerer konkret festzumachen.
„Wir gedenken des ersten Mai!“ hat etwas von einem
„Racheschwur“ und dem „blutigen Gesicht“ der
„herrschenden Klasse“ wird die „Vorhut der Roten
Armee!“ angedroht. Diese „Vorhut“ kommt in den
Bürgerkriegsphantasien der illegalen Schriften der KPD vor, als
solche galt u.a. der RFB.
Die dritte Strophe droht wieder mit einem
Gewaltszenario, dem sie eine Vision als Schlusspunkt anhängt. Sie
„rücken an, und wir misten aus!“, um dann bald selber
„uns ein festeres Haus“ nämlich „die deutsche
Sowjet-Union“ zu bauen (Version A und B)
Etwas anders aber im Kern gleich verkündet es
die Version C, Dort „zittert der Feind“ bereits „vor
der Arbeiterfaust“ und die roten Kämpfer „stürzen
die Säulen des Ausbeuterstaats und gründen
die Herrschaft des Proletariats! Kameraden“.
Abschließend die Aufforderung, ja fast der Befehl:
„erkämpft euch die Macht“!
Geschichte / Kommentar:
Das Truppenlied der Agitprop-Truppe „Roter
Wedding“ (Links, links, links) schrieb Erich Weinert, die Musik
verfasste Hanns Eisler. Es entstand im November 1929 und wurde sehr
schnell sehr bekannt, ja, berühmt. Es wurde auf Platte gepresst
und in russischer, englischer, französischer und auch in
jiddischer Sprache übersetzt. Das Lied besteht aus drei
achtzeiligen Strophen, denen ein sechszeiliger Refrain angehängt
wurde. Allerdings, gibt es in den Drucken einige Unterschiede.
Wenn man mal von der Rechtschreibung absieht (Burgoasie bei Paul
Schmidt) so haben wir in den drei uns vorliegenden Beispielen
folgende Änderungen:
1/4 Version C: Denn
unsere Parole ist Klassenkampf,.
1/6-8 bei „Unter roten Fahnen“
Wir betteln nicht mehr um Gerechtigkeit!
Wir steh’n zum entscheidenden Angriff
bereit,
zur Vernichtung der Bourgeoisie!
2/1: A. Zörgiebels
Polizei! B. Zörgiebel und Polizei. C. Faschisten und Polizei!
2/3 B: Gerücht (statt Gesicht)
3 ist in der Version C völlig ander:
3. Links, links, links, links! Die Fahne weht uns voran!
Links, links, links, links; der rote Wedding tritt an!
Wenn unser Gesang durch die Straßen braust,
dann zittert der Feind vor der Arbeiterfaust!
Denn die Arbeiterklasse erwacht!
Wir stürzen die Säulen des
Ausbeuterstaats und gründen
die Herrschaft des Proletariats! Kameraden,
erkämpft euch die Macht!
Quellen:
Inge Lammel, Lieder der Agitprop-Truppen vor 1945,
Das Lied im Kampf geboren, Heft 2, Leipzig 1958
Arbeiter-Kampfliederbuch. (Paul Schmidt), Berlin
Ca. 1930. (Als Einlage)
Arbeiterlieder. Unter roten Fahnen. Kampflieder,
ca. 1930 (Lammel Nr. 428), Einlage
ARBEITERLIEDER / Unter roten Fahnen. Kampflieder,
121.-220. Tausend (ca. 1930), Verlag Junge Garde, Berlin SO 16,
Brückenstr. 10b. [eigener Bestand]
2. ARBEITERLIEDER / Unter roten Fahnen.
Kampflieder, 221.-330. Tausend (ca. 1931), Verlag Junge Garde, Berlin
SO 16, Brückenstr. 10b. [eigener Bestand]
Disco:
100 Jahre Deutsches Arbeiterlied, Berlin o.J. [ca.
1979] Eterna VEB Lied der Zeit. 8 10 015-016 (Nr. 21b)
Vorwärts und nicht vergessen. Musik der
Arbeiterbewegung in Dokumentaraufnahmen, ETERNA 810 052, Berlin (DDR)
1976, Nr. 4
Schellack:
32. Der Rote Wedding (Lied der Truppe Roter
Wedding; T: Erich Weinert, Berlin M: Hanns Eisler, Berlin, Interpreten:
Der Rote Wedding; Versandhaus Arbeiter-Kult, Bestellnummer AK 8 ?