Polizeilied
1. Im Anfang war das Paradies
Und Gott der Herr sein Gründer,
Und weil es nur zwei Menschen gab,
So gab es nur zwei Sünder,
Sie thaten alles frank und frei,
Sie hatten keine Polizei.
O jerum, jerum, jerum!
Qualis mutatio rerum:
2. Doch Eva that ’nen schnöden
Biß
In einen sauren Apfel,
Und ihre fromme Unschuld flog
Zum Zipfel und zum Zapfel;
Gott Vater aber war so frei,
Und übte selbst die Polizei
O jerum etc.
3. Nach diesem ersten Sündenfall
Ging’s zu ganz kannibalisch,
Das ganze irdische Geschlecht,
Es wurde kriminalisch;
Dem Herrn verging die Lust dabei,
Zu üben seine Polizei!
O jerum etc.
4. Als Kain seinen Bruder schlug,
Da galt’s sich nicht zu zieren,
Da sollte Gott den Mörder gleich
Persölich arretiren,
Er aber sprach: das laß ich sein,
Der Mensch soll selbst sich polizein!
O jerum etc.
5. Der gute Herrgott hatte g’nug
An seinen ird’schen Tröpfen,
Drum schuf er eine Uniform
Mit blanken Messingknöpfen.
Der Cherub mußt’ den Sabel leihn,
Daß sich die Menschen polizein.
O jerum etc.
6. So habe ich ganz sonnenklar
Bewiesen und ganz gröblich
Und wills beweisen imemrdar,
Da0 nicht nur hochwohllöblich,
Daß unsere hohe Polizei
Gewissermaßen göttlich sei. –
O jerum etc.
Geschichte / Kommentar:
Das Lied haben wir in zwei Liederbüchern
gefunden, jeweil ohne Angabe des Autors und mit dem Verweis auf die
Melodie: „O alte Burschenherrlichkeit“.
Quellen:
Liederbücher der Arbeiterbewegung im 19. Jh.
Demokratisches Liederbuch zum Gebrauch der
Volksvereine, Hrsgg. von einer Kommission des Demokratischen Vereins in
München, Verlag von Robert Lutz, Stuttgart, 1895. Nr. 26, S. 28f.
Hermann Schlüter, Sozialistisches
Arbeiter-Ldb, Chicago, o. J. (ca. 1906), Nr. 31, S. 51ff.