Arbeiterliedarchiv
Lancken
„Lustig Berglied“
1. Wer da will ein Bergmann sein,
muß Karäsche (Courage) haben,
er muß ohne Angst und Pein
in die Grube fahren
und hingegen reich Metall
aus der Erden hauen.
Ist er nur frisch und gesund,
muß er Gott vertrauen.
2. Hat er gleich kein Kreuzer Geld,
darf er nicht verzagen;
er muß hier in tiefer Welt
vergessen alle Plagen.
Wenn er in die Grube fährt,
bleibt die Sorg auf Erden.
Do gedenkt er allezeit:
es wird beßer werden.
3. Mancher wollt auch gern wie wir
vergnügt auf Erden leben,
aber es fällt ihm Kummer für,
er ist dem Geiz ergeben;
dieser zwingt ihn, daß er muß
alle Gage fasten;
solchen Ehrgeiz setzen wir
auf den alten Kasten.
4. Wollen wir essen Fleisch und Brot,
müssen wir es borgen;
will es auch bezahlet sein,
lassen wir Gott sorgen.
Unsre Kleider, Strümpf und Schuh
samt dem Grubenkittel
und was sonst gehört dazu
sind geborgte Mittel.
5. Fleisch und Brot das dienet zwar
den Menschen zu erhalten;
Tabak brauchen wir ebenfalls,
Kaffee, warmen und kalten.
Musik machen wir uns selbst,
spielen können wir alle;
mit den Jungfern tanzen wir,
und das recht mit Schalle.
6. Greift der Durst die Kehle an,
so ist gar kein Zweifel,
wir gedenken billig dran,
reit’t uns nicht der Teufel.
Schmeckt uns denn noch immer wol
allerlei Getränke,
bringt der Wirt den Zapfen rein,
gehen wir aus der Schenke.
7. Drum so laßt uns lustig sein,
ihr Steiger und ihr Hauer!
Machen wir die Fässer leer,
wird das Bier nicht sauer.
Mag der Wirt wol unsre Zech
an die Wände malen;
wenn uns Reichtum überfällt,
wolln wir ihn bezahlen.
Geschichte / Kommentar:
Ein „lustig Berglied“ aus dem
Liederbuch von Reinhold Köhler von 1858. Leider haben wir keinen Hinweis
auf die Melodie gefunden. Heilfurth führt als Quelle noch Mittler
an, der das Lied aus dem Erzgebirge in der Zeit zwischen 1828-39 aus
den „Gesängen der Schneeberger Knappschaft“ (Bl. 110)
entnommen hat.
Köhler schreibt weiter:
Nach drei Liederbüchern, in denen einem
„lustig Berglied“ darüber steht. In dem einen lautet
die 2te bis 4te Zeile der 1sten Strophe:
muß mit Kummer, Angst und Pein,
in die Erde vergraben,
voller Sorgen reich Metall
aus der Erden hauen.
Daselbst fehlt die 3te Strophe und die 4te beginnt:
Will er eßen Fleisch und Kohl
so muß er es borgen;
wenn ers dann bezahlen soll,
muß der Herrgott sorgen
Endlich steht in der 6ten Strophe für Kehle
„Leder“.
Zwar in der 5ten Strophe ist hier in seiner
ursprünglichen ächten Bedeutung „in Wahrheit“
(althod. zi wâre) gebraucht.
Quelle:
Reinhold Köhler, Alte Bergmannslieder, Weimar
1858, Nr. XI, S. 34ff.
Gerhard Heilfurth, Das Bergmannslied. Wesen /
Leben / Funktion. Ein Beitrag zur Erhellung von Bestand und Wandlung
der sozialkulturellen Elemente im Aufbau der industriellen
Gesellschaft, Kassel und Basel 1954, S. 720
Ludwig Erk u. Franz Magnus Böhme, Deutscher
Liederhort, Bd. 3, Leipzig 1925, Nr. 1515, S. 360.