Zufriedenheit
1. Was frag’ ich viel nach Geld und Gut,
Der ich zufrieden bin,
Gibt Gott mir nur gesundes Blut,
So hab’ ich frohen Sinn,
Und halte mich von Herzen gern
Von aller Arbeit immer fern!
2. So mancher lebt in Sorg’ und
Müh’,
Uebt seine Bürgerpflicht,
Speist Austern, Caviar, Lachs, sowie
Fasan und Hummer nicht,
Und ahnet kaum, wie gut das schmeckt
Bei delem Rheinwein und bei Sekt!
3. Hüll’ ich in der Havanna Duft
Die Zeitung Morgens ein,
SO lasse ich den mächt’gen Schuft
Schuft mit Behagen sein;
Auch weiß ich an der Table d’Hote
Nichts von Bedrückung, Qual und Noth!
4. Mein Herz hüpft Abends im Ballet,
Und späterhin erst recht,
Denn dann mit meiner Tänz’rin nett
Soupir’ ich gar nicht schlecht,
Und freue mich als guter Christ,
Ds Liebe kein Verbrechen ist.
5. So leb’ ich in Zufriedenheit,
Weil ich es dazu hab’
Genieße meine Seligkeit
Schon eh’ ich steig’ in’s Grab,
Und trag’ nur Eins für’s
Vaterland:
Auf meinem Frack ein Ordensband.
Adolf Glaßbrenner
Zufriedenheit
1. Was frag’ ich viel nach Geld und Gut,
wenn ich zufrieden bin!
Giebt Gott mir nur gesundes Blut,
so hab’ ich frohen Sinn
und sing’ aus dankbarem Gemüth
mein Morgen- und mein Abendlied.
2. So mancher schwimmt in Ueberfluß,
hat Haus und Hof und Geld
uns ist doch immer voll Verdruß
und freut sich nicht der Welt:
je mehr er hat, je mehr er will,
nie schweigen seine Klagen still.
3. Da heißt die Welt ein Jammerthal
und däucht mir doch so schön,
hat Freuden ohne Maaß und Zahl,
läßt Keinen leer ausgehn.
Das Käferlein, das Vögelein
darf sich ja auch des Lebens freun.
4. Und uns zu Liebe schmücken ja
sie Wiese, Berg und Wald;
und Vöglein singen fern und nah’,
daß Alles widerhallt.
Bei Arbeit singt die Lerch’ uns zu,
die Nachtigall bei süßer Ruh’.
5. Und wenn die goldne Sonn’ aufgeht,
und golden wird die Welt;
wenn Alles in der Blüthe steht,
und Aehren trägt das Feld,
dann denk’ ich: alle diese Pracht
hat Gott zu meiner Lust gemacht.
6. Dann preis’ ich laut und lobe Gott
und schweg’ in hohem Muth
und denk’: „Es ist ein lieber gott
und meints mit Menschen gut.
Drum will ich immer dankbar sein
und mich der Güte Gottes freun!“
J. Martin Miller 1776.
Geschichte / Kommentar:
Adolf
Glaßbrenner schrieb die Parodie (links) auf das Lied von J. Martin
Miller 1776, die wir nur in Konrad Beißwangers, „Freie
Klänge“ gefunden haben.
Zum Gottgegebenen Text Millers vermerkt Franz
Magnus Böhme in seinen „Volksthümliche Lieder der
Deutschen im 18. und 19. Jahrhundert“:
„Zuerst im Voss. Musenalm. für 1777 S.
10. Die gleichzeitig mit erschienene Melodie, die noch heute im
Volksmunde fortlebt, ist von Christian Gottlob Reefe. Noch andere
Melodien giebts dazu, u. A. ein von Mozart, doch keine hat sich
volksthümlich gemacht, wie die hier stehende.“
Quelle:
Konrad Beißwanger, Freie Klänge,
Nürnberg o.J. (ca. 1900), Nr. 12, S. 21.
Franz Magnus Böhme, Volksthümliche
Lieder der Deutschen im 18. und 19. Jahrhundert., Leipzig 1895, Nr.
289, S. 219;