Voss (Voß), Fritz
(18... - 19... die genauen Daten fehlen uns noch)
Leider können wir über Fritz Voß
noch keine vollständige Biographie zur Verfügung stellen. Es
ist wie bei vielen anderen Personen, die in der Zeit zwischen 1900 und
1933 (besonders in der SPD) aktiv waren - man findet nicht viele
Informationen. Wir bitten daher alle, die mehr wissen, sich an uns zu
wenden, damit wir die Lücken schließen können.
Werner Hinze hat uns eine kurze Darstellung
überlassen, die er für die Geschichtswerkstatt
Eimsbüttel zusammengestellt hatte. Wir dokumentieren das Papier an
dieser Stelle und bitten uns auf Fehler hinzuweisen und
Ergänzungen zukommen zu lassen.
Fritz Voß - ein Eimsbütteler im Spiegel
seiner Liederbücher
Zwischen 1910 und 1914 gab Fritz Voß im
Auftrage der Vereinigung deutscher Lehrergesangvereine fünf
Liederhefte mit Volksliedern „für Schule und Haus“
heraus. Sie sind nicht nur von den damaligen pädagogischen
Wertvorstellungen geprägt, sondern geben auch die Vorurteile der
Volksliedforschung jener Phase in anschaulicher Weise wieder. Rund 15
Jahr später - 1928 - gab Voß im Arbeiterjugend-Verlag
„Lieder für Jugendchöre“ für deren
Jugendweihen und Jugendfeiern her.
Werner Hinze zeigt die Entwicklung des
Pädagogen anhand seiner Liedauswahl auf und verbindet die
individuelle Biographie mit der Entwicklung in Staat und Gesellschaft
ebenso wie mit der Liedforschung. Aufgelockert wird der Vortrag durch
Liedbeispiele aus Voß’ Liederbüchern.
1. Die Vorgeschichte: erste Suche und Ergebnisse
Vor einigen Jahren fragte mich der Vorgänger
von Sielke Salomon - Volker Böge -, ob ich etwas über einen
Fritz Voß wüsste. Ich konnte ihm vier Liederhefte zeigen,
die den Titel trugen „Volkslieder für Schule und Haus“
und „im Auftrage der Vereinigung deutscher
Lehrergesangvereine“ von einem Fr. Voß herausgegeben worden
waren. Das Ergebnis schien eher unbefriedigend und wurde seinerzeit
nicht weiter verfolgt. Im Rahmen meiner Liederwerkstatt machte ich mich
nun daran, das Thema wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Ich
besorgte mir ein fehlendes Heft aus dieser Reihe und das kleine im
Arbeiterjugend-Verlag erschienene Büchlein „Lieder für
Jugendchöre“, dass für deren Jugendweihen und
Jugendfeiern bestimmt war.
Die Weiterarbeit gestaltete sich allerdings
schwer. Der Name Fritz Voß schien ausradiert oder wie ein Herr
vom Hamburger Staatsarchiv meinte gar nichts mit Hamburg zu tun zu
haben. Zum Glück konnte mir Herbert Fuchs helfen, Aktivist der
Falken, interessierter Liedersammler und -chronist der Arbeiterbewegung
und ehrenamtlicher Helfer beim Museum der Arbeit. In seinem Besitz
befindet sich ein Manuskript von Adolf Gottschalk mit dem Titel
„Unsere Lieder waren immer dabei“, in dem wiederum Karl
Möller zu Wort kam - und der wusste immerhin ein paar Daten zu
übermitteln.
Fritz Voß war vermutlich in den Jahren 1912
bis eventuell 1933 (die genaue Zeit ist unklar) Lehrer an der
Schule Moorkamp in Hamburg-Eimsbüttel. Ab 1912 wurde er als
Mitglied der „Vereinigung deutscher Lehrergesangvereine“ in
deren Jahrbüchern mit dem Zusatz „Lehrer“
geführt. In den 1920er Jahren allerdings verliert sich dort seine
Spur. Dafür tauchte er als Chorleiter des Jugendchores der SAJ in
den Stadtteilen Hamburg-Eimsbüttel, Hoheluft und Eppendorf wieder
auf.1 Der Chor wurde nach Aussage von Karl Möller
„wahrscheinlich 1922 gegründet“. Die Übungsabende
waren in den ersten Jahren des Bestehens in der Schule
Bogenstraße (Eimsbüttel). „Der Chor wirkte mit bei
Jugendweihen und SPD-Kundgebungen, Maifeiern, bei der Einweihung des
SAJ-Heimes in Eckel (Lüneburger Heide), beim Internationalen
Sozialistenkongreß u.a.“ Mitte der zwanziger Jahre zog der
Chor um und nannte sich „Jugendchor Stadtpark“ der Soz.
Arbeiterjugend Groß-Hamburg. Seitdem wurde im Volksheim
Marschnerstraße im Stadtteil Hamburg-Barmbek gesungen. „Das
Jahr 1933 brachte für den Chor das Ende der Chorarbeit. Fritz
Voß (seine Frau lebte nicht mehr) ging dann zu seiner in
Südamerika lebenden Tochter und ist in Südamerika im Alter
von etwa 80 Jahren gestorben.“2
Einschub: Ob der
Vereinsrezitator August Voß3 oder das „Frl. Else Voss“ (ab 1926)
mit Fritz Voß verwandtschaftlich verbunden waren, ist nicht
bekannt.
2. Die Liederhefte aus dem Jahr 1910ff.
a) Volkslieder
für Schule und Haus. Im Auftrage der
Vereinigung deutscher Lehrergesangvereine herausgegeben von Fr.
Voß, Hamburg. Berlin-Groß Lichterfelde Chr. Friedrich
Vieweg GmbH, 1910ff.
b) Lieder für
Jugendchöre: Sammlung 3- und
4stimmiger Chorlieder für Jugendweihen und Jugendfeiern / ges. und
gesetzt von Fritz Voß. - 1. - 3. Tsd. - Berlin : Arbeiterjugend-Verl., 1928.
- VI, 66 S.
Ich möchte Voß’ Liederhefte bzw.
-bücher zum Anlass nehmen, mich einerseits der Person - anhand
seiner Äußerungen und seines Repertoires- und andererseits
den Zeitströmungen jener beiden Phasen anzunähern.
Beginnen wir mit der Zeit kurz vor dem Ersten
Weltkrieg. Die Liederhefte „Volkslieder für Schule und
Haus“ wurden von Voß im Auftrage der „Vereinigung
deutscher Lehrergesangvereine“ in Hamburg aber im Verlag Chr.
Friedrich Vieweg GmbH in Berlin-Groß Lichterfelde herausgegeben.
Erstaunlicher Weise findet sich kein Eintrag in einem der
entsprechenden Jahrbücher der Vereinigung. Möglicherweise
versteckt sich die Herausgabe der Liederhefte im Kassenbericht unter
der Rubrik „Drucksachen“. Für das Jahr 1910-11 wurden
an dieser Position 826,70 Mark und 1912-13 854,15 Mark angegeben.
3. Der deutsche Lehrergesangverein
Als Gründung des Hamburger (später deutschen) Lehrergesangvereins (HLG) wird der 30. September 1886 angegeben. Seine
Vorgeschichte zeigt jedoch, dass die Ambitionen der Pädagogen weit
vorher begannen.
In seiner Chronik sieht sich der HLG auf einer
Linie mit der „Philharmonischen Gesellschaft“
(Gründung 1828), der Singakademie (Gründung 1819), dem
Cäcilienverein (Gründung 1843) und der Bachgesellschaft
(Gründung 1855).
Bereits 1845 meldeten sich aufgrund eines Aufrufs
von Schulrat Th. Hoffmann 36 Herren um einmal wöchentlich den
Gesang zu üben. Am 26. April des folgenden Jahres waren es bereits
49 Sänger und der Verein bekam den Namen „Polyhynia“,
der sich nach einer anfänglich positiven Entwicklung
auflöste. Die zwei Jahre später begonnenen Bemühungen
führte dann erst 1860 unter der Leitung des Organisten H. F.
Degenhardt zu konkreten Übungen und am 2. März 1861 zu einer
ersten Aufführung der zweiten „Polyhymnia“. Unter der
Leitung des Kantors G. Jahnke – ab 1866 – folgte ab 1869
der „Ausbau des ‚Lehrergesangvereins’ zu einem
gemischten Chor, der namentlich das Volkslied pflegte“, doch auch
„Werke größeren Umfangs zu Gehör“ brachte.4 Ab 1873
ging das Interesse jedoch wieder zurück, so dass sich die zweite
„Polyhymnia“ am 29. September 1883 auflöste.
Vier Jahre vor der Auflösung der zweiten
Polyhymnia ging aus dem Verein Hamburger Volksschullehrer das
„Quartett Volkslied“ hervor. Nach Unstimmigkeiten innerhalb
des Vereins traten mehrere Mitglieder aus und gründeten am 23.
November 1883 einen „Hamburger Lehrer-Gesangverein“. Beide
Chöre sollen sehr aktiv gewesen sein und ihre Auftritte einem
Wettbewerb gleich empfunden haben. Als der Musiklehrer H. Chevallier
zum Dirigenten beider Chöre bestimmt worden war, war die
Wiedervereinigung nicht mehr weit, die am 30.9.1886 mit der
Gründung des gemeinsamen HLG vonstatten ging. Beide Organisationen
waren der „Pflege des Männergesanges“ verpflichtet.
1903 schloss sich Hamburger Verband mit den Lehrergesangvereinen aus
Kiel, Bremen und Lübeck zusammen.
___________________________________________
Fußnoten:
1. Die diesbezüglichen Angaben stammten
aus: Adolf Gottschalk, Unsere Lieder waren immer dabei, Hamburg 1983
(Manuskript). Das Manuskript liegt bei Herbert Fuchs, Hamburg, vor.
2. Ebd.
3. Unser Vereinsjubiläum, S. 8
4. Das erste Jahrzehnt des H. L.-G. unter
Heinr. Chevallier, S. 8