Grausige Moritat
des Friedrich Wilhelm Schulze
1. So manche grause Schreckenstat passiert noch
heut,
die über viele Menschen bringt Not und Leid:
Der Vater bringt die Kinder um, die Frau den Mann,
und mancher aus Verzweiflung fängt das Saufen
an.
Also hat in jüngster Nacht jemand eine Tat
vollbracht,
lausig, grausig, ruppig, sturppig, hundsgemein,
sperrt sein Weib im Keller ein,
hack sie, packt sie, knufft sie, pufft sie,
murkst sie ab, bis sie ihren Geist aufgab.
2. Friedrich Wilhelm Schulze hatt ein Weib, Marie,
ein treues Weib voll Biedersinn, wie keines nie.
Wer nie sein Brot in Tränen aß und nie
die Nacht
auf einem Bette weinen sitzend zugebracht,
der kennt nicht die Pein, die Qual, die ihr machte
der Gemahl,
raufen, saufen, stündlich, schwindlich, voll
und dick,
schenkte er ihr keinen Augenblick,
bis ihr riß ihr, wie sie sagt sie, die
Geduld,
Friedrich Wilhelm Schulze war an allem schuld.
3. Neben diesem Schwindelschulze im Zimmer nebenan
wohnt ein andrer Schulze, ein solider Mann.
Während jener Schulze in der Kneipe trank,
blieb der andre Schulze heimwärts tagelang.
Dem vertraut sich die Marie aus Hypochon-
und Melancholie,
schmerzlich, herzlich, innig, minnig
fühlt er mit,
was Madame Schulze litt,
heilend, teilend, fühlt er, kühlt er
ihren Gram
bis ihr Mann zuhause kam
4. Zwar waren beide sich nun gar nichts Böses
sich bewußt,
sie war betrübt, er tröstete die
trostesleere Brust;
doch selbst der Tugend Wege gehn zuerst durch
grüne Aun,
Ihr Fortgang aber bringt Gefahr, wie man auch hier
kann schaun.
Eines Abends um halb neun dachten sie allein zu
sein,
saßen, aßen, — dulze Schulze,
dachte sie,
käm nicht vor des Morgens früh,
tränke, sänke endlich schändlich
untern Stuhl,
wo er ja schon hinful
5. Doch Eifersucht und Leidenschaft, Verrat und
Niedertracht,
die hatten Friedrich Wilhelm um den Durst
gebracht,
sein Herz entbrannte drob voll böser
Jalousie,
er ahnete des Sängers Fluch bei seiner Frau
Marie,
trank darauf noch ein Glas Anis, ein Glas Anis,
ein Glas Kümmel überdies,
fluchte, suchte seinen kleinen Bambus drauf,
schlich sich zu Haus in stillem Lauf,
wankend, schwankend trat er bitter in die
Tür,
wo er findet ihn mit ihr.
6. Frau Schulze wurde ganz perplex, obwohl sie
schuldig nicht.
Der Nachbar Schulze verlor den Kopf, knöpft
zu den Rock sich dicht,
und Friedrich Wilhelm Schulze stand wie ein
geknicktes Rohr
und sprach mit fürchterlicher Stimme: Wie
kommst mich denn vor?
Wie Frau Schulze ihn noch beschwört, Schulze
jetzt auf nichts mehr hört,
drücket, knicket, fletschet, quetschet
zornentbrannt
den unschuldigen Schulze an die Wand,
trampelt, strampelt, zufft und knufft mit Bein und
Fuß,
bis die Seel der lassen muß.
7. Das erste Opfer war nun tot, jetzt packt ihn
Weiberhaß;
noch war die Wand neu tapeziert von Schulzes Blut
ganz naß,
Da schreit er höhnisch: Spatz muß sint,
die Liebe ist mich not!
schleppt die Marie ins Kellerloch und kitzelt sie
dort tot,
hackt sie noch lebendig klein, pökelt
sie wie Salzfleisch ein,
steckt sich schließlich einen Regenschirm
in´n Leib,
spannt ihn auf zum Zeitvertreib,
platzt sich dann auf solche Weise selber tot
Gnade seiner Seele Gott!