Der Aschenmann
1. So Mancher steigt herum, der Hochmut bringt ihn
um,
trägt einen schönen Rock, ist
dünner als ein Stock;
vom Stolz ganz aufgebläht, o Freundchen, das
ist öd;
wie lang stet’s denn noch an: bist auch ein
Aschenmann,
ein Aschen, ein Aschen!
2. Wenn einer was verspricht, Der
hält’s darum noch nicht;
Manch’ arme gute Haut Hat schon zu viel
getraut.
Oft baut man auf die Treu’, Als ob
s’von Marmor sei;
Auf einmal sieht man’s ein, Da steht man
ganz allein:
ein Aschen, ein Aschen!
3. Ein Mädchen kommt daher, Von
Brüss’ler Spitzen schwer;
Ich frag’ gleich, wer sie wär? Die
Köchin vom Traiteur!
Packt mit der Schönheit ein, Gehst gleich in
die Kuchel ’nein!
Ist denn die Welt verkehrt? Die Köchin
gehört zum Herd:
ein Aschen, ein Aschen!
4. Nicht jeder, ders erscheint, Ist auch ein
treuer Freund;
Es giebt oft weit und breit Entsetzlich falsche
Leut’.
Wenn mancher oft aus List Recht freundlich
einen küsst:
Da stell’ ich mich so hin Und denk’ in
meinem Sinn:
ein Aschen, ein Aschen!
5. Doch vieles in der Welt (Ich meine nicht das
Geld)
Ist doch der Mühe wert, Daß man es hoch
verehrt;
Vor allem brave Leut’. Vor Lieb’ und
Dankbrkeit,
Vor treuer Mädchen Glut, Da zieh’ ich
meinen Hut:
Kein Aschen! Kein Aschen!
6. Wie groß ist nun mein Glück In
meinem Migeschick.
Bin nur ein Aschenmann: Sie nimmt sich meiner an;
Und was das Schönste gar: Ihr’
Großmuth ist so wahr!
Drum schwing’ ich meinen Hut Und ruf’
mit frohem Mut:
Kein Aschen! Kein Aschen!
Geschichte / Kommentar:
Das Lied ist aus der Posse „Der Bauer als
Millionär“, von F. Raimund. Raimund war Schauspieldichter
und Direktor des Leopolstädter Theaters in Wien von 1817-1830).
Die Musik ist von Joseph Drechsler. Erst
Aufführung in Wien 1826, dann in ganz Deutschland gespielt und
gesungen.
Quelle:
Franz Magnus Böhme, Volksthümliche
Lieder der Deutschen im 18. und 19. Jahrhundert, Leipzig 1895 N5.674,
S. 500f.
Auf die gleiche Melodie wurde gesungen:
So Mancher geht daher (Der Knapphans), aus: Emil
Jacobsen (Allgemeiner Verein zur Verfälschung von Lebensmitteln), Liederbuch für fröhliche Fälscher nebst etlichen weisen
Sprüchen, Regeln und Glossen, Waaren 1878, S. 11.
Der Knapphans. (S.
11)
(Mel.: „So Mancher steigt herum etc.“
Lied des Aschenmann.)
1. So Mancher geht daher
Als stolzer Millionair,
Der als Armeeliefrant
Sein Californien fand,
Für schlechtes Mehl und Brot
Kriegt’ Gold statt Kraut und Loth.
Wie schaut verächtlich an
Er mich, den armen Mann,
Den Knapphans.
2. Was kann ich wohl dafür,
Dass ich nur speculir’
Auf den Kasernen-Mann,
Der Gold nicht zahlen kann.
Verfolgt nicht gleichen Zweck,
Wer bei Schnaps, Wichse, Speck
Beknappt, fälscht und beschupft
Und pfennigweise rupft
Als Knapphans?!