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Saiže mir gesund,
1. Saiže mir
gesund, main lieber Voter,
ich fohr sich
schejn vun dir awek;
einundzwanzig Johr
hostu mich gehodewet,
un haint warf ich
dich awek!
2. Saiže mir
gesund, maine liebe Mutter,
ich fohr sich
schejn vun dir awek;
unter dainem
Harzen bin ich gelegen,
un haint warf ich
dich awek!
3. Saiže mir
gesund, main lieber Bruder,
ich fohr schejn
vun dir awek;
unter ein Jarzen
sainen mir gelegen,
un haint warf ich
dich awek!
4. Saiže mir
gesund, main liebe Schwester,
ich fohr doch
schejn vun dir awek,
af daine Hand
jostu mich getrogen,
un haint war ich
dich awek!
5. Saiže mir
gesund, main liebe Fraind,
Ejner hot mich
lieb, der zwejte hot mich faint:
Saiže mir gesund,
maine liebe Sch’chejnim,
a Tejt welen
lachen, un a Tejl welen wejnen.
6. Saiže mir
gesund, maine liebe Kalle, -
Noch dir wel ich
bejnken
besser wie noch
alle!
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Soldatenabschied
1. Bleib mir
gesund, mein lieber Vater,
ich fahre heute
von dir weg;
Einundzwanzig
Jahre hast du mich erzogen,
und heute werfe
ich dich weg!
2. Bleib mir
gesund, meine lieber Mutter,
ich fahre heute
von dir weg;
Unter deinem
Herzen bin ich gelegen,
und heute werfe
ich dich weg!
3. Bleib mir
gesund, mein lieber Bruder,
ich fahre heute
von dir weg;
Unterm selben
Herzen sind wir gelegen,
und heute werfe
ich dich weg!
4. Bleib mir
gesund, meine liebe Schwester,
ich fahre heute
von dir weg;
Auf deinen
Händen hast du mich getragen,
und heute werfe
ich dich weg!
5. Bleib mir
gesund, mein lieben Freund,
der eine hat mich
lieb, der andre ist mir feind.
Bleibt mir gesund,
ihr Nachbarn meine,
die einen werden
lachen, die andern weinen.
6. Bleib mir
gesund, du Bräutchen mein,
Mein
größtes Sehen
Gilt dir allein!
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Melodie: unbekannt (trad.)
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Geschichte /
Kommentar:
Dieses
Soldatenlied hat Alexander Eliasberg
von Ginsburg und Marek übernommen
und in das Kapitel „VI.
Soldatenlieder und vermischte
Lieder“ eingeordnet. Es stammte
aus Podolien. Als Kommentar
schreibt Eliasberg:
„Dieses
Lied, wie auch das folgende, sind die
typischen jüdischen
Soldatenlieder. Sie sind zum
größten Teil in der Zeit
Nikolais 1. entstanden, als der
Militärdienst 25 Jahre dauerte.
Der junge Jude wurde aus seinem
religiösen und kulturellen Milieu
herausgerissen, um irgendwo im fernen
Osten als Jude und oft auch als Mensch
unterzugehen. Meistens war er schon
verheiratet und ließ Frau und
Kinder zurück, die er nur in den
seltensten Fällen wiedersah. Die
meisten jüdischen Soldatenlieder
sind daher herzzerreißend.“
Eliasberg gibt
folgende Worterklärungen:
Str. 1, Z. 1: že
(p) = doch. Z. 3: hodewen (p) =
aufziehen, ernähren.
Str. 5, Z. 3:
Sch'chejnim Mehrzahl von Schochejn (h) =
Nachbar.
Str. 6, Z. 1:
Kalle (h) = Braut. Z. 2: beinken (d) =
bangen. Z. 3: besser = mehr.
Fritz Mordechai
Kaufmann, der das Lied ebenfalls mit
sechs Strophen dokumentiert,
begründet die Tatsache, dass
"nicht ausdrücklich die Rede
von Soldatenwerden" sei, damit,
dass "die Umgebung in der das Lied
gesungen wird, weiß, wohin der
Abschiednehmende ziehen
muß."
Hay & Topsy
Frankl betiteln das bei ihnen lediglich
mit zwei Strophen übernommene Lied
mit "Der Opschit" und geben
eine leicht veränderte Melodie an.
Sie wissen nicht, warum der Ab-schied
sei. In der Melodie sehen sie einen
starken spanischen Anklang, der sie an
Flamenco-Musik erinnert.
Quelle:
Alexander
Eliasberg, Ostjüdische
Volkslieder, München 1918 (Georg
Müller) Nr. 58, S. 198 (Noten S.
217)
Kaufmann, Fritz
Mordechai (Hrsg.). Die schönsten
Lieder der Ostjuden. Siebenundvierzig
aus-gewählte Volkslieder
herausgegeben. Bln., Jüdischer
Verlag, (1935). Kl.8°, VIII,100 S.,
Zweite Auflage (EA 1920);
Hay & Topsy
Frankl, Wenn der Rabbi singt. Jiddische
Lieder, Gütersloh 1996 S. 108f.
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