Rote Feldpost
Während der Zeit des Sozialistengesetzes 1878 bis 1890
suchten die Sozialdemokraten nach einer Möglichkeit die im Reich
verbotene sozialistische Literatur im Ausland drucken zu lassen, um sie
illegal nach Deutschland zu schmuggeln. Der Weg und die Arte des
Versands wurde als „Rote Feldpost“ bezeichnet. Ein
besonderes Verdienst hatte sich dabei der „Vertriebsleiter“
Julius Motteler
(der rote Feldpostmeister) erworben. Ihm ist es zu verdanken, dass z. B. „Der Sozialdemokrat“ ab
Ende 1879 jede Woche auf besonderen Wegen nach Deutschland kam.
In der Schweiz gedruckt wurde die bedeutendste
international erschienene deutschsprachige sozialdemokratische Zeitung Der Sozialdemokrat.
Chefredakteur war von 1879 bis 1880 auf Vorschlag August Bebels Georg
von Vollmar. Zwischen 1880 und 1890 war es dasnn Eduard Bernstein. Der
im November 1879 nach Zürich emigrierte Motteler organisierte von
1880 bis 1888, unterstützt von Joseph Belli, als
Geschäftsführer ein reibungslos funktionierendes Transport-
und Verteilungssystem.
In Zürich befand sich das sogenannte „Rote Postamt“. Von
dieser Zentrale aus wurden über Württemberg die regionalen
„Feldpoststationen“ beliefert. Ganz im Stile eines
Geheimdienstes wurde eine Geheimschrift entwickelt und Deckadressen
verwendet. Man kann sich ungefähr vorstellen das dafür eine
gute Logistik und mehrere tausend Menschen nötig waren, um diese
„Rote Feldpost“ am Laufen zu halten. Doch außerdem
baute Motteler ein Sicherheitsdienst die „Schwarze Maske“ auf, die
auch als revolutionäre Wachmannschaft bezeichnet wurde.
Zur Entlastung sprangen zweitweise auch
Geheimdruckereien in Deutschland ein. So wurde z. B. der
Sozialdemokrat eine Zeitlang in Stuttgart, Nürnberg, Altenburg,
Hamburg und in Köln gedruckt.
Siehe auch:
Rudolf Lavant (Richard
Carl Cramer)
Während der Zeit der Sozialistengesetzte
gedruckte Liederbücher
(im Archiv vorhanden):
Sozialdemokratisches Liederbuch. 8.
veränderte Aufl., Zürich, Verlag der Volks-Buchhandlung,
1885.
Lieder:
Literatur
Joseph Belli: Die rote
Feldpost unterm Sozialistengesetz. Mit
einer Einleitung: Erinnerungen aus meinen
Kinder-, Lehr- und Wandertagen. J. H. W.
Dietz Nachfolger, Stuttgart 1912, (online).
Ernst Engelberg: Politik
und Rote Feldpost 1878–1890. Akademie-Verlag,
Berlin 1959.
Alfred Hintze: Julius
Motteler, der rote Feldpostmeister. In: Sammler-Express, Berlin
1963, S. 364.
Friedrich Pospiech: Julius
Motteler – der „rote Feldpostmeister“. Ein Streifzug
durch die Frühgeschichte der Arbeiterbewegung und die große
Zeit der Sozialdemokratie. Hrsg. von der
Marxistische Arbeiterbildung Esslingen, Informationszentrum „Hans
Rueß“. Selbstverlag, Esslingen 1977 (2. Aufl. Julius Motteler, der „rote Feldpostmeister“.
Kampfgefährte von Bebel und W.Liebknecht. Mit Marx, Engels, Bebel
und Liebknecht Schöpfer und Gestalter der deutschen und
internationalen Arbeiterbewegung. Selbstverlag,
Esslingen 1998, ISBN 3-00-007994-7).
Weblinks
Vorwärts: Rote
Feldpost