Nacht
1. Nun ist der Tag gesunken
vom Berge steigt die Nacht,
und hell mit tausend Funken
die Sternlein sind erwacht.
2. Nun über Thal und Hügel
herab vom Sternenzelt
nun schwebt mit leisem Flügel
die Freiheit durch die Welt.
3. Sie tritt an alle Hütten,
sie pocht an jedes Thor,
sie flüstert leise Bitten
den Schlummernden in’s Ohr.
4. Sie weiht mit heißem Kusse
den Jüngling und den Mann
und haucht mit leisem Gruße
auch den Gefang’nen an.
5. Sie prüft am Schwert die Schneide
sie tritt an’s Pulverfaß,
sie zählt mit stummem Neide
den Sand im Stundenglas:
6. Daß alle Seeln träumen,
daß alle Herzen glüh’n,
von Rossen, die sich bäumen,
von Thaten, stolz und kühn!
7. Daß hinter Eisengittern
selbst der Gefang’ne lacht!
Daß im Palast mit Zittern,
ein bleicher Mann erwacht.
Geschichte / Kommentar:
Quellen:
Liederbücher der Arbeiterbewegung im 19. Jh.
Sozialdemokratisches Liederbuch. Sammlung
revolutionärer Gesänge, 12. Auflage, German Printing and
Publishing Co., London 1889, Nr. 58, S. 82;