Morgenrot, Morgenrot (3)
5. Morgenrot, Morgenrot, / Jetzt ist verreist der
liebe Gott.
Drüb’n in England haben nicht zu essen,
/ Und wir haben nicht - - dagegen.
’s ist bestimmt in Gottes Rat.
6. Morgenrot, Morgenrot, / A Weißwurst ist
kein Klotzenbrot.
Tust a Maas vom Dünnbier saufen, / Kannst du
Tag und Nacht drauf - - lachen.
Ach, wenn das der Petrus wüßte.
7. Morgenrot, Morgenrot, / Mancher schiebt sich
jetzt zu Tod.
In der Zeitung steht geschrieben, / Streng
verboten ist das Schieben.
Und das haben die Mädchen so gerne.
(DVA A 108.490. Res.-Lazarett Bautzen ([Material
von Prof. A. Kutscher]).
b. Morgenrot,
Morgenrot, überall herrscht Butternot (4.
Str., S. 377f.) DVA A 58 188. Lemkendorf a. Fehmarn (Holst.), August
1919 (Schleswig-Holstein. Arch.). – Schülerniederschrift
(Orthographie hier verbessert; 45 Schönebäck =
Schöneberg).
1. Morgenrot, Morgenrot, / Kain schlug den Abel
tot.
Ein Polizeihund sucht zwölf Stunden, / Doch
er hat ihn nicht gefunden
An der Saale hellem Strande.
2. Morgenrot, Morgenrot, / Überall herrscht
Butternot.
Mancher Mann der steckt in Flandern, / Und die
Frau hat hier ein’ andern.
Ach, wenn das der Petrus wüsste.
3. Morgenrot, Morgenrot, / Sei im Krieg ein
Patriot.
Kommt der Feind auch gleich in Scharen, / Dann
lasst vor Angst man keinen - - Kameraden in Stich.
Lieb Vaterland, magst ruhig sein!
4. Morgenrot, Morgenrot, / Ein Liebespaar sitzt
ins Boot.
Schenkt er ihr auch Uhr und Kette, / So nimmt sie
dir mit ins - - Kinomonografentheater.
Es war in Schönebäck im Monate Mai.
c. Morgenrot, Morgenrot, der Krieg bringt uns in
große Not (DVA A 108 910. –
Chemnitz, 30.1.1919).
1. Morgenrot, Morgenrot, / Unsere Katze, die ist
tot.
Gestern ach, die dumme Hanne, / Hupt’ se
’nein in die Bratpfanne.
Se wollt eemal Karnickel spielen./ Wer nicht
hören will, muß fühlen.
2. Morgenrötchen, Morgenrötchen / Unser
Molly gibt nicht gern Pfötchen.
Doch vor kurzem wurde mir gleich klar, / Daß
er mal wo ’nein getreten war.
Da ließ er sich gar nicht nötigen, /
Dann gab er mir gleich sein Pfötchen.
3. Morgenrot, Morgenrot, / Die Woche gibt(s)
bloß 4 Pfund Brot.
Arbeitst du schwer, da gibt’s sieben /
Schwerarbeiterkartoffeln und Kohlrüben.
Und da leidst du keine Not – / Na, ich lache
mich halb tot.
4. Morgenrot, Morgenrot, / Der Krieg bringt uns in
große Not.
Fleisch gibt’s die Woche 150 Gramm, / Da
leeft een ’s Fett im Mund zusamm,
Und vor wur wird man ganz triste. / Ach, wenn das
der Petrus wüsste.
5. Morgenrot, Morgenrot, / Alles schreit
Schockschwernot.
Butter gibt’s e Stück so kleene, /
Marschtenteels da gibt’s och keene.
Salz und Brot macht Wangen rot, /
Hältst’s nicht aus, gehst du kapot.
6. Morgenrot, Morgenrot, / Geht das so fort, ist
groß die Not.
Nicht zu essen, nicht zu beißen, / Man kann
vor Hunger kaum noch - - schlafen.
Aus ist das Lied vom Morgenrot, / Leben Sie wohl,
ich geh jetzt fort.
Marschtenteels = „mehrstenteils",
meistenteils, meistens.
d. Morgenrot, Morgenrot, / En Elberfeil (=
Elberfeld) es Ärpelsnot.
Use Väder leien em Schützengrawen, / Wie
arme Blagen kriegen nix en den Magen,
Äs die fulen Adkohlraben.
DVA A 83 056. Elberfeld, März 1917. Einges.
Von O. Schell, Elberfeld (Rhein. Arch.).
Ärpel = _Erdäpfel, Kartoffeln.
Vgl. auch den folgenden Spruch, ebenfalls aus
Elberfeld, März 1917 (O. Schell):
Im Jahre 1916 und 17, / Do wor ’ne
Erpelsnot,
Do schlogen seck de Wiewer / Öm enen Erpel
bloß.
O, du Waldemar! / Wat sind de Erpel rar.
O, du Waldemar! / Wat sind de rar.
DVA A 83 052. – Zum Anfang vgl. Nr. 265.
Soldatenparodien auf „Morgenrot,
Morgenrot“ waren schon vor dem Weltkrieg bekannt und dienten mit
ihrem Anfang Morgenrot / git’s ein
Brot offenbar als Ausgangspunkt
für die Weltkriegsparodien in Nr. 259 und 260:
e.
1. Morgenrot, Morgenrot, / Aller 4 Tagen
gibt’s ein brot.
2 M 20 die Dekate [Dekade], / Dafür
müssen wir Soldaten
Präsentiern und Schildwach stehn.
2. Kaum gedacht, kaum gedacht, / Ist die
Löhnung durchgebracht!
Gestern noch bei vollen Flaschen, / Heute leer in
allen Taschen,
Morgen geht das Pumpen los.
3. O wie bald, o wie bald / Sang und
Gläserklang verhallt!
Und der Wirt will uns nichts borgen, / Weil wir
leben ohne Sorgen,
Sonst auch niemand borgen mag.