Reiters Morgenlied
1. Morgenrot,
Leuchtest mir zum frühen Tod?
Bald wird die Trompete blasen,
Dann muß ich mein Leben lassen,
Ich und mancher Kamerad!
2. Kaum gedacht,
War der Lust ein End’ gemacht.
Gestern noch auf stolzen Rossen,
Heute durch die Brust geschossen,
Morgen in das kühle Grab!
3. Ach, wie bald
Schwindet Schönheit und Gestalt!
Tust du stolz mit deinen Wangen,
Die mit Milch und Purpur prangen?
Ach, die Rosen welken all!
4. Darum still
Füg’ ich mich, wie Gott es will.
Nun, so will ich wacker streiten,
Und sollt’ ich den Tod erleiden,
Stirbt ein braver Reitersmann.
Geschichte / Kommentar:
Das Gedicht schrieb Wilhelm Hauff 1824. F. M.
Böhme stellt in seinen „Volkstümlichen Lieder der
Deutschen im 18. und 19. Jh.“ fest, dass es „eine
Umdichtung des aus dem 18. Jh. stammenden Volksliedes: „Gut
gedacht. :,: Aller Freud’ ein End gemacht“ sei. Das
Volkslied wiederum „ist wieder ein umgemodeltes Lied von G. Chr.
Günther 1745: ‘Wie gedacht’ etc.“ Publiziert
sind die Verse erstmals 1824 in „Kriegs- und Volkslieder“
(Stuttgart 1824. S. 84).
Im Jahre 1870 fand das Morgenroth wieder eine
Umbildung zum Abendrot durch ein Gedicht von Emil Sommer:
„Abendlied eines verwundeten Kriegers auf dem
Schlachtfelde.“ Nach Wolfram (Nassauer Vl. S. 213.) heißt
der Anfang:
Abendroth, :,:
Leuchtest manchem nun zum Tod:
Wie viel Blut war heut vegossen,
Ach wie liegen sie zerschossen
Auf dem weiten Leichenfeld! (6 Strophen)
In der Arbeiterbewegung taucht das Lied erstmals
1855 in „Deutsche Lieder“ vom „Bildungs-Verein
für Arbeiter in Hamburg“ auf.
Wolfganag Steinitz hat in seiner Sammlung eine
ganze Reihe verschiedener Parodien auf das Lied in einer jeweils etwas
anderen Situation des Ersten Weltkrieges. [mehr]
Quellen:
Berliner Turnlieder - Buch. Mit einstimmigen
Singweisen, Berlin, bei Wilhelm Besser, ca. 1850 (?) Nr. 28, S. 35.
F. M. Böhme, Volkstümliche Lieder der
Deutschen im 18. und 19. Jh., Nr. 575, S. 432.
Deutsche Lieder, Herausgegeben vom Bildungs-Verein
für Arbeiter in Hamburg, Hamburg 1855 Im Verlag des
Bildungs-Vereins, Druck von A. F. M. Kümpel, große
Reichenstraße Nr. 76, S. 97f.
Als der Großvater die Großmutter nahm.
Ein Liederbuch für altmodische Leute, Leipzig (Insel-Verlag) 5.
veränderte Auflage, S. 452f., Einleitung Anton Kippenberg u.
Friedrich Michael (1. Aufl. 1885; Einlei-tung Gustav Wustmann).
Ernst Klusen, Deutsche Lieder, Frankfurt am Main
1980, S. 508:
Wolfgang Steinitz, Dt. Volkslieder demokratischen
Charakters aus sechs Jahrhunderten, Berlin (Ost) 1962, Bd. 2 S. 374ff.