Krambambuli
1. Crambambuli, das ist der Titel
Des Tranks der sich bey mir bewährt
Es ist ein allgemeines Mittel
Wenn mir was böses wiederfährt
Und leid ich an Melancholie
Trink ich ein Glas Crambambuli
2. Reißt’s mir im Leib,
reißt’s mir im Magen
Hab ich zum Essen kein Lust
Wenn mich die bösen Grillen plagen
Hab ich Katarrh auf meiner Brust
Bedien ich statt der Medicin
Mich einzig des Crambambuli
3. Soll ich für Ehr und Freyheit fechten
Fürs Vaterland den Feind erspähn
Gleich blickt der Stahl in meiner Rechten
Ein Freund wird mir zur Seite stehn
Da trinkt man nach gehabter Müh
Ein volles Glas Crambambuli.
4. Sollt ich etwa zur Hochzeit schreiten
Mit einem tugendsamen Weib
Kein großes Mahl werd ich bereiten
Sie ist mir g’nug zum Zeitvertreib
Anstatt Kaffee den mag ich nie
Trink ich ein Glas Crambambuli
5. Wer wider uns Crambambulisten
Zur Ungebühr die Nase rümpft
Den halten wir für keinen Christen
Weil er auf Gottes Gaben schimpft
Ich gäb ihm, wenn er Zeter schrie
Auch nicht ein Glas Crambmabuli1
22. Krambambuli, so heißt der Titel,
womit dich ein Starost beehrt;
du bist das süße Labungsmittel,
das Danzigs Officin gewährt.
Halb klingst du deutsch, halb popolsky,
recht majestätisch Krambambuli.
Geschichte / Kommentar:
Unter dem Namen Crambambuli wurde im 18.
Jahrhundert im Lachs zu Danzig ein Liquer gebrannt, der einem
Kirschwasser ähnlich gewesen sein soll.
Der Lachs ist nach mittelalterlich patricischer
Sitte der Name für ein dortiges Haus in der Breitgasse, worin von
holländischen Einwanderern (Monnonisten) 1598 eine
Branntwein-Fabrik gegründet wurde. Es vererbte sich stets in
Familie oder Verwandschaft weiter, wie auch die besonderen Geheimnisse
der Zubereitung der verschiedensten Liquersorten. Das Geschäft,
sowie seine Erzeugnisse führen einen Lachs als Etiquette, doch
wohl nach dem Hause, in dem es betrieben wurde. Die Gebäude
gehörten bis etwa zum Ende des 18. Jahrhunderts dem Kloster zu
Olivia an ... (2)
Die Schnäpse aus Danzig hatten nicht zuletzt
durch Lessings Minna von Barnhelm ein Gläschen echten veritablen
Danziger Lachs eine Berühmtheit erlangt, die heutige
Schnapskonzerne neidisch machen würde. Doch nicht nur diese
Berühmtheit läßt einen Vergleich mit der heutigen
Wirtschaft zu, auch die Werbemethoden waren bereits beachtlich.
1745 erschien unter der Überschrift
„Der Krambambulist“ ein Gedicht mit sage und schreibe 102
Strophen, in denen die unterschiedlichsten Varianten einer Lobeshymne
auf eben gerade dieses Getränk vom Stapel gelassen werden. Der
gebürtige Sachse Christoph Friedrich Wedekind (oder Wittekind) war
um 1747 Sekretär beim Prinzen Georg Ludwig von Holstein-Gottorp
und ebenfalls preußischer Generalmajor. Er soll unter dem
Pseudonym „Koromandel“ diese Verse geschrieben haben. (3)
Das Lied stand unter dem Einfluss eines anderen, das bereits vor 1740
bekannt war, das Kanapee-Lied. (Das Kanapee .... mit dem Refrain: Die
Seele schwingt sich in die Höh`. Der Leib bleibt auf dem Kanapee).
(4) Auf dieses Lied werde ich an dieser Stelle nicht näher
eingehen, da uns das zu weit vom Weg abführen würde.
Von der Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts
bildete das „Epos“ den Fundus für eines der am
häufigsten gesungenen Studentenlieder. Außer an den
Hochschulen scheint das Studentenlied hauptsächlich im
Südwesten Deutschlands, der Schweiz und Lothringen gesungen worden
zu sein (darauf deuten die Aufzeichnungen mündlicher
Überlieferung des DVA hin. Daraus das folgende Beispiel:
Es ist sicher nicht notwendig, näher auf den
Text des Liedes einzugehen, da er für sich selber spricht. Aber es
ist notwendig ihn zu kennen, um die doppelte Parodierung des, bei
Johann Most erwähnten Liedes zu verstehen. Hier der
vollständige Text der , wie erwähnt, auch in dem von Most
herausgegebenen Liederbuch enthalten ist - leider nur mit der
Verfasserangabe „E“
1 DVA
Nr. 171812. - Handschr. Liederheft „Bernhard Schulzer von
Hunspach“, Kr. Weißenburg, Elsass. 1781.
2 A.
Treichel Das Lied vom Krambambuli. In: Separat-Abdruck aus der Altpr.
Monatsschrift Bd. XXVIII. 3 Hft. 3 u. 4.1891. Königsberg in Pr.
1891, S. 338.
3
Vgl. A. Kopp. Wedekind und Krambambuli. Altpreußische
Monatsschrift 32 (1895) Nr. 34. S. 296-310.
4
Vgl. Max Friedländer. Commersbuch, mit kritisch-historischen
Anmerkungen versehen. 3. Aufl. Leipzig 1911, Edit. Peters Nr. 2666, Nr.
28.
5 Aus:
Neuestes Proletarier-Lieder-Buch / von verschiedenen Arbeiterdichtern
/ gesammelt von Joh. Most. Chemnitz 1873 (3. Auf.) Nr. 15, S. 28-30.
6
Heinrich Mann: Der Untertan. München 1985. S. 119 f. [zuerst 1918
erschienen].