Ems 1870
1. König Wilhelm saß ganz heiter
jüngst zu Ems dacht gar nicht weiter
an die Händel dieser Welt.
Friedlich, wie er war gesunnen,
trank er seinen Krähnchenbrunnen
als ein König und ein Held.
2. Da trat in sein Kabinette
eines Morgens Benedette,
den gesandt Napoleon.
Der fing zornig an zu kollern,
weil ein Prinz von Hohenzollern
sollt auf Spaniens Königsthron.
3. Wilhelm sagte: „Benedettig!
Sie ereifern sich unnötig,
brauchen Sie man nur Verstand!
vor mir mögen die Spaniolen
sich nach Lust ´nen König holen,
mein´thalb aus dem Pfefferland.
4. Der Gesandte, so beschieden
war noch lange nicht zufrieden,
weil er´s nicht begreifen kann.
und er schwänzelt und er tänzelt
um den König und scharwenzelt,
möcht es gerne schriftlich han.
5. Da sieht unser Wilhelm Rexe
sich das klägliche Gewächse
mit den Königsaugen an
Sagte gar nichts weiter, sundern,
wandte sich, so daß bewundern,
jener seinen Rücken kann
6. Als Napoleon das vernommen,
ließ er gleich die Stiebeln kommen,
die vordem sein Onkel trug.
Diese zog der Bonaparte
grausam an, und auch der zarte
Lulu nach den seinen frug.
7. So in grauser Kriegesrüstung
rufen sie in stolzer Brüstung:
„Auf Franzosen, übern Rhein!“
Und die Kaiserin Eugenie
ist besonders noch diejenige,
die ins Feuer bläst hinein.
8. Viele Tausend rote Hosen
stark nun treten
die Franzosen
eiligst untern Chassepot,
blasen in die
Kriegstrompete,
und beim Heere à la
tète
brüllt der tapfre Turiko.
9. Der Zephyre, der Zuave,
Der Spahi und jeder Brave
von der Grande nation.
An zweihundert Mitrailleusen
sind mit der Armee gewesen
ohne sonstiges Kanon.
10. Deutschland lauschet mit Erstaunen
auf die fränkschen Kriegsposaunen,
ballt die Faust, doch nicht im Sack.
nein, mit Fäusten, mit Millionen,
prügelt es auf die Kujonen,
auf das ganze Lumpenpack.
11. Wilhelm spricht mit Moltk´ und Roone
Und spricht dann mit seinem Sohne:
„Fritz, geh hin und haue ihm!!“
Fritze, ohne lang zu feiern,
nimmt sich Preußen, Schwaben, Bayern,
geht nach Wörth und hauet ihm.
12. Haut ihm, daß die Lappen fliegen,
Daß sie all die Kränke kriegen
in das klappernde Gebein.
daß sie, ohne zu verschnaufen,
bis Paris und weiter laufen.
Und wir ziehen hinterdrein.
13. Unser Kronprinz, der heißt Fritze,
und der fährt gleich einem Blitze
unter die Franzosenbrut.
Und, ob wir uns gut geschlagen,
Weißenburg und Wörth kann sagen:.
denn wir schrieben dort mit Blut.
14. Ein Füsilier von dreiundachtzig
hat dies nette Lied erdacht sich
nach der alten Melodei.
Drum ihr frischen, blauen Jungen,
lustig darauf losgesungen,
denn wir waren auch dabei.
Geschichte / Kommentar:
Das Lied schrieb in Anbetracht auf den
deutsch-französischen Krieg von 1870/71 Wonrad Kreusler (1870) auf
die Melodie von „Prinz Eugen, der edle Ritter“,
Quelle:
Architekten-Liederbuch. Herausgegeben von dem
Verein "Motiv", Berlin 1871, Nr. 214, S. 218. (14 Str.)
Klabund [Alfred Henschke], Das deutsche
Soldatenlied, wie es heute gesungen wird, München 1916. S. 164ff.
(Von Dr. Wolrad Kreusler, 1870.)
Ludwig Erk, Allgemeines Deutsches Commersbuch,
Lahr 1919, Nr. 91, S. 81f.