Freiligrath, Ferdinand

Zu Worten wie „Neger“, Mohr und Afrika (2)
Aus: Schmidt-Weißenfels, Ferdinand Freiligraths Werke in neun Bänden, Verlag von Th. Knaur Nachf., o. J. Bd. 1, Berlin - Leipzig, 1905, Erster Band (Balladen und Romanzen)



Schmidt-Weißenfels, Band 1, Alexandriner, S. 89

Afrikanische Huldigung.

Ich lege meine Stirn auf deines Thrones Stufen;
Ich führe dieses Heer von hunderttausend Hufen,
Ich führe diesen Raub und diesen Sklaventroß,
Ich führe diese Schar von Ringern und von Schützen,
Die mit dem Dolch gewandt den Bauch der Feinde schlitzen.
Zurück, o König, vor dein Schloß!

Gewonnen ist die Schlacht! Wir waren gute Schlächter!
Der Feinde König fiel, ein schlanker, wilder Fechter!
Sein langer Hals war nackt, mein Säbel schnell und scharf.
Im Sande liegt sein Rumpf, der Tigerin zum Mahle.
Erlaube, daß ich dir auf dieser goldnen Schale
sein triefend Haupt verehren darf.

Es trieft von Öle nicht, von Narden und von Salben:
Es trieft von rotem Blut, Gebieter! deinethalben!
Doch dir zum Salböl wird dies dunkle Dschaggasblut.
Ich salbe dich zum Herrn des Reiches, das ich raubte;
Die volle Schale leer' ich über deinem Haupte
Auf deiner goldnen Krone Glut.
Und jene, die gezackt und blankt mit gelbem Scheine
Dies tote Haupt umblitzt, jetz schmücke sie das deine!
Heil, daß ich ihren Glanz auf deiner Stirne seh'!
Führt die Gefangnen vor! schwingt die g4ewicht'gen Keulen,
Und durch Trompetenschall und der Erschlagnen Heulen
Jauchzt: Heil dir, Fürst von Dahomeh!


S. 97
Am Kongo.



An Afrika.

Ihr wunderbaren Zonen,
Du fernes Zauberland,
Wo dunkle Menschen wohnen,
Geschwärzt vom Sonnenbrand;
Wo alles blitzt und funkelt,
Wo der Sonne Strahlengold
Das rechte Gold verdunkelt,
Das glitzernd in den Flüssen rollt:

Mit Wald und Wüste voll Grauen
Seh' ich euch vor mir stehn;
Die grünen Palmen beschauen
sich in den blauen Seen;
Wilder Tiere Stimmen erschallen
Aus Felsgeklüft und Höhl',
Und mit gewichtigen Ballen
Beschwert der Berber das Kamel.

Es wäscht der lockige Neger
Aus Flußsang goldne Körner;
Ernst hebt der Himmelsträger,
Der Atlas, seine Hörner
Und seine Felsenkanten,
Von Sonnenglut erhellt,
Und graue Elefanten
Zermalmen schweren Schritts das Feld.

Der Löwe netzt die Mähne,
Und badet sich im Flusse;
Jach schießen braune Kähne
Vorbei mit schnellem Schusse;
Sie rudern ob den Tiefen,
Und tragen Datteln und Harz,
Und Mohrenhäupter triefen,
Und tauchen aus den Wellen schwarz.

Du glutenreiche Zone,
Der Erde Königsland!
Die Sonn' ist deine Krone,
Sand ist dein gelb Gewand;
Und golden sind die Spangen,
Du königliches Weib,
Die es mit feurigem Prangen
Dir heften um den heißen Leib.

Der Strand, der glühende, nackte,
Mit Klippen und mit Dünen,
De wunderlich gezackte,
Muß dir als Schemel dienen;
Das Meer, den Schemel säumend,
Der hoch es überragt,
Wäscht deine Sohlen schäumend
Als eine dienstbeflißne Magd.

Sinnend auf Scharlachdecken,
Ruhst du! - wie lich sie blinken!
Gefleckte Panther lecken,
Die Finger deiner Linken,
Weil künstlich deine Rechte,
Mit Ringen reich geschmückt,
Zu einer falben Flechte
Das Mähnenhaar des Leu'n verstrickt.


Und dann, es lösend wieder,
Ein fünfgezahnter Kamm,
Vom starken Rücken nieder
Des Haares dichten Stamm
Bius abwährts auf die Pranken,
Die scharfen, kämmt und streicht,
Und herrisch die geschlanken
Giraffen durch die Wüste scheucht,

Auf deiner Achsel sitzend,
Mit Plaudern und Geschrei,
In bunten Federn blitzend,
Wiegt sich der Papagei,
Legt seines Schnabels Krümme
Dicht an dein horchend Ohr,
Und schwatzt mit heller Stimme
Dir seltsamliche Märchen vor.

Dein Haupthaar ziert von Seide
Ein Turban, bunt geblümt,
Ein köstliches Geschmeide,
Wie es Sultanen ziemt,
Aus tausend kleinen Ringen
Zur Kette fest vereint,
Legt sich mit goldnen Schlingen
Um deinen Hals, den Glut gebräunt.

Wer hat dich je gesehen
In deiner ganzen Pracht?
Waldhüllen, dichte, wehen
Mit dunkelgrüner Nacht
Vor deinem Türkenbunde,
Vor deiner Wange Samt,
Vor seinem Purpurmunde,
Vor seinem Aug', das düster flammt.

Keiner, der ohne Schleier,
O Königin, dich sah!
Wohl trat dir mancher freier
Mit keckem Schritte nahÄ;
Die Schleier wollt' er heben,
So dein Gesicht umziehn,
Doch büßen mit dem Leben
Mußt' er sein Wagstück, allzu kühn.

Von deinem Thron mit Dräuen
Erhubst du zürnend dich:
"Schüttelt die Mähne, Leuen"
Zerreißt ihn, kämpft für mich!
Sonne, dein Strahlenfeuer
Entschleudre keinem Zelt,
Auf daß es dem Entweiher
Versengend auf den Scheitel fällt!"

S. 7
"Giftwinde, eurem Qualme
Erliege seine Kraft!
Bei jeder Dattelpalme
Schreck' ihn ein Lanzenschaft!
Ihr Neger mit dem krausen
Haarwuchs, bringt mir sein Blut!
Laßt eure Pfeile sausen,
Und trefft das Herz des Frevlers gut!"

Da spring mit wildem Satze
Der Leu, und brüllt vor Lust,
Und schlägt die breite Tatze
In des Erschöpften Brust;
Da grinst aus jedem Strauche
Ein Mohrenkrieger schlank,
Da fegt mit gift'gem Hauche
Der Smum die dürre Wüste blank.

In seines Nenners Flanke
Drückt der Dschaloff den Sporn -
Wie mag der Müde Blanke
Entrinnen solchem Zorn?
Blutend aus tausend Wunden
Stürzt auf den Sang er hin;
Den Tod hat er gefunden
Durch dich, furchtbare Sultanin!

Die er enthüllen wollte
Den Augen aller Welt,
Und die darob ihm grollte
In ihrem Palmenzelt!
Er wollte dich verklären
In deinem Heiligtum -
Wie mochtest du ihm wehren,
Was er begann zu deinem Ruhm?

Die nach dem Blute dürsten
Des weißen Mannes dich sahn,
Demüt'ge Negerfürsten,
Sie bieten es dir an.
Du schwingst das goldne Becken,
So licht das Blut umblitzt,
Daß mancher Purpurflecken
Auf deinen grünen Schleier spritzt.

Die schwellenden Lippen drückst du
An des Gefäßes Rand;
Mit wildem Lächeln blickst du
auf den goldgelben Sand.
Im Sande ruht die Leiche;
Die Sonne brennt gar heiß; -
Durch Zeiten und durch Reiche
Klingt deiner toten Buhlen Preis!

(2. Prof. Dr. K. Macke, Ferdinand Freiligraths Werke. Neue Pracht-Ausgabe, Verla von W.  Herlet, Berlin, o. J.) S. 6
 
 
 
 
 
 
 
 
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