Das Lied von der häßlichen Einrichtung
1.
Es ist im Leben häßlich eingerichtet,
daß bei der Penne gleich die Krauter stehn
und wie der Kunde immer sinnt und dichtet
am Schlusse muß er doch noch Arbeit sehn.
In seinen Augen konnte man es lesen,
von Arbeitsgeist und Schaffenslust kein Schein.
Behüt dich Gott, es war so schön in
Gnesen,
behüt dich Gott, wie wird’s in Posen
sein?
2.
Das Haupt gesenkt, die Abeitsscheu im Blicke,
zieht unser Kunde hinterm Krauter her;
wie sehnt er nach der Penne sich zurücke,
wie ist sein Leben jetzt so aussichtsleer.
Doch kommt’s wie’s kommt, im Guten
oder Bösen,
denn in die Werkstatt muß er nun hinein:
behüt dich Gott, es wär so schöne
gewesen,
behüt dich Gott, es hat nicht sollen sein!
3.
Beim Krauter hielt der Kunde aus drei Tage,
dann zog’s ihn mächtig nach der Penne
hin.
Nicht mehr ertragen konnte er die Plage,
nur auf die Fahrt zu steigen war sein Sinn.
und schleunigst tippelt wieder er nach Gnesen,
der Kohlendampf zog mächtig in hn ein:
behüt dich Gott, es wär so schön
gewesen,
behüt dich Gott, es hat nicht sollen sein.
WB:
Penne = Herberge.
Krauter = Meister.
auf die Fahrt steigen = betteln gehen.
Tippelt = wandern.
Kohlendampf = Hunger.
Geschichte / Kommentar:
Das Lied hat Hans Ostwald (Bd. 2) von
früheren Orientkunden übermittelt bekommen. Es handelt sich
um eine Parodie auf einen Text des Malerpoeten Joseph Viktor von
Scheffel (1826-1886)
Quellen:
Hans Ostwald, Lieder aus dem Rinnstein Bd. 2,
Leipzig und Berlin, 1904, S. 96f. (2.5.57)
Dr. Karl Reisert, Deutsches Kommersbuch, Freiburg
1896, S. 268f.