Die Wacht am Rhein (2)
3. Und wer kein Feigling und kein Knecht
Wer Freiheit liebt, Wahrheit und Recht
Und will’s bezeugen mit der That
Der komm’ zu uns, werd’ Demokrat.
Droht noch so sehr die Tyrannei,
Fest steht und treu die Volkspartei!
Droht noch so sehr, so sehr die Tyrannei,
Fest steht und treu, ja treu, die Volkspartei!
G. H. (1895).
1889 fanden überall im Deutschen Reich
Streiks der Bergleute für mehr Lohn und den Achtstundentag statt.
Carl Köhler und John Meier dokumentierten in ihrer Studie
Volkslieder von der Mosel und der Saar19 zwei Streiklieder, die ebenfalls auf die Melodie
der Wacht am Rhein gesungen wurden. Das erste Lied entstand
während eines großen Streiks im Saargebiet und behandelt die
Verhaftung des Bergarbeiter-Führers Barken. Dazu schrieben
Köhler/Meier:
„Die Gedichte oder richtiger Gesänge
waren in der Streikzeit des Jahres 1889 außerordentlich beliebt
und wurden fast in jeder Streikversammlung gesungen ... „20
Es braust ein Ruf so schnell wie Pest, dass Warken
sitzet im Arrest
1. Es braust ein Ruf
so schnell wie Pest,
daß Warken sitzet im Arrest.
Vom Bildstock bis zu Von der Heydt
Sind wir gerührt in tiefem Leid.
:|:Kam’raden, wie müssen einig sein,
Fest stehn wir treu zum Rechtschutzverein! :|:
2. So lang ein Tropfen
Blut noch rinnt
Und eine Faust das Fäustel schwingt,
So lang’ wir noch all’ einig sein,
Hat keiner was am Rechtschutzverein.
:|:Kam’raden, wie müssen einig sein,
Fest stehn wir treu zum Rechtschutzverein! :|:
3. Vierundzwanzigtausend
Mann,
Die melden sich dem Rechtschutz an,
Es herrscht im ganzen Saarrevier
Einigkeit, die schönste Zier.
:|:Kam’raden, wie müssen einig sein,
Fest stehn wir treu zum Rechtschutzverein! :|:
4. Die
Vertrauensmänner hann gefaßt
Zu lösen Warken aus der Haft,
Den treuen tapfren Präsident,
So haben wir ihn mit Recht genennt
:|:Kam’raden, wie müssen einig sein,
Fest stehn wir treu zum Rechtschutzverein! :|:
5. Dem
Rechtschutzverein müssen wir uns weihn,
So lang wir alle Bergleut’ sein,
Mit Verachtung werden all’ gestraft,
Die ihnen gerne weggeschafft.
:|:Kam’raden, wie müssen einig sein,
Fest stehn wir treu zum Rechtschutzverein! :|:
6. Der Warken ist ein
Ehrenmann,
Er tut für uns, was er nur kann,
Er büßt sein’ Strafe mit Geduld,
Drum sind wir mit in seiner Schuld.
:|:Kam’raden, wie müssen einig sein,
Fest stehn wir treu zum Rechtschutzverein! :|:
Er lebe hoch, er lebe hoch, hoch, hoch, er
lebe hoch,
Der Warken, der soll leben hoch!
Köhler-Meier, Mosel und Saar haben diese
Parodie aus Püttlingen, Kr. Saarbrückenim Frühjahr 1889
gehört (Nr. 366; S. 458). Weiter heißt es dazu: „Die
Lieder des Anhangs [hier Nr. 113-115] habe ich als Specimina moderner
volkstümlicher Poesie gegeben. Die Gedichte oder richtiger
Gesänge waren in der Streikzeit des Jahres 1889
außeror-dentlich beliebt und wurden fast in jeder
Streikversammlung gesungen … [Nr. 113] zeigt Anlehnung an die
Wacht am Rhein."
Nach elf Jahren Sozialistengesetz streikten die
Saarbergarbeiter nachhaltig für ihre Forderungen nach besseren
Arbeitsbedingungen. Bereits während des Streiks wurde das Lied auf
den „Bergarbeiterführer“ Warken gedichtet.
1) gl. Moßmann/Schleuning, Alte und neue
politische Lieder, Reinbeck, 1978, S. 17ff.
2) 34) Melodie von Robert Schumann, 1810-1856.
3) Moßmann/Schleuning, S. 29.
4 Aus:
Social= demokratische Lieder und Gedicht von Friedrich Polling,
Arbeiter, Dessau, 1869, S. 6f.
5 Text:
K. Wiegleb. Aus: Neuestes Proletarier-Lieder-Buch von
verschiedenen Arbeiterdichtern, gesammelt von Joh. Most, Chemnitz, 1873
(3. Aufl.) Nr. 35, S. 64/65./1875 (5. Aufl.) Nr. 25, S. 47/48. (Hrsg.:
Gustav Geilhof).
6 Arbeitend
leben oder kämpfend sterben! Dies ist der Wahlspruch, welchen die
Lyoner Seidenweber bei ihrem Aufstand im November 1831 auf ihre
schwarze Fahne schrieben.
7 Text:
H.G. Aus: Inge Lammel/Peter Andert, Und weil der Mensch ein Mensch
ist, Dortmund/Leipzig, 1986, Nr. 52, S. 82f. - Fotokopie der Zeitung.
8 3. Aufl.
1873, Nr. 11, S. 21-23.
9 Quelle
3: S. 12f.; Quelle 4: Nr. 5, S.12f.; Quelle 5: Nr. 6, S.10f.; Quelle 6,
S. 20f.; Quelle 8, S. 28f.
10 Lammel/
Andert, S. 82.
11 Lammel/
Andert, S.
12 Vgl.
Helga Stachow, „Die roten Banner leuchten“ in:
Vorwärts - und nicht vergessen. Arbeiterkultur in Hamburg um 1930,
Hamburg, 1982.
13 Quelle
1: Nr. 18, S. 33-35; Quelle 2: Nr.14, S. 27ff.; Anderung in Quelle
2, Nr. 14, Str. 4/1: Des Wissens Schwert entfliegt der
Scheid’; Änderung in Quelle 2, Nr. 14, Str. 4/3: In harter,
doch nicht blut’ger Schlacht.
14 Quelle
6: S. 23f.; Quelle 7: S. 20 f.; Quelle 8: S. 62f.
15 Moßmann/Schleuning,
S. 42.
16 Quelle
3: Nr. 46, S. 82-84; Quelle 4: Nr. 51, S. 91-93; Quelle 5: Nr. 47,
S. 65f.
17 Moßmann/Schleuning,
S.38f.
18 Text:
G.H, 1895.
19 Halle,
1896.
20 Köhler/Meier,
S. 485; zit. nach: W. Steinitz, Deutsche Volkslieder
demokratischen Charakters aus sechs Jahrhunderten
Quelle:
Franz Magnus Böhme, Volksthümliche
Lieder der Deutschen im 18. und 19. Jahrhundert, Leipzig 1895 Nr. 3, S.
3f.
Demokratisches Liederbuch zum Gebrauch der
Volksvereine. Hrsg. von einer Kommission des Demokratischen Vereins in
München, Stuttgart 1895, Nr. 34, S. 37
Vgl. Moßmann/Schleuning, Alte und neue politische Lieder,
Reinbeck, 1978, S. 17ff.
Köhler-Meier, Mosel und Saar Nr. 366; S. 458
Wolfgang Steinitz, Dt. Volkslieder demokratischen
Charakters aus sechs Jahrhunderten, Bd. 1 Berlin (Ost) 1955, S. 287f.
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