Arbeiter-Mailied.
Endlich sind des Winters Plagen
Wieder in den Bann gethan,
Und auf seinem Sonnenwagen
Stürmt der junge Lenz heran.
Aus des Hauses dumpfen Gängen
Lockt er uns zum grünen Hag,
Wo wir unter Laubgehängen
Und in Jubelchorgesängen
Feiern unsren Maientag!
2. Was in eis'ger Nächte Grauen
Manchen Kämpfers Muth bedrückt -
Es zerfließt im Frühlingstauen,
Das die Menschenbrust entzückt!
Lichtentflammt is unser Denken,
Frei ist unsrer Herzen Schlag:
Laßt uns unsre Fahnen schwenken
Und die Sinne Aller lenken
Auf der Arbeit Maientag!
3. Laßt zur Festesstimmung heute
Alle Räder stille stehn:
Unsrer Seelen Festgeläute
Soll des Friedens Hauch umwehn!
Nichts kann unsren Geist bezwingen,
Wie die Welt auch dräuen mag.
Unter seinen mächt'gen Schwingen
Millionen sich umschlingen
An der Arbeit Maientag! -
4. Arbeitsbrüder aller Zonen,
Arbeitsschwestern, sei gegrüßt!
Wo der Freiheit Kämpfer wohnen,
Sei der Freiheit Mund geküsst!
Bis die Einheit unsrer Schaaren
Endet aller Knechtschaft Plag':
Laßt im ewig Wandelbaren
Uns der Herzen Gluth bewahren
Für der Völker Maientag! -
5. Es entflieht die schöne Stunde,
Es verrausch des Festes Schall.
Flieg hin, du stolze Kunde,
Ueber'n ganzen Erdenball:
"Zählt auf uns im Sturmesgrollen,
Zählt auf uns im Wetterschlag,
Denn wir wissen, was wir wollen -
Einen großen, wonnevollen
Welterlösungs-Maientag!"
London, März 1890.