Das Lied vom Teilen
Das Teilen, das ist unsre Freud’,
Das Teilen.
Es lieben alle braven Leut’
Das Teilen.
Sozialdemokrat könnt’ der nicht sein,
Dem niemals fiel das Teilen ein
Das Teilen.
Zu lernen brauchen wir’s nicht mehr
Das Teilen.
als Kinder übten wir schon sehr
Das Teilen.
Die Suppenschüssel war nur klein,
Drum mußte fein berechnet sein
Das Teilen.
Gar früh lernt so der arme Wicht
Das Teilen.
Der reiche Mann, der kennt es nicht
Das Teilen.
Er greift ins Volle keck hinein,
Nicht zimperlich; es ist nicht fein
Das Teilen.
Der Taglohn, klein und leicht, ist schwer
Zu Teilen.
So übten wir uns immer mehr
Im Teilen.
Sechs Tage lohn, für sieben Brot
Da machte oft nicht wenig Noth
Das Teilen.
Die Zeit nur macht uns wenig Pein
Zu Teilen.
Da will man gern behilflich sein
Beim Teilen.
Die Arbeit lang und kurz die Ruh,
Die Langweil’ fällt dem Reichen zu
Beim Teilen.
Ja, Freude hat uns gar gebracht
Das Teilen.
Wir haben uns zur Pflicht gemacht
Das Teilen.
Wir stehen für einander ein.
Die Noth, die will gemildert sein
Durch Teilen.
Des Kampfes Müh’n verschwinden schier
Durchs Teilen.
Des Sieges Freud’ vergrößern
Durch Teilen.
Theilt und beherrscht, sei das Panier!
Die Gegnerschaar zersplittern wir
Durch Teilen.
Es faselt der Philister was
vom Teilen.
Ihm scheint ein ganz verwünschter Spaß
Das Teilen.
Drum singen wir im vollen Chor
Ihm dieses Lied zum Hohn ins Ohr
Vom Teilen.
Geschichte / Kommentar:
Den Text auf die Melodie „Das Wandern ist
des Müllers Lust“ schrieb Andres. Gefunden haben wir es in
Max Kegel’s Sozialdemokratisches Liederbuch aus dem Jahr 1897.
Quelle:
Max Kegel’s Sozialdemokratisches Liederbuch,
Stuttgart 1897, S. 57ff.