Das Kanapeelied (2)
NB. Nach Niederschrift meiner Notizen sandte mir
Herr Dr. Max Friedländer seine Specialstudie über das
Kanapeelied. (Sonderabdr. aus der Vierteljahresschrift f. Musikw. 1894
Heft 2.) Darin ist manches Interessante zu lesen. Für Text und
Musik bringt er aber keine ältern Belege, als die, welche ich
schon aus Erks Nachlaß kannte, den auch Friedländer benutzt
hat.
In Singspielhallen zu Berlin entstand zur
Tingeltangel-Zeit 1873 ein modernes Kanapeelied, ein elendes Machwerk
nach einer neuen Melodie. Ich habe davon in Dresden 1875 und
später (1878) in der Umgegend von Frankfurt a. M. folgende
Strophen aufgezeichnet, die ich im Freien vom Sonntagspublikum singen
hörte:
1. Will mich einmal ein guter Freund besuchen,
So soll er mir willkommen sein;
Ich setz’ ihm vor den allerbesten Kuchen
Und auch ein Glas Champagnerwein,
Dann setzen wir uns hin wohl auf das Kanapee
Und rufen: „Dreimal hoch das
Kanapee!“
Schlußstr.:
Und auf dem Kanapee da will ich sterben,
Da will ich auch begraben sein;
Das Kanapee bekommen meine Erben,
Doch muß ich erst gestorben sein.
Die Seele schwinget sich wohl in die
Höh’, juchhe!
Der Leib allein bleibt auf dem Kanapee.
1 Das
Orig. hat Canape, die alten Drucke fast ebenso.
Quellen:
F. M. Böhme, Volkstümliche Lieder der
Deutschen im 18. und 19. Jahrhundert, Leipzig 1895, Nr. 710, S. 532ff.