Rheinweinlied
1. Bekränzt mit Laub den lieben, vollen
Becher
:,: und trinkt ihn fröhlich leer! :,:
In ganz Europia, ihr Herren Zecher,
:,: ist solch ein Wein nicht mehr! :,:
2. Er kommt nicht her aus Ungarn noch aus Polen,
:,: Noch wo man franzmänn’sch spricht, :
,:
Da mag Sankt Veit, der Ritter, Wein sich holen:
:,: Wir holen ihn da nicht! :,:
3. Ihn bringt das Vaterland aus seiner Fülle;
:,: Wie wär’ er sonst so gut! :,:
Wie wär er sonst so edel, wäre stille
:,: Und doch voll Kraft und Muth! :,:
4. Er wächst nicht überall im deutschen
Reiche,
:,: Und viele Berge, hört, :,:
Sind wie die weiland Kreter, faule Bäuche
:,: Und nicht der Stelle werth. :,:
5. Thüringens Berge zum Exempel bringen
:,: Gewächs, sieht aus wie Wein, :,:
Ist’s aber nicht, – man kann dabei
nicht singen,
:,: Dabei nicht fröhlich sein. :,:
6. Im Erzgebirge dürft ihr auch nicht suchen,
:,: Wenn Wein ihr finden wollt, :,:
Das bringt zur Silbererz und Kobaltkuchen
:,: Und etwas Lausegold. :,:
7. Der Blocksberg ist der lange Herr Philister,
:,: Er macht nur Wind, wie der: :,:
Drum tanzen auch der Kuckuck und sein Küster
(*)
:,: Auf ihm die Kreuz und Quer. :,:
8. Am Rhein, am Rhein, da wachsen unsre Reben:
:,: Gesegnet sei der Rhein! :,:
Da wachsen sie am Ufer hin und geben
:,: Uns diesen Labewein. :,:
9. So trinkt ihn denn und laßt uns alleweg
:,: Uns freun und fröhlich sein!
Und wüten wir, wo Jemand traurig läge,
:,: Wir gäben ihmden Wein. :,:
Geschichte / Kommentar:
Das Lied schrieb 1775 Matthias Claudius.
Böhme ergänzt: „Zuerst im Voss. Musenalmanach 1776 S.
147, unterzeichnet ‘Claudius’. Die beliebte, noch jetzt zu
Tafelliedern benutzte“.
Die Melodie schrieb Johann André. Sie ist
zuerst in: „Musikal. Blumenstrauß“. Offenbach am
Mayn, bey Joh. André, für das Jahr 1776 von Joh.
André. FOl. S. 2. Neuausgabe 1790. Originalausgabe in Cdur.
Böhme zufolge wird die Melodie
„zuweilen auch mit dem Anfange der 8. Strophe angeführt:
‘Am Rhein, am Rhein da wachsen’ etc.“
Zur Zeile 7:3 (Kuckuck und Küster) schrieb
Böhme:
(*) Damit ist auf die Volkssage vom Hexentanz auf
dem Brocken in der Walpurgisnacht angespielt: „Kuckuck und sein
Küster“ bedeutet der Teufel und seine Untergebenen.
Schwerlich ist an die Thiersage zu denken, nach welcher der Wiedehopf
des Kuckucks Küster war.
Quelle:
F. M. Böhme, Volkstümliche Lieder der
Deutschen im 18. und 19. Jh., Nr. 329, S. 251f.
Liederbuch für Handwerker-Vereine, Potsdam
1859. Zweite vollständig umgearbeitete und sehr vermehrte Auflage,
Verlag der Horvath’schen Buchhandlung (Eduard Döring)