Sozialistenmarsch
1. Auf, Sozialisten, schließt die Reihen!
Die Trommel ruft, die Banner wehn.
Es gilt die Arbeit zu befreien
es gilt der Freiheit Auferstehn!
Der Erde Glück, der Sonne Pracht
des Geistes Licht, des Wissens Macht
dem ganzen Volke sei´s gegeben!
Das ist das Ziel, das wir erstreben.
Das ist der Arbeit heil´ger Krieg!
Mit uns das Volk, mit uns der Sieg.
2. Ihr ungezählten Millionen
in Schacht und Feld, in Stadt und Land,
die ihr um kargen Lohn müßt fronen
und schaffen treu mit fleißger Hand:
Noch seufzt ihr in des Elends Bann!
Vernehmt den Weckruf! Schließt Euch an!
Aus Qual und Leid euch zu erheben
Das ist das Ziel, das wir erstreben.
Das ist der Arbeit heil´ger Krieg!
Mit uns das Volk, mit uns der Sieg.
3. Nicht mit dem Rüstzeug der Barbaren,
mit Flint´ und Speer nicht kämpfen wir.
es führt zum Sieg der Freiheit Scharen
des Geistes Schwert, des Rechts Panier.
Das Friede waltet, Wohlstand blüht,
daß Freud´ und Hoffnung hell
durchglüht
der Arbeit Heim, der Arbeit Leben
Das ist das Ziel, das wir erstreben.
Das ist der Arbeit heil´ger Krieg!
Mit uns das Volk, mit uns der Sieg.
1894 heißt es in der 2. Str. 2. Zeile:
„in Wald und Feld“
Geschichte / Kommentar:
Das Lied entstand kurz nach dem Fall des
Sozialistengesetztes 1891 anlässlich des Erfurter Parteitages der
deutschen Sozialdemokratie im Oktober 1891. Die Melodie schrieb Carl Gramm ursprünglich, wie
seinerzeit üblich, für vierstimmigen Männerchor. Nach
1918 ist das Lied in Albrechts verschiedenen Ausgaben seines
„Jugendliederbuches“ immer dabei. In den uns vorliegenden
Ausgaben der Reichsbannerliederbücher ist es nicht zu finden,
lediglich in dem Liederbuch „Verfassungslieder“ (ca.
1929/30)
Überraschender Weise wurde Kegels
Sozialistenmarsch in seinem eigenen Liederbuch aus dem Jahr 1897 ohne
den Refrain „Das ist der Arbeit heil´ger Krieg! Mit uns das
Volk, mit uns der Sieg übernommen. Ob da das Scheitern des
Hamburger Hafenarbeiterstreiks ((Februar 1897) oder der Versuch ein
neues Sozialistengesetz zu verabschieden eine Rolle spielt ist nicht
bekannt.
Von Kommunistischer Seite wurde das Lied nur von
der KAPD 1920 (Nr. 2) und 1921 (Nr. 8) in zwei Liederbücher
übernommen. Es gab allerdings eine entscheidende Änderung, so
hieß das Lied dort: „Auf, Kommunisten, schließt die
Reihen!“).
Friedrich Knilli (* 1930), Geburtsname
"Friedrich Venier", ab 1940 "F. Knilli"), bekam
für das Drehbuch zu „Auf, Sozialisten, schließt die
Reihen! Deutsches Arbeitertheater 1867-1918" (Dokument
Fernsehspiel, NDR 1970) 1971 den Adolf-Grimme-Preis.
Dithmar gibt den falschen Hinweis auf eine Nutzung
der NSdAP. Er bringt beispielhaft eine nationalsozialistische Variante
der Internationale („Die Hitlernationale“). Aber es hat
tatsächlich auch eine Variante „Auf Sozialisten“
gegeben. In Hans Bajer, Was der Deutsche singt. Deutsche Kampf- und
Freiheitslieder und andere. Berlin 1932, S. 5. heißt es:
1. Nun Hitlerleute schließt die Reihen, zum
letzten Kampf sind wir bereit, mit Blut woll'n wir das Banner weihen,
zum Zeichen einer neuen Zeit. Volksgenossen, unser ist die Stunde, das
Banner weht bereits. Auf weißem Feld auf rotem Grund mit unserem
schwarzen Hakenkreuz.
Und in dem SA-Liederbuch (Herausgegeben im Auftrag
der Obersten SA.-Führung (Vorwort Ernst Röhm), München
1933, S. 23f.) heißt es u.a. „Auf, Kameraden,
schließt die Reihen“.
Quellen:
19. Jh.
Arbeiter-Liederbuch. 21. Auflage. New-York 1894,
[Nr. 50], S. 58
Max Kegel's Sozialdemokr. Ldb, (8. Aufl.),
Stuttgart, 1897, S. 10 und 119 (Noten)
Beißwanger, Freie Klänge,
Nürnberg, ca. 1900, Nr. 35
Der freie Turner, 1905, Nr. 82, S. 61
SPD 1918 bis 1933
August Albrecht, Jugend-Liederbuch, Berlin, 1919,
Nr. 6
August Albrecht, Jugend-Liederbuch, Berlin, 1924,
Nr. 8
August Albrecht, Jugend-Liederbuch, Berlin, 1925,
Nr. 8
August Albrecht, Jugend-Liederbuch, Berlin, 1929,
Nr. 3
August Albrecht, Jugend-Liederbuch, Berlin, 1930,
Nr. 3
alle Hrsg. Verband der Arbeiterjugend-Verein
Deutschlands
Verfassungs-Lieder. Liederbuch Schwarz-Rot-Gold,
Verlag: Paul Schmidt, Berlin N 54, Zeh-denicker Str. 5, Tel. Norden
9394, Nr. 20
Die Falken singen. Eine Auswahl unserer Lieder,
Herausgegeben von der Reichsarbeitsgemeinschaft der Kinderfreunde
Deutschlands, Berlin SW 68, Lindenstraße 3, S. 3.
Hermann Böse, Das Volkslied für Heim und
Wanderung, Berlin 1927 / 3. Verbesserte Auflage / 75.-84. Tausend,
Arbeiterjugend-Verlag, Berlin SW 61, S. 210 (Böse Mitglied der KPD
wurde sonderbarerweise im Verzeichnis der SPD-Literatur als zur SPD
gehörig aufgelistet.