Im grünen August
1. Als wir jüngst verschütt
gegangen waren,
sind wir in dem grünen August
rumgefahren.
Maurerleute, Zimmerleute und ein Vagabund,
sie alle mußten fahren im grünen
August rund.
2. Und ein Mädchen von 18, 19 Jahren
mußte mit im grünen August
fahren,
weil se sich hat rumgetrieben wie ein
Fleischerhund,
darum mußt se fahren in dem
grünen August rund.
3. Und ein Kunde kam lustig angeschritten,
hinter ihm kam der Teckel geritten.
Als er um die Ecke kam, da hat er ihn
geschnappt:
rin in den August, die Türe zugeklappt.
4. Und ein Hausierer ohne Papiere
handelt und schachert von Türe zu
Türe:
„‘kaufens Töpfe, Pfannen,
Besen, alles billge Sachen!“
läuft um die Ecke dem Teckel in den
Rachen.
5. „Ach, Herr Schutzmann, ich hab doch
nichts verbrochen,
habe nich gestohlen und hab auch nich
gefochten.
Habe nur ein wenig nach de Arbeet
ausgeschaut,
die Ritz, die Ratz, die Mausefall, die habe
ich verkauft.“
6. „Halt das Maul, und laß das
Räsonieren,
rin in den August, da wird dir schon nich
frieren!
Zugeklappt und losgefahren - ist doch
wirklich doll,
jeden Tag von Tippelbrüdern ist der
August voll!“
WB:
verschütt gehen = verhaftet werden
grüner August = Polizeiwagen in Hamburg
Kunde = Handwerksbursch, Vagabund usw.
Teckel = Polizist; Gendarm
Geschichte / Kommentar:
Nachdem Ostwald lediglich den Text der ersten
beiden Strophen des Liedes dokumentierte, erweiterte Fritz Ulrich das
Lied auf sechs Strophen. Reinhardt endlich ergänzte 1926 die Noten
und dokumentierte ebenfalls sechs Strophen mit geringfügigen eher
regionalen Änderungen. Der erste Teil der Melodie stammt von dem
bayerischen Volkslied „Als wir jüngst in Regensburg waren“, das in der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts in fast allen Kommersbücher zu
finden war.
Leo Schidrowitz dokumentiert die beiden folgenden
Strophe:
1. Als wir in Hamburg verschütt
gegangen waren,
sind wir im grünen August gefahren.
Konstabler, Kesselklopper und ich als Vagabund,
fuhren im grünen August rund.
2. Und auch ein Mädchen von kaum 18
Jahren
Ist mit uns im grünen August gefahren,
Weil sie ihre Brüste aus dem Fenster
hängen ließ,
Da kam die Polizei, die ihr das verwies.
Bei der Übernahme dieser beiden Strophen
heißt es bei Ostwal (Bd. 2, S. 81) „Titten“ statt
Brüste. Ergänzend schreibt Ostwald: „Mitgeteilt von
einem Landstreicher „.
Dem Folkrevival vorgreifend sang Anfang der
sechziger Jahre Peter Roland zusammen mit Schobert Schulz das Lied und
vermerkte, daß es „überall unter Kunden bekannt“
sei. Von der Schallplatte des zu früh gestorbenen Sängers
übernahmen es 1976 die Gruppe „Zupfgeigenhansel“.
Quellen:
Hans Ostwald, Lieder aus dem Rinnstein Bd. 2,
Leipzig und Berlin 1904, S. 81 (3.4.72), Mitgeteilt von einem
Landstreicher
Hans Reinhardt, Der Tippelbruder, Bad Rothenfelde
(Teut. Wald) 1926 Nr. 16, S. 25f.
Tonträger
Peter Roland, Landstreicherballaden, Thorofon LTHK
154 (LC 4775),
Zupfgeigenhanel, Volkslieder 1. Verlag
„Pläne“, Serie Folk 9, Dortmund 1976 (IC 0972)