Der Erste Weltkrieg (6)
1919 - 33 Militaristische und
andere Nachwirkungen
Die Revolution brachte der
Weimarer Republik die Fortsetzung des Krieges in
den Alltag hinein. Bereits 1916 hatte Spartakus versucht,
einen Soldatenbund für den Bürgerkrieg zu
gründen, im Dezember 1918 hatte sich der
rechtsnationale „Stahlhelm“
gegründet, es entstanden Bürger- bzw.
Heimatwehren und alle Parteien legten sich
sogenannte „Ordnerdienste“ oder
„Saalschutzformationen“ zu.
Da der Versailler Vertrag die
Stärke des Heeres auf 100.000 Mann begrenzte
und die entscheidende Kraft in der Anfangspghase
der Weimarer Republik, die Sozialdemokraten, nicht
intensiv versucht hatten, ein demokratisches Heer
aufzubauen, gab es an nicht wenigen Stellen und zu
unterschiedlichen Zeiten ein Machtvakuum, in das
antidemokratische Kräfte von links und rechts
versuchten hineinzustoßen - mal mehr, mal
weniger erfolgreich. An den umstrittenen Grenzen zu
Polen beispielsweise kämpften „schwarze
Reichswehrtruppen“ gegen polnische
Freischärler. Da die KPD den
„Bürgerkrieg“
propagierte, um ihre Revolution doch noch
durchführen und damit ein Sowjetdeutschland
errichten zu können, wandte sich die Sozialdemokraten hilflos
an rechte, bzw. schwarze ehemalige
Reichswehrverbände, die für einige
Sozialdemokraten das „kleinere
Übel“ zu sein schienen.
Nachdem die putschistische
Phase, die von vielen kleinen
paramilitärischen Gruppierungen geprägt
war, vorbei schien, begannen sich etwa ab 1924
große, zentrale Formationen durchzusetzen.
Für die Republik war davon hauptsächlich
das sozialdemokratisch geprägte „Reichsbanner Schwarz Rot Gold“.
Was heute vielfach noch immer unbekannt ist, war
die Tatsache, dass alle diese
paramilitärischen Verbände unter einer
enormen Fluktuation litten. Das bedeutete, das
zwischen 30% und 80% der Mitglieder wechselten. Und
das ging quer durch alle politischen Richtungen.
Bei der Gründung des kommunistischen „Roten Frontkämpferbundes“
(RFB) beispielsweise wollten ganze Kapellen des
Stahlhelm eintreten, während nach dem
Verbot des RFB ganze Gruppen in die SA
übertraten (so geschehen z. B. in Altona).
Für den Gesang bedeutete
das, dass anfänglich die gemeinsame Basis
aller dieser Gruppierungen das Soldatenlied war.
Auf Seiten der konservativen Rechten konnte man die
meisten der Lieder problemlos übernehmen und
mit den bekannten Texten weiter singen. Auf Seiten
der Linken versuchten die Sozialdemokraten die
Tradition des Arbeiterliedes fortzusetzen und
einige wenige neue Lieder einzufügen (z.B.
„Wann wir schreiten Seit’ an
Seit’“). Die KPD,
insbesondere der RFB und die kommunistische
Jugend (KJVD), versuchten sich bei der
Suche nach Tradition von der SPD
abzugrenzen und neue Lieder ins Repertoire
aufzunehmen. Dazu gehörten anfänglich
Soldatenlieder, die man lediglich durch
geringfügige Änderungen (z. B. andere
Namen) versuchte zu revolutionären
Gesängen umzugestalten. Beispielhaft folgt das
Büxensteinlied als Parodie des
Argonnerwald-Liedes. Zu den unseligen Liedern
gehört natürlich „Auf, auf zum Kampf“, das
noch heute sich revolutionär vorkommende
Studenten zu singen pflegen, in Unkenntnis dessen,
dass dieses Lied 1870/71 auf diverse Kaiser und
Könige gesungen wurde.
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Diverse Materialien aus dem
Deutschen Volksliedarchiv, Freiburg
Abkürzungen:
EB = Erk/Böhme, Deutscher
Liederhort, Leipzig 1898/1925.
Der Aufsatz wurde in Teilen
dem Liederbuch von Werner Hinze,
„Dörrgemüse, trocken Brot,
Marmelade, Heldentod“ entnommen (alle Rechte
dort). Das Liederbuch ist über den e. V. Musik
von unten zu beziehen (kontakt@tonsplitter.de)