Der Erste Weltkrieg (5)

Die „Heimatfront“ - Von der Nahrungsmittelknappheit zur Hungerkatastrophe 

An der sogenannten Heimatfront war von der neuen Härte des Krieges, der sich ja vorwiegend im Ausland abspielte nicht viel zu spüren – abgesehen von Schicksalsschlägen wie der Tod eines geliebten Angehörigen, Verwandten oder Freundes. Doch auch dort hat der Krieg seine drastischen Spuren hinterlassen.

Bereits am 13. August 1914 gründete das Preußische Kriegsministerium (KRA) durch Walther Rathenau eine spezielle „Kriegsrohstoffabteilung“. In der Woche vom 18. bis 24. Januar 1915 fand eine erste „Reichswoche“ statt, in der zur Sammlung von warmer Unterkleidung für die deutschen Truppen aufgerufen wurde und am 25. Januar riet der Deutsche Bundesrat zu sparsamem Nahrungsmittelverbrauch.

Da diese Maßnahmen aber nicht ausreichten, beschloss der Bundesrat am 13. Februar die Beschlagnahme der Hafervorräte und am 25. Februar die Einschränkung des zu jener Zeit noch recht geringen Autoverkehrs, um Rohstoffe zu sparen. Am 23. Juli sollte eine „Verordnung gegen Preiswucher bei Lebensmitteln“ den Markt für die Bevölkerung beruhigen (Im Vergleich zum Vorjahr hatten sich die Preise aber bereits verdoppelt). Die Hilflosigkeit der Regierung offenbart sich aber im November, als der Bundesrat am 4. des Monats Höchstpreise sowie ein Verkaufsverbot von Milch und Fleisch an Dienstagen und Freitagen beschließt, um Wucher und Überteuerung einen Riegel vorzuschieben. Sechs Tage später werden Höchstpreise für Gemüse, Obst und Honig eingeführt und in Berlin werden am 15. November erstmals
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Bezugskarten für Milch ausgegeben. Am 12. März 1915 folgen Butterkarten (Erwachsene erhalten 125 g pro Woche, Kinder bis zu 14 Jahren 62,5 g.)

Der neue Kriegskredit von 10 Milliarden Reichsmark, den der Reichstag am 20. August 1915 verabschiedet, macht jedem deutlich, dass der Krieg für die Bevölkerung nicht nur immer teurer wird, sondern sich zunehmend einzurichten beginnt. Am 1. September wird der „Deutsche Künstlerhilfsbund“ zur Unterstützung heimkehrender Künstler gegründet.

1916 setzten sich die Maßnahmen fort. Am 22. Mai wird ein Kriegsernährungsamt zur Sicherstellung der Lebensmittelversorgung gegründet. Am 30. des Monats wird in Preußen die Einkommenssteuer erhöht und am 1. Juli im ganzen Reich die Tabaksteuer (Zigaretten verteuern sich um 100 Prozent). Am 1. August folgen die Post- und Telegraphengebühren, die um bis zu 50 Prozent angehoben werden.

Am 10. Juli war in Berlin bereits eine Großküche eingerichtet worden, die täglich 30.000 Menschen mit warmem Essen versorgen konnte. Am 2. Oktober wird die Reichsfleischkarte (250 g pro Woche) im ganzen Reich eingeführt und nur 12 Tage später tritt eine neue Verordnung für die Kartoffelversorgung tritt in Kraft (750 g pro Tag). Weitere 12 Tage später, am 26. des Monats, legt angesichts der Engpässe in der Kartoffelversorgung das Kriegsernährungsamt Erzeuger-Höchstpreise für Rüben und Möhren fest. Am 4. Dezember werden alle im Deutschen Reich vorhandenen Kohlrüben zur „Sicherung der Volksernährung“ beschlagnahmt („Kohlrübenwinter“). Die anhaltende Hungersnot lässt die Regierung am 17. Februar 1917 in Berlin ein Ministerium für Lebensmittelversorgung bilden. Die schlechte Ernährungslage zwingt die Kriegsernährungsstelle am 3. März in Dosen konserviertes Gemüse frei zu geben (1 kg pro Lebensmittelkarte). Doch am 1. April folgen weitere Kürzungen. So werden die Brotrationen auf 170 g pro Person und Tag und die Kartoffelrationen auf 2.500 g pro Woche gekürzt.

Am 20. Februar 1917 werden Fünf-Pfennig-Münzen aus Kupfer für Kriegszwecke eingezogen und durch solche aus Aluminium ersetzt. Am 24. Februar 1917 werden wegen des Kohle- und Holzmangels in Berlin sämtliche Schulen geschlossen. Erste Fälle von Pocken und Hungertyphus werden verzeichnet. Um die Moral an der Front nicht gänzlich zu zerstören, erscheinen am 2. März in der deutschen Presse Aufrufe, keine sogenannten Jammerbriefe an die Front zu senden. Am 16. Mai 1918 kürzt das Kriegsernährungsamt in Berlin die tägliche Brotration auf 150 g pro Person und Tag.


1917/18 Das vierte Kriegsjahr oder„Wir haben jetzt die Schnauze voll!“

Während die russische Revolution ab Februar 1917 Entlastung im Osten brachte, kam mit dem Kriegseintritt der USA im April 1917 aufgrund der deutschen Erklärung des uneingeschränkten U-Boot-Krieges die entscheidende Kriegswende. Damit waren alle Bemühungen der Reichsleitung, durch die Vermittlung des amerikanischen Präsidenten Wilson zu Friedensverhandlungen zu kommen, dahin. Ludendorff hatte zwar die durch Falkenhayn verursachte verfahrene militärische Lage verbessern können, doch der Verschiebung des Kräfteverhältnisses zugunsten der Alliierten konnten die deutschen Truppen nichts gravierendes entgegensetzen. Ludendorffs strategischer Rückzug auf die Siegfriedstellung im März 1917 brachte zwar kurzfristige Vorteile, konnte die Niederlage aber nicht verhindern.

Die Kriegsverbrechen der „verbrannten Erde“ bei dem Rückzug charakterisierten die Situation Deutschlands an der Front und die durch den Wechsel in der OHL beförderte Ausschaltung der zivilen Reichsregierung und den Sturz des Kanzlers Bethmann-Hollweg im Reich. Deutschland war quasi zur Militärdiktatur geworden. Die Kriegsmüdigkeit in der Heimat wurde ebenso wenig wahrgenommen wie die Desillusionierung der Mannschaften an der Front und die allgemeine Friedenssehnsucht.

An der Westfront unternahmen die Alliierten 1917 mehrere Großoffensiven. Ein Durchbruchsversuch der Engländer scheiterte in der Schlacht bei Arras (2. April bis 20. Mai) und einer bei ihren Offensiven im Artois (28. April bis 20. Mai) sowie in Flandern (27. Mai bis 3. Dezember). Ebenso erging es den Franzosen in der Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne (6. April bis 27. Mai). Es kam zu Meutereien in der französischen Armee. Nivelles wurde durch Pétain abgelöst.

Der erste Einsatz von Tanks durch die Engländer in der Schlacht von Cambrai (20. November 1917) wirkte sich auf die deutschen Truppen demoralisierend aus, sie hatten dem nichts entgegenzusetzen. Ludendorffs flexiblere Angriffsweise half da nur wenig. Drei Großoffensiven im März/April 1918 südlich von Ypern, zwischen Arras und Reims, blieben wieder einmal stecken. Eine letzte Hoffnung der Soldaten auf ein baldiges Kriegsende schien dahin, Durchhalteparolen wurden zunehmend wirkungslos. Die Truppe war desillusioniert und kriegsmüde und es kam zu vereinzelter Befehlsverweigerung.

Am 18. Juli begann die alliierte Gegenoffensive, erstmals unter einem gemeinsamen Oberbefehl unter General Ferdinand Foch. Das Eintreffen der Amerikaner brachte den Alliierten ein deutliches Übergewicht,  die Schlacht bei Amiens vom 8. bis 11. August mit 450 Tanks einen tiefen Durchbruch. Ludendorff sprach vom „schwarzen Tag des deutschen Heeres“. Die deutsche Widerstandskraft war gebrochen.


1918/19 Revolution oder „Wir wollen nach Hause!“

Spätestens Ende September 1918 war klar, dass der Krieg für das Deutsche Reich nicht zu gewinnen war. Da die Entente nur mit einer demokratisch legitimierten Regierung verhandeln wollte, blieb der Generalität nichts weiter übrig, als dem nachzugeben. Trotzige Versuche, sich den Bedingungen der Alliierten zu entziehen, führten u.a. am 20. Oktober zu einem Befehl an die deutsche Hochseeflotte eine erneute Großoffensive zu starten. Doch, das Maß war voll und nur sechs Tage später meuterten die Matrosen in Wilhelmshaven und kurz darauf in Kiel. Überall in Deutschland bildeten sich Arbeiter- und Soldatenräte, die eigentlich nur Soldatenräte waren. Am 7. November kam es zur Revolution in München. Am 10. November wird Wilhelm II fahnenflüchtig und setzt sich nach Holland ab.



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